Jakob Lorber zu Kain - Der Prophet Jakob Lorber

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Cahin oder Kain,
der erstgeborene Mensch


Wie es zu der Zeugung von Kain kam

Gott, der Herr, „lehrte Adam und Eva „alle Dinge kennen, benennen und gebrauchen. Und als sie alles verstanden, kannten und gebrauchen konnten, da sprach die erbarmende Liebe wieder zu ihnen: ,Nun seht, ihr erlerntet nun alles, ihr kennt nun alles und könnt den Gebrauch machen von allem bis auf Eines, und dieses Letzte will Ich euch jetzt lehren und die Kraft in euch legen zur Fortzeugung und Fortpflanzung euresgleichen; aber ihr dürft davon erst dann Gebrauch machen, wenn Ich wiederkommen werde, euch bekleidet werde finden mit dem Kleid des Gehorsams, der Demut, der Treue und der gerechten Unschuld. Wehe aber euch, so Ich euch nackt finde; Ich werde euch verstoßen, und der Tod wird die Folge sein!" [HGt.01_007,15]

Wie wir wissen, brachen Adam und Eva, verführt von der Schlange, dieses Gebot. Sie zeugten in ihrer selbstsüchtigen, wollüstigen Begierde ihr erstes Kind, Kain. Als ihnen bewusst wurde, welche Schuld sie auf sich geladen hatten, lebten sie in ständiger Furcht vor der Strafe Gottes. (s. HGt.01_008)


Die Geburt von Kain

Die ausgestandene Furcht in Eva beschleunigte die Zeit der Ausreife ihrer ungesegneten Leibesfrucht, und sie gebar unter Schmerzen ihren Sohn. (s. HGt.01_011,03+04)

Danach erschien ihnen ein „großer Engel sanften Angesichts und sprach: Seht, diese Frucht ist für euch keine Sünde mehr; wohl aber ist sie die Folge des dreifachen Ungehorsams gegen Gott und ist der Tod eures Fleisches, den ihr erzeugt habt in eurem Fleisch durch eure Begierde in der Selbstsucht. Ihr dürft diese Frucht nicht wegschleudern von euch, sondern nach dem Willen von oben behaltet sie zum Zeugnis über euch selbst und eurer Demütigung, damit ihr derzeit erfahren mögt, wie durch euch die Sünde und durch die Sünde aber der Tod in die Welt gekommen ist; die Frucht selbst aber sollt ihr ,Cahin`, oder ,Todbringer`, benennen." [HGt.01_011,07+09]


Die Geburt seines Bruders Abel

Die Zeugung von Abel geschah wie es der Herr Adam anbefohlen hatte. Und der Engel sprach zu ihm: „Dies merke dir wohl, du Adam, und bedenke es auch, du Eva! Die Frucht, die hervorgehen wird aus dir, du Eva, diese lebendige Frucht sollst du, Adam, ,Ahbel` nennen und sollst ihn opfern dem Herrn der Herrlichkeit ewig; denn sein Name ist ,Sohn des Segens` und soll sein zum ersten Vorbild Dessen, der einst in der großen Zeit der Zeiten kommen wird von oben aus dem Schoß der Macht und der Kraft der Heiligkeit Gottes vollkommen.“ [HGt.01_011,17+25]


Der Fall  der Familie und die Vertreibung aus dem Paradies

In den darauffolgenden dreißig Jahren lebten Adam und seine Familie wie ihnen von Gott geboten war. Doch dann, einmal an dem Tag, der ihnen zur Ruhe in Gott in ihren Herzen und ehrfurchtsvollsten Betrachtung der unermesslichen Heiligkeit Gottes, des guten Vaters, geboten war, ging er in weltlichen Gedanken versunken voller Müßiggang spazieren, wo ihm die Schlange wiederum begegnete und ihn dazu verführte, von einem ihm bis dahin unbekannten Strauch die Beeren zu kosten und mit nach Hause zu nehmen. Da kam ihm Eva und Kain entgegen und halfen ihm die Beeren nach Hause zu tragen um sie nach seiner Anweisung zu Saft zu pressen. Nachdem Adam als erster davon getrunken hatte, reichte er ihn an Eva und Kain weiter, und nachdem auch sie davon getrunken hatten, nahm der Rest der Familie ihn auch noch ein bis auf Abel, der noch am Altar Jehovas betete. Und alle, die von dem Saft getrunken hatten, wurden berauscht und entbrannten wild in den Begierden des Fleisches und trieben allesamt Unzucht und Hurerei. Dies hatte zur Folge, dass die Familie aus dem Paradies vertrieben wurde. Der sündenfrei gebliebene Abel, der bei Gott Barmherzigkeit für seine Eltern und Geschwister erflehte, wurde ihnen zu einem Retter und Leiter und Führer gegeben. (s. HGt.01_013-014,15)


