Jakob Lorber Vom klugen und unklugen Bauherrn - Der Prophet Jakob Lorber

Direkt zum Seiteninhalt

Vom unklugen und klugen Bauherrn
(Mt 7,24-27)


Die Texte aus der Schrift werden euch nicht unbekannt sein, wo da zwei Menschen angeführt sind, von denen der eine sein Haus im Tal auf dem Sandgrund gebaut hatte, den wir den Unklugen nennen wollen; der andere aber suchte sich einen festen Felsen auf, und wir wollen ihm den Namen der Kluge geben. Da der Unkluge aber sah, dass sein kluger Nachbar sein Haus auf einen Felsen gebaut hatte, so sagte er zu ihm: Hättest du da im Tal nicht mit weniger Unkosten gebaut als auf dem Felsen da oben, dahin du dir erst mühsam einen Weg bahnen und mit mancher Beschwerde das Baumaterial hinaufschaffen musstest? Sieh, wie prächtig mein Haus da im Tal steht und wie leicht der Zu- und Abweg ist! Dein Haus hingegen steht auf dem Felsen gleich einem Adlernest, und du hast einen beschwerlichen Zu- und Abweg. Der Kluge aber sagte: Warte du nur ein wenig; wer weiß, ob du nicht bald mich darum loben wirst, dass ich mein Haus auf einen festen Felsen erbaut habe? Und seht, in nicht gar zu langer Zeit darauf erhoben sich heftige Winde, gingen in einen furchtbaren Orkan über, und es kam dazu ein mächtiger Wolkenbruch, zerstörte das schöne Haus im Tal, auf das sich der Unkluge so viel eingebildet hatte, und damit er sein Leben rettete, seine Zuflucht bei seinem Nachbar auf dem Felsen suchen musste. Nun sah er wohl ein, dass sein kluger Nachbar wohlgetan hatte, sein Haus auf den Felsen zu bauen, und der vormals Unkluge entschloss sich denn auch, nimmer ein Haus in einem sandigen Tal zu bauen.
Und nun frage Ich, was dieses Bild im Grund des Grundes wohl zu bedeuten hat? Denn an dem, wie es die Priesterschaft aller euch bekannten Sekten bis auf einige wenige, die in der Lehre Swedenborgs und anderer seiner im Geist geweckten Vorgänger stehen, zu ihren Gunsten auslegen – und eine Auslegung der anderen ebenso ähnlich sieht wie eine Faust dem Auge – ist nicht ein wahrer Funke daran.
Wieso denn, werdet ihr fragen. Weil ihn (den Text) eine jede Sekte, sage Ich, nicht der von Mir ausgehenden Wahrheit nach, sondern so wie vieles andere zu ihren Gunsten auslegt. Ich aber sage: Alle Sekten gehören samt ihren Anhängern in den Bereich des Unklugen, der sein Haus auf Sand im Tal gebaut hatte. Und nur allein derjenige, der auf Mich und auf Meine reine Lehre baut und danach tut und handelt, gehört zu dem seltenen Klugen, der sein Haus auf dem Felsen erbaute. Und als da kamen der Zeiten Stürme, so blieb sein Haus fest stehen; aber das Haus und gar viele Häuser, die im Tal auf dem Sand standen, wurden hinweggeschwemmt.
Wie muss aber der Mensch beschaffen sein, der sein Haus auf dem Felsen erbaut? – Der muss durchgehends nicht leicht- und abergläubisch sein, sondern allein die Wahrheit in allem suchen, die allein ihn frei und wohlerleuchtet machen kann.
Ja, wird mancher fragen, wie soll man denn das anstellen? Die Antwort liegt ebenfalls in Meiner Lehre, die Ich Meinen Aposteln gegeben habe, und lautet ganz kurz so: Wer an Mich glaubt, nach Meiner Lehre lebt und handelt, zu dem werde Ich Selbst kommen und Mich ihm geradeso getreuest offenbaren, wie nun euch. Dass darin auch das einzige Kriterium der Wahrheit Meiner Lehre liegt, habt ihr nun selbst mehr als handgreiflich in mehreren noch lebenden Beispielen vor euch, denn Ich sagte darum ja auch zu Meinen Aposteln, als sie selbst nicht so recht im klaren waren, für wen sie Mich eigentlich halten sollten: So ihr an Mich glaubt und nach Meiner Lehre handeln werdet, dann erst werdet ihr auch vollends in euch erkennen, dass die Worte, die Ich zu euch geredet habe, nicht Menschenworte, sondern Gottes Worte sind.
Und wieder sagte Ich zu Meinen Aposteln: Nicht nur ihr, sondern in der Folge ein jeder Mensch, der wahrhaft zu Mir kommen will, muss von Gott aus gelehrt sein, denn den der Vater oder die ewige Liebe in Mir nicht zieht, der kommt nicht zu Mir, oder mit anderen, für euch fasslicheren Worten gesagt: Wen die wahre Liebe zur Wahrheit und zum Licht nicht anzieht, und der in seiner Trägheit und Schläfrigkeit ganz behaglich verharrt und sich in der Welt so viel als möglich allen Vergnügungen und Zerstreuungen in die Arme wirft, wird der wohl irgendeinmal zum Licht der Wahrheit gelangen? Ich sage euch, ebenso wenig als aus einem trägen Studierenden, der seine Studien zuallermeist in Gast- und Kaffeehäusern und auf den Tanzböden und in den