Jakob Lorber - Pontius Pilatus - Der Prophet Jakob Lorber

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Pontius Pilatus


„Pontius Pilatus, ein vollkommener Römer, war unter Tiberius Landpfleger vom Judenland und residierte in Jerusalem.
Dieser Römer, ein Feind der überaus hochmütigen jüdischen Priesterschaft, sah daher alle jene Menschen mit einem wennschon geheimen, aber dennoch ganz besonderen Wohlgefallen an, die dieser ihm über die Maßen gehässigen Priestersekte bei Gelegenheiten so recht derb die Wahrheit ins Angesicht zu schleudern verstanden. Und so die Priesterschaft dann deswegen bei ihm ihr Recht suchte, da richtete sie gewöhnlich wenig oder gar nichts aus, sondern musste gewöhnlich unverrichteter Sache mit Schanden abziehen, was auch ein tüchtiges Stück des Grundes war, warum Pilatus und Herodes fast in beständiger feindlicher Spannung miteinander lebten; denn die hohe Priester-schaft stand mit Herodes stets auf bestem Fuß und sparte es daher auch nie, Pilatus bei Herodes zu verdächtigen.
Aus eben dem Grund aber hielt diese hohe Priesterschaft gar oft Rat, wie sie Mich aufgreifen und effektvoll dem römischen Gericht überliefern soll; aber sie konnte nie zu einem triftigen Grund kommen.
Nur als Ich den bekannten Einzug hielt, bald darauf die Krämer aus dem Tempel trieb und den Lazarus erweckte, und als das Volk anfing, Mir Hosianna zu rufen – das war der hohen Priesterschaft zu viel! Da beschloss sie, Mich ernstlich zu greifen und dem Pilatus als einen Staatsrebellen vorzuführen. Wird er Mich richten, dann soll er ungerochen bleiben; richte er Mich aber nicht, so wolle die Priesterschaft ihn beim Kaiser selbst als einen verdächtigen Menschen bezeichnen, bei welchem Geschäft ihr Herodes mit Freuden an die Hand gegangen wäre!
Dem Pilatus blieb dieser Plan zwar nicht geheim, nur wusste er nicht, wie er ihm vorbauen soll; daher beschloss er bei sich, diese Sache näher abzuwarten. Aber während er noch mit sich selbst kalkulierte, was er tun werde, so die hohe Priesterschaft ihm mit dem berüchtigten Jesu im Ernst den Streich spielen sollte, sieh, da kam sie schon mit dem Gefangenen und verlangte unverzügliches Gericht! Pilatus, ganz wie aus den Wolken gefallen, fragte freilich mit einer Donnerstimme: „Was hat dieser Gerechte, an dem ich keine Schuld finde, verbrochen?“ Aber die Priesterschaft und ihr bezahlter Anhang schrie noch zehnmal ärger: „Dieser ist ein Volksverführer, ein Aufwiegler, ein Sabbat-schänder, ein Gotteslästerer und gibt sich für den Sohn des lebendigen Gottes aus! Das alles ist nach unseren Gesetzen, die Rom respektiert, und auch nach des Kaisers Gesetzen des Todes im höchsten Grad wert; daher richte ihn, lass ihn kreuzigen, oder du bist des Kaisers Feind!“
Dieser Ausruf machte Pilatus allerdings stutzen, und er wusste im Ernst nicht, was er da tun soll. Hier, dachte er in der Eile bei sich, ist nichts anderes zu tun, als zu solch zu wenig vorgesehenem bösen Spiel eine gute Miene zu machen und im Namen des unergründlichen Fatums dem zu willfahren, was diese ihm nun über alles verhasste Priesterracé von ihm verlangt!
Aber da ließ ihn sein Weib Tullia Innocentia rufen und vermeldete ihm insge-heim, wie sie gesehen mit klaren Augen, dass dieser Jesus auf den Wolken der Himmel daher schwebte, begleitet von zahllosen Myriaden der wunderselt-samsten Genien: „Alle schrien mit Donnerstimme: ‚Heil unserem großen Gott; Heil dem ewigen allmächtigen Überwinder des Todes und der Hölle! Wehe aber dir, Jerusalem; wehe euch, die ihr da wohnt, euer Los wird sein der ewige Tod, die ewige Vernichtung, darum ihr Jesum nicht erkennt und Ihn richtet und Ihn kreuzigt! Dem allein Gerechten aller Gerechtigkeit sei ewig Ehre, Ruhm und alles Heil!‘ Darauf blickte dieser Jesus nach der Erde herab, und sieh, da erbrannte der ganze Erdkreis, und es war alles ein Feuer, und alles, was da atmet, wurde von diesem Feuer verzehrt! Daher, lieber Pilatus, habe nichts zu schaffen mit diesem Gerechten!“
Diese Erzählung machte den Pilatus, der als Römer große Stücke auf derlei Erscheinungen hielt, gar mächtig stutzen, so dass er bei sich fest beschloss, mit Jesu nichts weiteres mehr vorzunehmen, als Ihn dem Gericht des Herodes anheimzustellen, der in solchen fraglichen Dingen wohl auch ein Ius gladii hatte, laut dessen er auch Johannes durfte enthaupten lassen. Herodes aber roch hier den Braten und wusste gar wohl, dass ihm alles Volk wegen Johannes auf-sässig ist; würde er nun auch Christum töten, so würde ihn das Volk zerreißen. Daher sandte er Jesum, den viele für Christum hielten, fein wieder zu Pilatus zurück.