Kains Fehler und Erkenntnis

Am neuen Bestimmungsort angekommen, fiel Adam mit all den Seinigen zur Erde nieder und sie beweinten mit vielen Reuetränen ihre Schuld bis auf den Cahin.

„Er fiel zwar auch zur Erde nieder wie die anderen, aber sein Auge blieb trocken, und es ärgerte ihn, dass er nicht auch weinen konnte gleich den übrigen, und er stand auf und ging davon. Und als er so vor sich hinging und auf den grünen Boden starrte, sieh, da bemerkte er auf einmal eine Schlange auf dem Boden hinkriechen; da bückte er sich nieder und ergriff dieselbe, zerriss sie in Stücke und verzehrte, von Wut und Grimm ergriffen, ihr Fleisch und machte es zu dem seinigen.
Und sieh, als der Cahin nun dieses getan hatte, da kam ihm der fromme Bruder Ahbel nach und redete ihn im Namen der ewigen Liebe folgendermaßen an: ,O Bruder, warum isst du das Fleisch der Schlange, da doch der Früchte in großer Menge bereitet sind zu stillen deinen Hunger? Sieh, unser Vater Adam trank vom Gewächs das er nicht kannte, wie es die Schlange schlau und listig in aller Meisterschaft ihrer grenzenlosen Bosheit zubereitet hat zu seinem und aller Nachkommen Verderben, und sündigte dadurch vor dem Herrn aller Gerechtigkeit und ihr alle durch ihn; und ich selbst war belastet worden mit der Schwere der Schuld vor Gott und musste büßen gleich euch, die ihr alle getrunken habt vom Saft des Verderbens, und musste verlassen gleich euch das Paradies und musste auf mich nehmen eure Last körperlich und all euren Segen geistig und war belastet doppelt euretwegen. Und sieh, du isst gar das Fleisch der lebendigen Schlange samt ihrem Blut! Cahin, warum tatest du das?‘
Und sieh, da erholte sich Cahin von seinem Ärger, von seiner Wut und von seinem Grimm und sah den Ahbel an und sprach: ,Sieh, was ich tat, das tat ich aus Rache, zu verderben der Schlange ihr Geschlecht und zu verderben mich, da ich nicht würdig ward befunden je des Segens vom Herrn, da ich doch wurde, wie ich bin, ohne meine Schuld, sondern durch die Schuld der Eltern, die vor mir waren, da ich noch nicht war, und da entstand, da sie gesündigt haben vor den Augen Jehovas. Warum muss und soll ich denn büßen meine Schuld, zu deren Entstehung ich nie etwas beitragen konnte, da ich nur die Frucht der Sünde, nicht aber die Ursache derselben bin und musste deswegen des Segens entbehren, der euch allen zuteil ward in der Fülle, und mich mühsam schleppen, da ihr sprangt wie Hirsche, belastet vom unverdienten Fluch Jehovas?! Und nun sieh die Ursache meiner Tat; denn die Schlange im Gras redete mich an und sprach: ,Verzehr mich, und sättige dich an meinem Fleisch und still deinen Durst mit meinem Blut, und du wirst werden ein Herr der Erde, und alle deine Nachkommen werden herrschen auf derselben, und ihre Kraft und Macht wird stärker sein denn die aller der Gesegneten; und ich gebe dir kein Gebot, sondern die Macht, zu herrschen, und die Kraft, dir zu unterjochen alles!‘ Und sieh, so sprach die Schlange weiter: ,Mein Fleisch wird dich vernichten in deiner ungerechten Schuld vor Gott, und mein Blut wird dir geben eine neue Wesenheit ohne Schuld, ausgerüstet mit aller Macht und Kraft!‘ Da verstummte die Schlange, und ich ergriff sie, zerriss sie und verzehrte sie, wie du soeben sahst!‘
Und sieh, da wurde Ahbel ergriffen und schwang mit der rechten Hand das Schwert der Gerechtigkeit über das Haupt Cahins; und dem Cahin wurden die Augen geöffnet, und er sah sein großes Unrecht ein, da er beschuldigt hatte Gott und seine Eltern, und sah die ganze Schuld in sich und sah die unerforschlichen Wege der ewigen Liebe in Ihrer geheimen und unbegrenzten Weisheit und sah, wie er die eigentliche verführende Schlange selbst war, welche durch die unbegrenzte Erbarmung der ewigen Liebe zum Menschen wurde durch ihn, damit sie, freilich durch eine größere Prüfung, in ihrer einstweiligen segenlosen Schwäche sich dieser Schwäche bewusst werde und sich in dieser ihrer bewussten Schwäche dann endlich, selbst bestimmend in aller Freiheit ihres Wesens, zum Herrn aller Macht und Kraft hätte wenden können und sollen, woher ihr dann