Gemächern der feilen Dirnen macht, ein großer Astronom wird; denn um das zu werden, gehört von Jugend auf ein übergroßer Fleiß und eine große Menge von allerlei Selbstverleugnungen. Doch mit der großen Liebe zu solch einer erhabenen und schweren Wissenschaft ist er mit der Zeit dahin gekommen, Dinge zu berechnen, von denen der laie [laienhafte] Weltmensch sich nichts kann träumen lassen. Und da heißt es wieder: Wen der Vater nicht zieht, der kommt nicht zum Sohn, denn der Sohn ist ja das Licht, ausgehend aus der Flamme und dem Feuer der Liebe oder des Vaters. Geht aber hin zu den meisten sogenannten christlichen Sekten und betrachtet besonders ihre Priesterschaft und fragt sie: Welche Liebe hat denn euch zu eurer vorgeblichen Wahrheit, die ihr predigt, gezogen? Und auf ihren Gesichtern und auf ihren Bäuchen werdet ihr's geschrieben finden: die möglichst beste zeitliche Versorgung und überepikureisch  wohlbesetzte Speisetische mit allen best bereiteten Leckerbissen, die auf der lieben Erde irgendwo anzutreffen sind; und je höher sich solche Priesterschaft hinaufschwingen kann, desto epikuräischer wird auch ihre Tugend und damit auch ihre Selbstsucht und Herrschsucht. Solche sein wollenden Nachfolger Meiner Apostel und Jünger befolgen das sicher nicht, was Ich zu Meinen Aposteln und Jüngern gesagt habe, dass sie nämlich nicht für den kommenden Tag sorgen sollen, was sie essen und trinken und womit sie sich bekleiden werden, sondern bloß suchen Mein Reich und seine Gerechtigkeit; alles andere, dessen sie benötigen, wird ihnen hinzugegeben werden. Als Ich Meine Jünger aussandte, sagte Ich zu ihnen: Ihr sollt nicht anhaben und tragen zwei Röcke und in eurer Bekleidung nicht eingenäht haben Säcke, um allerlei euch dargebotene Dinge einzustecken; auch sollt ihr nicht tragen Stöcke, um euch zu verteidigen; denn so ihr Mich habt, so seid ihr ohnehin für dies- und jenseits mit allem versorgt. Wären mit dieser Versorgung etwa in gegenwärtiger Zeit die Priester auch zufrieden, die unter allerlei Gottesstellvertreterschaften ihr Wesen treiben, ums Geld scheinbare gottesverdienstliche Werke verrichten, an die sie nicht einen Funken Glauben haben? Werden sie zufrieden sein mit einem Rock ohne Säcke, die in goldverbrämten Kleidern einhergehen und das Volk durch ihren Glanz zu blenden aufs eifrigste bemüht sind? Ein gegenwärtiger Bischof will ein Nachfolger irgendeines Apostels sein! Geht er ohne Stock einher? O mitnichten! Verkauft einen solchen Stock, und ihr könnt eine arme Familie auf längere Zeit hin versorgen. Ein ganzes Land könnte sich damit auf viele Jahre bestens mit allem versorgen, so es sich den Wert nur einer päpstlichen Tiara  und mehrerer Kardinalshüte aneignen könnte; denn eine solche Tiara, aus reinstem Gold und den größten und kostbarsten Edelsteinen als Diamanten, Rubinen und Smaragden und großen Perlen bestehend, dürfte wohl schier so viele Millionen wert sein, als Ich Apostel zählte, und ein Kardinalshut kostet achzigtausend Dollar! Wäre das nicht ein so ganz respektables Sümmchen für ein armes Land? Aber lassen wir sie bei ihrer sogenannten triumphierenden Kirche; sie haben dennoch ihre Häuser und Tempel nicht auf dem Felsen erbaut, und der große Sturm steht vor der Tür, der ihnen zeigen wird, wie klug sie waren! Wenn der Sturm aber kommen wird, da wird es viel Heulens und Zähneknirschens geben, und da wird es wohl heißen: Wehe allen, die da die Flucht werden ergreifen wollen und suchen sich auf festen Felsen anzusiedeln; denn wer da nicht haben wird wie alle diese, dem wird auch noch genommen werden, was er hatte, und sie werden nicht kommen zum Licht, sondern durch Meinen Sturm hinaus gestoßen werden in die äußerste Finsternis durch Meinen gewaltigen Sturm, und es wird daselbst dann noch mehr Heulens und Zähneknirschens geben oder, mit anderen Worten gesagt, noch mehr der gegenseitigen Verfolgungen und Verwünschungen. Denn die betrogenen Gläubigen werden über ihre Himmelsverschaffer herfallen und sie durchaus um nicht viel besser behandeln, als ein grimmiger Feind seinen Gegenfeind behandelt; denn ein Betrogener lässt sich den Betrug nur so lang gefallen, als er noch so blind ist, den Betrug nicht einzusehen, merkt er einmal diesen, dann wehe dem Betrüger! Und dieses Wehe steht nun knapp vor der Tür! Der Scharfschützen gibt es schon eine große Menge, und sie werden ihr Ziel nicht verfehlen.

Quelle: Himmelsgaben Band 3, Kundgabe v. 17.03.1864, S.323.



Zurück zum Seiteninhalt