Pilatus versuchte nun alle Mittel, Jesum frei zu machen; aber es war alles vergebliche Mühe, bis er endlich in höchster Entrüstung sich öffentlich die Hände wusch und sprach: „Ich will keine Schuld haben am Blut dieses Gerechten! Ihr aber habt selbst ein Gesetz; nehmt ihn und richtet ihn!“ Da schrien dann die hohen Priester: „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder! Wir aber dürfen unsere Hände nicht mit Blut besudeln; daher gib uns römische Soldaten!“
Als Pilatus das vernahm, da gedachte er der alten Sitte, laut der er dem jüdischen Volk zu seinem Paschafest einen Verbrecher freigeben musste. Er wandte sich daher noch einmal zu der Menge der Jesus-Feinde und bekannte, wie er an Jesu zufolge so kurzer Untersuchung durchaus keine Schuld finden könne, dass es daher nötig sei, um ein richtiges und vollgerechtes Urteil zu schöpfen, diesen Menschen länger zu verhören und in allen Stücken zu unter-suchen. Zugleich aber sei es ohnehin Sitte, am Fest einen Verbrecher dem Volk freizugeben; nun stelle er ihnen Jesum, dessen Schuld noch nicht erwiesen sei, und Barabbas, den berüchtigten Raubmörder, zur freien Wahl, welchen von beiden sie wollten? Sie alle aber schrien: „Barabbas!“
Das aber war es eben, was eigentlich Pilatus wünschte und wohl wusste, dass diese aufgereizte Priestermenge nicht Jesum freirufen werde; denn nur dadurch glaubte er Ihn frei zu machen, dass, so sie Barabbas frei haben werden, dann an seiner Stelle Jesus ins Gefängnis kommen werde, und so könnte dadurch dann allem mit der Zeit geholfen sein. Denn fürs erste wäre dadurch den Priestern das Maul gestopft, und er könnte fürs zweite dadurch den Priestern beim römischen Hof bedeutende Schanzen legen, die sie schwerlich durchbrechen würden.
Der Gedanke und der Wille des Landpflegers waren gut; aber als der ganze Haufe nach der Freilassung des Barabbas nur um so hartnäckiger auf der Kreuzigung bestand und von der Einkerkerung Jesu nichts hören wollte und Pilatus einen Feigling nannte, da war er im höchsten Grad entrüstet und sprach: „Da – ihr Elenden! – nehmt euren Verbrecher, der gerechter ist, als ihr es seid, und da sind die Schergen! Zieht ab, macht mit Ihm, was ihr wollt; mein Zeugnis über Ihn und über euch wird von mir eigenhändig folgen!“
Mit diesen Worten entfernte er sich und überließ ihnen Jesum, den die hohe Priesterschaft dann durch die Schergen ergreifen ließ und kreuzigen, wie bekannt.
Was Pilatus weiter tat, ist auch bekannt, und dass er den Freunden Jesu will-fahrte, was sie von ihm verlangten. Aber dass Pilatus und sein Weib später heimlich selbst Christen wurden, und dass eben Pilatus durch seine genaue Beschreibung des sehr verdächtigen jüdischen Priestertums sehr viel dazu beitrug, dass in einem Zeitraum von etlichen dreißig Jahren Jerusalem von den Römern gänzlich zerstört wurde und die Juden in alle Welt zerstreut, das dürfte nun wohl nur sehr wenigen auf der Erde bekannt sein.
Das aber sei euch darum bekanntgegeben, auf dass ihr nicht gleich Tausenden und Millionen in einem fort den armen Pilatus verdammt, obschon ihr nun auch das ganz überaus wohl wissen sollt, was da alles hatte geschehen müssen nach Meinem ewigen Ratschluss, wie Ich es auch den zwei nach Emmaus wandelnden Jüngern ganz offen heraus gesagt habe, um ihnen zu zeigen, was Gott wollte, und sie darum ihren unbegrenzten Hass gegen die Priester mäßigen sollten.
Ihr hasst zwar Pilatus nicht, aber er kommt euch dessen ungeachtet dennoch als ein etwas verdammter Kerl vor, der Mich leicht hätte retten können, so er es nur so recht ernstlich gewollt hätte, bedenkt aber dabei nicht, dass Sich Gott durchaus von den armseligsten schwachen Menschen nicht braucht aus irgend-einer Gefahr retten zu lassen!
Oder glaubt ihr es wohl etwa im Ernst, dass Pilatus so etwas hätte zuwege bringen können, Den zu retten, der dem Meer und Winden gebot, und Der der alleinige Retter aller Menschen und Geister ist?
O seht, das und noch so manches ist bei euch wohl noch sehr schwach und noch ziemlich babylonisch! Die Schrift musste ja erfüllt werden, und so war am Kreuz allen, die nicht wussten, was sie taten, vergeben. Wenn das, so lasst in Zukunft den armen Pilatus doch auch ein wenig mehr leben, als es bis jetzt der Fall war amen. Das sage Ich euch, auf dass ihr fürder auch Pilatus nicht richtet amen, amen, amen.“ [Himmelsgaben Bd.3, S.259, Kundgabe vom 28.06.1847]