auch, gleich den schon Gesegneten, der Segen und dadurch die Wiederaufnahme in die große Gnade der allerbarmenden Liebe in allergrößter Fülle der Macht und der Kraft zugekommen wäre. Und er sah, dass diese Schlange, die er soeben verzehrte, er selbst war in seinem noch bösen Teil, und sah, dass er nur durch seinen Ärger dieselbe in ihrer wieder zurückgekehrten Wesenheit auf die Erde hingehaucht habe, und dass die Worte der Schlange seine eigenen waren aus dem noch innersten Fundament seines Urwesens vor aller Schöpfung der sichtbaren Welt der Materie. Und er sah noch, wie er dadurch die Schlange wieder in sich aufnahm, oder wie er sich eigentlich selbst von neuem bestärkt hatte in allem Bösen und dem daraus hervorgehenden Falschen, und sah, wie tief er nun neuerdings gefallen war in den Tod. Da fiel er, von großer Reue ergriffen, zur Erde nieder und weinte und schrie überlaut: ,Großer, übermächtiger, überstarker und überheiliger Gott! Nun erkenne ich erst meine unendliche Schuld und Schwäche vor Dir, Deine Gerechtigkeit, aber auch Deine unbegrenzte Liebe! Sieh, ich bin nicht wert des Daseins; daher vernichte mich vom Grund aus ewig, damit ich fürder nicht mehr sei ewig und meine größte, alleinige Schuld damit ausgelöscht werde für alle einstigen gesegneten Nachkommen Adams und der Eva!‘
Und sieh, da nahm sein Bruder das Schwert wieder in die linke Hand und schwang es abermals, aber über die Brust Cahins. Und sieh, da durchströmte neues Leben den Cahin, und der Todhunger verließ ihn; aber dafür wurde in ihm der Hunger nach Leben desto größer. Aber er konnte nicht finden, was ihn sogleich hätte sättigen können. Und da er nichts fand, so wendete er sich abermals zu Ahbel und sprach: ,Sieh Bruder, mich hungert stark nach einer Speise des Lebens, die Leben in sich hat und nicht den Tod so wie das Fleisch der Schlange und ihr kaltes Blut! Denn sieh, Bruder, da mir nun die Erkenntnis kam vom Grund meines Seins, wie ich war ehedem, und wie ich jetzt bin, so empfinde ich starke Reue und einen großen Hunger und einen brennenden Durst nach der göttlichen Liebe und nach ihrer großen Barmherzigkeit. Denn sieh, ich weine ohne Stimme, und die Reue ist ohne Tränen bei mir; daher sättige mich mit der Stimme der Liebe, und lösche meinen großen Durst mit den Tränen der Reue. Denn höre und vernimm: Ich, der Größte, wurde kleiner denn der Staub; ich, der Stärkste, bin geworden schwächer denn eine Mücke; und ich, der Leuchtendste, wurde schwärzer denn der Mittelpunkt der Erde. Und so bin ich jetzt vor dir, der aus mir ward ein kleiner Geist und jetzt schon größer ist in allem, wie ich es war damals, als noch nicht war die Welt, da ich mich habe selbst gefangen in meiner allzu großen Stärke und wurde daher der Schwächste unter allen; denn da verloren, die viel hatten, vieles, die wenig hatten, weniges, und ich, der alles hatte, verlor auch alles, und alles durch meine Schuld, und die anderen ihr vieles und weniges auch nur durch meine brennende Schuld. O Bruder Ahbel, zaudre deshalb nicht, und reiche mir ein Gericht von einer Lebensspeise zur Erlangung der Stimme zum Weinen, und reiche mir Segenlosem einen Trank, damit ich nicht verschmachte in der Reue ohne Tränen!‘
Da betrat Ahbel wieder die Feste der Erde und ging vollends hin zum Cahin körperlich und sprach zu ihm: ,Cahin, du schwacher Bruder meines Leibes und Sohn Adams und Evas, steh auf und folge mir! Ich will dich wieder zurückführen zu den Eltern und all den Geschwistern; da wirst du finden in der Fülle woran dir so sehr gebricht, und sollst gesättigt werden und stillen allen deinen Durst. Aber so du satt wirst geworden sein und gelöscht wird sein dein brennender Durst, dann gedenke des Herrn in Seiner Liebe und Seiner erbarmenden Gnade, und bedenke, dass das Erste das Letzte und das Letzte das Erste ist! Und nun folge mir in aller Geduld und Sanftmut, und alle deine Stärke sei künftighin Geduld, und alle deine Kraft sei künftighin die Sanftmut; und so wirst auch du noch Gnade finden vor Dem, dessen Liebe unendlich ist und keine Grenzen hat in alle Ewigkeiten der Ewigkeiten.‘“

