Zum Volljährigkeitstag - Der Prophet Jakob Lorber

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Zum Volljährigkeitstag


So schreibe an M., die Tochter des A., die da ist die Älteste und nach eurer Rechnung die sogenannte „Majorennität“*  erreicht hat, welche Rechnung freilich ganz unrichtig ist. Denn ein Mädchen ist, sobald es reif und mannbar geworden ist, „majorenn“ dem Leib nach. Dem Geist nach aber ist nur der majorenn, der da im selben die volle Wiedergeburt erlangte. Wer diese nicht erlangt, der wird wohl für ewig sehr stark „minorenn“ verbleiben.
So ist auch unsere Tochter dem Leib nach schon etliche Jahre hindurch sehr stark majorenn, aber dem Geist nach noch ebenso stark minorenn.
Da wäre ihr zu diesem ihrem 25. Geburtstag  ihres Leibes** wohl vor allem hauptsächlich zu wünschen, dass sie sich sehr befleißen möchte in der wahren, lebendigen Lebensschule es bald dahin zu bringen, um die Majorennität des Geistes zu erlangen. Denn diese hängt von dem freiwilligen Herzensfleiß ab und kommt nicht, wie die des Leibes, mit den natürlichen Erdjahren, sondern, wie gesagt, nur einzig und allein mit dem beharrlichsten Herzensfleiß.
Fleiß aber fordert vor allem einen festen Glauben an Mein Wort. Das ist das A-B-C des Lebensbuches.
Nach dem rechten Glauben fest und unverdrossen handeln, das ist das Buchstabieren und Syllabieren.
Aus dem Handeln zur Liebe zu gelangen und in ihr liebtätig zu leben, das ist das Lesen aus dem Lebensbuch.
Durch dieses Lesen kommt man zum Licht des Geistes und zur Gnade Gottes. Gott aber macht den Geist frei, auf dass er eins werden kann mit dem Heiligen Geist in der Gnade Gottes.
In dieser Einung kommt dann die Weisheit, in ihr die wahre Gottesliebe und mit ihr das wahre ewige Leben. Und dieses ist die wahre „Majorenität des Geistes“, nach der eben unsere Tochter M. mit allem Fleiß streben soll.
Aber es geht die Sache bei ihr etwas hart vorwärts, da sie etwas harthörig ist, im Glaubenstempel ihres Herzens noch bei weitem stärker als in ihren Leibesohren. Es hat sich ihr Gehör wohl gebessert, auch ihr Herz ist etwas gläubiger geworden, und es geht bei ihr wohl etwas vorwärts. Aber freilich beinahe so wie das Korallenwachstum.
Darum sammle sie sich emsiglich im Herzen und wachse mit dem Tag. Dann wird sie auch bald den wahren Tag des Lebens erreicht haben.
Sie möchte auch wohl schon gern Weib, Frau und Mutter sein. Das soll sie auch werden und wird es, wenn sie klug ist. Aber ihr Geist ist mehr wert für sie als ein Mann. Daher soll sie an den Geist des Tages öfter denken als an einen Mann, so wird ihr letzterer auch nicht entgehen. Denn was ein gläubiges Herz wünscht und will, das wird ihm nimmer entgehen.
Ein weises und wohlverständiges Herz aber suche vor allem das Reich Gottes und dessen Gerechtigkeit in sich selbst, so wird ihm alles andere zu einer freien Zugabe werden.
Diese kurze, aber überaus wichtige Lebenslehre suche du, M., in deinem Herzen recht fest anzufachen, so wird dein Herz darin bald alles finden, danach es redlich Hunger hat und Durst.
Damit sei dir gegeben Mein Segen, Meine Erbarmung, Meine Liebe und alle Gnade aus ihr für ewig! Amen. – Das sage und wünsche Ich, dein heiliger Vater Jesus, dir, der Ich dein Herz und deinen Geist wohl kenne für ewig. Amen.


Jakob Lorber am 28. März 1847, Himmelsgaben, Bd.2, S.315.



*Volljährigkeit.
**Bis zum Jahr 1919 trat in Österreich die Volljährigkeit erst mit dem vollendeten 24. Lebensjahr ein.


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