Die Rache von Cyrenius und Cornelius an Pontius Pilatus

„Als die Essäer auf diesem Weg die volle Bestätigung von dem erhielten [Gefangennahme von Jesus und Seine Überantwortung an die strengen Gerichte, s.V.4], so säumten sie auch keinen Augenblick, diese Kunde dem römischen Oberstatthalter Cyrenius nach Tyrus zu hinterbringen, bei welcher Mission auch unser Jüngling [ein heimlicher Anhänger Jesu, s.V.1-6] beteiligt war. Cyrenius hatte diese ganze Gesandtschaft sehr gut aufgenommen und behielt den Jüngling an seinem Hof, der dem alten Greis vieles von dem zu erzählen wusste, was er selbst von Mir gesehen und gehört hatte. Dieses erfüllte den Cyrenius wie auch später seinen Bruder Cornelius mit einer allerbittersten Rache gegen alle jüdische Priesterschaft, so dass beide einen Schwur machten, alles Mögliche beizutragen, diese Tat an Mir an allen Erzjuden auf das unerbittlichste zu ahnden.
Pilatus, der Landpfleger in Jerusalem, hatte dadurch auch bald das Consilium abeundi von Jerusalem bekommen, durfte nicht einmal mehr völlig nach Rom zurückkehren, sondern er musste seine Heimat in der Nähe des heutigen Neapel und zwar in einer Klause unweit von dem untergegangenen Pompeji aufrichten, wo man noch heutzutage einen in Felsen gehauenen Gang mit der Aufschrift „Behausung des Pontius Pilatus“ aufgefunden hat und in einer ziemlich tiefen in den Felsen eingehauenen Nische, die man vermauert antraf, mehrere Schriften, die auf Mich Bezug hatten und sich gegenwärtig in einer Bibliothek von Neapel befinden, aber kaum brauchbar sind, weil sie in einem halb-verkohlten Zustand angetroffen wurden. Das war sonach die erste Rache des Cyrenius, die er an Pilatus nahm.“ [Himmelsgaben Bd.3, S.365, V.8-11, Kundgabe vom 01.04.1864]


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