Daraufhin gingen sie zurück zu der noch immer weinenden Familie, und nun stürzten auch aus Kains Augen Tränen von großer Reue. Auf das Geheiß von Abel richtete Eva Kain auf und führte ihn zu Adam, der ihm seinen Vatersegen gab, wodurch Kain nach seiner Treue fähig gemacht wurde zur allmählichen Aufnahme des Segens aus Gott. (s. HGt.01_014,16-016,06)


Aufgabenverteilung an Abel und Kain

Die ewige Liebe durch den Mund des Engels: „,Ahbel, du sehr gehorsamer Sohn Meiner segnenden Barmliebe, dich ernenne Ich jetzt zum Priester und Lehrer aller deiner Geschwister und zum Tröster deiner Eltern. Und so sollst du an jedem Sabbat morgens, so die Sonne aufgeht, ein Opfer bringen von den schönsten und reinsten Früchten, die Ich später noch genauer bezeichnen werde, und sollst sie des Abends, da die Sonne untergeht, anzünden mit dem Feuer der Liebe, das Ich dir zeigen werde wie es verborgen ist natürlich in einem Stein, und wie man es bekommen kann allezeit aus demselben.  
Der Cahin aber soll begehren die schönste Schwester, die da heißt ,Ahar‘ oder ,die Schönheit Evas‘, und soll mit ihr ziehen hinaus auf die Felder und soll machen Furchen in die Erde mit dem Werkzeug, das er da schon bereitet finden wird; er soll da streuen Körner in dieselben, die er da finden wird in Menge, und soll die Frucht den ‚Weizen‘ nennen […] Und sooft er eine Ernte machen wird von seinen Äckern, so soll er auch Mir die ersten zehn Garben opfern.
Wenn er Mir getreu bleiben wird, werde Ich allezeit wohlgefällig sein Opfer annehmen von der Erde; wenn er aber Meiner vergessen hat, so wird sein Opfer nicht angenommen werden und emporsteigen zum Himmel, sondern wird bleiben auf der Erde zu seinen Füßen.
Und so soll er leben und mehren sein Geschlecht; jedoch soll er Mir sein Herz zuvor dreimal und das Herz Ahars siebenmal opfern. So er das unterlassen wird, dann wird seine Untreue am Tag sein, und er wird werden ein Böser, und die Schlange wird leben durch ihn und wird leben fort und fort hernach in allen seinen Töchtern, die dadurch schön werden von außen, aber desto hässlicher von innen, und werden verderben alle seine Söhne und werden anstecken mit ihrem Gift die Kinder Meiner Liebe und Mir abwendig machen Meine Söhne. Und Ich werde einst sein Geschlecht ganz vertilgen von der Erde. Das alles sage du ihm fest, und erinnere ihn dabei Meines heiligen Namens Jehova und Meines Tags des Sabbats!
Dir, du Mein frommer Ahbel, aber will Ich eine Herde zeigen von sanften Tieren und sie dir geben zum Weiden. Und der Name, den du ihnen geben wirst, wird ihr rechter Name sein; und wenn du sie rufen wirst bei ihrem Namen, so werden sie dich als den Hirten erkennen und werden deiner Stimme folgen allenthalben. Und du sollst Mir so künftighin nicht mehr Früchte, wie nach der Rückkunft vom Berg Jehovas, sondern die Erstlinge deiner Herde opfern, welche sind die schönsten und reinsten Früchte, deren Ich dir schon vorher erwähnt habe. Und zwar sollst du zuvor legen dürres Holz quer über den Herd, dann das blutige Opfer darauflegen, sodann Mir danken und es dann anzünden mit dem Feuer, das Ich dir gezeigt habe, wie es im Stein ist und du es nehmen sollst aus demselben nach Meinem Rat. Und zum Zeichen, dass Mir dein Opfer wohlgefällig ist, wird der Rauch desselben allezeit gen Himmel steigen schnell, als wenn er große Eile hätte. Die Asche aber, welche du mit einem Stein zudecken sollst, sollst du auf dem Altar liegenlassen drei Tage lang; am dritten Tag aber sollst du hinzugehen und den Stein von der Asche tun, und sieh, ein schöner Vogel mit glänzendem Gefieder wird sich erheben aus der Asche und wird fliegen gen Himmel. Und dann wird kommen ein Wind und wird verwehen die Asche nach allen Gegenden der Erde zur einstigen Auferstehung alles Fleischs, welches sind die Werke der wahren Liebe durch die Weisheit des heiligen Geistes, welcher gegeben wird den Kindern in der großen Zeit der Zeiten und allen Fremden, die danach dürsten werden.“ [HGt.01_017,01-02+12-20]


Der Brudermord

„Und nun sieh, da trat der Engel hin zum Ahbel und küsste ihn brüderlich und empfahl allen, besonders aber dem Cahin, nachdrücklich den strengsten Gehorsam zur einstigen Gewinnung der vollen Freiheit und der daraus hervorgehenden Kraft und Stärke, welche ist die große Macht der Gnade der Erbarmung der Liebe, um zu verwandeln in sich die Schlange zum Ebenbild der Liebe und daraus zu zeugen Früchte des Segens und ja nimmer des Zorns der Gottheit.
Aber sieh, da war einmal ein sehr heißer Tag, und die Sonne brannte stärker denn sonst über den Häuptern der Kinder und über dem Körper Cahins so, dass dieser ärgerlich wurde über die große Hitze und fluchte der Sonne; aber die Kinder waren geduldig und wuschen sich mit frischem Wasser, welches sie stärkte und kräftete, und tranken auch dasselbe und löschten sich damit den brennenden Durst und lobten und priesen Gott für die so große Gnade, dass Er ihnen gelassen hatte das Bächlein für solche Zeiten der prüfenden Not aus Seiner ewigen Liebe.
Und sieh, unweit der Hütte Cahins, die er errichtet hatte nach seiner Erkenntnis aus den Ästen der Bäume und bedeckt hatte mit dem Stroh des Weizens, floss ein gewaltiger Strom, den Ich hervorgerufen hatte aus den Tiefen der Berge, welche gleich sind den Bergen des Mondes, die da sind in der Mitte des großen Landes Ahalas (oder die Wiege der Kinder der Schwachen und der Nachkommen Adams, und ist das alte Land, das ihr noch heutzutage ,Afrika` nennt).
Und sieh, Cahin wollte nicht gebrauchen das Wasser und wurde faul und träg in der großen Hitze und wusste nicht was er tun sollte, und wendete sich auch nicht zu Mir um Rat, und noch weniger an seinen Bruder Ahbel.
Und sieh, da kam der Sabbat des Herrn, und somit auch die Zeit der Opferung. Da nahm Cahin zehn Garben, darin keine Frucht mehr war aus ärgerlicher Trägheit wegen der großen Hitze, weil ihm die vollen zu schwer waren zu tragen zu seinem Opferaltar und es ihm leid geworden war um die Frucht, dass sie umsonst verbrennen sollte, woraus er dreimal Brot bereiten konnte für sich. Und so ward er argen Sinns und legte das leere Stroh auf den Altar und zündete es an; aber sieh, der Rauch stieg nicht zum Himmel, sondern fiel zur Erde nieder, worüber der Cahin noch ärgerlicher wurde in seinem Herzen.
Zugleich aber zündete auch der fromme Ahbel sein Opfer vor den Augen des Herrn an.“
Durch und durch ergriffen betete er zum heiligen Vater (s. V.7-12)

„Und sieh und hör weiter: Es standen aber die beiden Opferherde Ahbels und Cahins nicht fern voneinander, und es war die ganze Entfernung siebenmal zehn Schritte, und der Herd Ahbels war gelegen gegen Morgen und der des Cahins gegen Abend.
Und sieh, als nun der Cahin bemerkte, dass der Rauch des Ahbels emporstieg zum Himmel und der seine aber niederfiel zur Erde, da ergrimmte Cahin in seinem Herzen; aber sein Gesicht machte er glatt, dass man nicht merken sollte seinen Grimm, während Ahbel betete für Cahin, da er merkte dessen Schalkheit .
Und der Herr vernahm das Flehen Ahbels und ließ nach dessen frommem Wunsch Seine Stimme hören den ergrimmten Cahin und sprach mit starker Stimme: ,Cahin, warum bist du Mir ungetreu geworden und ließt einnehmen vom Grimm dein Herz, und warum verstellst du deine Gebärde und lügst mit deinen Augen? Du führst Böses im Sinn gegen Ahbel! Ist es nicht so? – Verneine es, wenn du es kannst!
Ich habe vernommen, da du fluchtest Meiner Sonne und sah die leeren Garben, mit denen du Mich abgespeist hast in deiner Trägheit und in deinem Geiz, und habe dich auch mehrere Male sehen Hurerei treiben in deiner großen Faulheit, da du fast allzeit hast unterlassen, was dir geboten war zu tun, bevor du beschlafen möchtest dein Weib. Und sage, ist es nicht so?
Und sieh, Ich habe dir geduldig zugesehen und ließ nicht auf dein Haupt fallen Meine strafende Rechte und ergrimmte nicht über dich in Meiner Heiligkeit! Daher erwäge Meine Worte und werde fromm in deinem Herzen, und du sollst Mir angenehm sein, und dein Opfer wird wieder aufgenommen werden; wogegen du aber verharrst in der geheimen Bosheit deines Herzens, so hat die Sünde vor deiner Tür eine Ruhestätte sich bereitet und wird herrschen über dich, und du und alle deine Nachkommen werden Sklaven und Knechte werden derselben, und der Tod wird kommen über euch alle. Daher lass ihr jetzt nicht ihren Willen, dass sie herrsche über dich, sondern brich kräftig denselben und mache ihn dir untertan damit du frei werdest, ein Herr deines Willens, der böse ist vom Grund aus, da er aus dir ist und nicht aus Mir!‘
Und sieh, da bückte sich Cahin nieder zur Erde, als wollte er bereuen seine Schuld. Aber sieh, da gewahrte er zu seinen Füßen eine Schlange und erschrak heftig vor derselben und erhob sich schnell wieder von der Erde und wollte hinfliehen zum Ahbel; aber sieh, da umschlang die Schlange seine Füße, dass er nicht die Stelle verlassen konnte.
Und die Schlange erhob ihren Kopf und öffnete ihr Maul und bewegte ihre Doppelzunge und sagte zu Cahin: ,Warum willst du fliehen vor mir? Was habe ich dir getan?! Sieh, ich bin ein Wesen gleich dir und muss kriechen in dieser elenden Gestalt; erlöse mich, und ich werde sein gleich dir und schöner denn dein Weib Ahar, und du wirst werden gleich Gott, stark und mächtig über alles, was ist auf der Erde!‘
Und sieh, da sprach der Cahin zur Schlange: ,Sieh, du lügst; denn als ich dich im Gras fand, zerriss und verzehrte, hast du mich betrogen! Und wie soll ich nun deinen Worten trauen?! Denn ich musste damals viel leiden deinetwegen; daher kenne ich deine Lüge und kann nimmer trauen deiner Stimme. Und hast du nicht auch vorher vernommen die Worte Jehovas von oben?! Daher, so in dir irgend eine Erkenntnis der Wahrheit ist, so deute mit deiner Stimme mir das alles, und überzeuge mich vom Gegenteil, so will ich dir glauben und tun nach deinem Verlangen.‘
Und sieh, da sprach abermals die Schlange, sagend: ,Sieh, an allem dem ist dein Bruder Ahbel schuld! Er will an sich reißen die Gewalt zu herrschen, um dich als den Erstgeborenen deines Rechts zu berauben; und alles dieses stellt er so listig an, dass er sogar die Liebe der Gottheit blendet und fromm tut vor deren Augen, damit sie ihn ja möge herrschen lassen über alles, was da ist auf der Erde, und er dich aber trete spottend mit seinen Füßen. Denn damals, als du mich im Gras fandest und getan hast, was ich dir anriet, wärst du ein Herr geworden über alles, wenn es die tückische Schlauheit deines feinen Bruders nicht zuvor entdeckt hätte, was mit dir hatte vorgehen sollen, der dann gleich zu dir kam aus erheuchelter Bruderliebe, gleichsam als wollte er dir helfen; ja, er hat dir auch geholfen, aber nicht auf den Thron, der dir allein gebührt, sondern ins Elend und in eine gänzliche Nichtigkeit deines erhabenen Wesens, was du doch bei dir schon lange hättest verspüren sollen. Sieh, sogar um diese Kleinigkeit war er dir neidig, da der Herr dein Opfer aufgenommen hatte wie das seinige, und wusste durch seine schändlichen Schmeichelkünste dahin zu lenken den ohnehin schwachen Willen des Jehova, dass Er dein Opfer verstieß und dir obendrauf noch eine recht derbe Zurechtweisung hat müssen über den Hals kommen lassen. Und sieh, es war ihm schon nicht recht, dass der Herr dich nicht sogleich vernichtet hat. Daher sieh nur hin, wie er, noch arglistig betend, den Herrn bereden will, dass Er an dir das vollziehen soll, was Er jetzt gnädig noch unterlassen hat. Und nun sieh, das ist aber die große Tücke Ahbels, dass er durch seine allerschändlichste, gleisnerische  Heuchelei den Herrn dahin zu bringen willens ist, dass Er ihm am Ende alle Seine Macht in Seiner Verblendung übergebe, worauf dann dieser Ahbel Ihn vom Throne stürzen wird. Und so wird dann Gott schmachten auf der Erde; er aber wird ein herrschender Gott sein auf dem Thron Jehovas ewig. Daher mach dich jetzt auf; es ist das letzte Mal, dass ich noch imstand bin, dich zu versehen mit der nötigen Kraft zu retten Gott und dich! Daher geh schnell hin zu ihm und rede ihn mit süßen Worten an, damit er dir hierher folge willig. Da aber will ich ihn festnehmen bei den Füßen und Händen; du aber nimm dann einen Stein, schlag ihn stark aufs Haupt, und so wirst du ihm den Tod geben, den er durch den Jehova dir hat androhen lassen. Und so wirst du dich befreien von dem sonst sicheren Tod und wirst die Augen öffnen der blinden Liebe des betrogenen Gottes, der dich dann machen wird zum Herrn auf der Erde und wird dir untertan machen den Tod der Sünde.‘
Und nun, so überredet in der Bosheit seines Herzens, verließ Cahin diese Stelle und ging hin zum Ahbel und sagte mit süßer Stimme zu ihm: ,Bruder, Bruder, komme doch her zu mir, und befreie mich von der Schlange, die mich abermals zugrunde richten will!‘ Und der Ahbel aber erwiderte ihm: ,Das, was du glaubst, dass es erst geschehen möchte, ist schon geschehen; was du aber verlangst in deiner Verdorbenheit von mir, will ich dir tun in meiner Liebe. Der Tod, den du mir zu geben gedenkst, wird kommen über dich; und mein Blut, mit dem du die Erde tränken wirst, wird schreien zu Gott und wird kommen über dein Haupt und über alle deine Kinder; und der Stein, mit dem du deinen Bruder erschlagen wirst, wird ein Stein des Anstoßes werden, und es werden zerschellen an ihm alle deine Kinder; und die Schlange aber wird verderben alles Blut der Erde, und die Kinder des Segens werden Rache schreien über dein Blut; und dann wird kommen über euch eine große Finsternis, und niemand wird verstehen die Stimme seines Bruders wie du die meinige jetzt schon nicht mehr verstehst, da du dich hast blenden lassen von deiner eigenen großen Bosheit durch die Gestalt der Schlange in dir und außer dir, welche war, ist und sein wird ewig der wahre Fluch des gerechten Gericht Gottes! Und sieh, wie mir gezeigt hat der Herr den Plan aller deiner geheimen Bosheit und mich hat wissen lassen deinen großen Grimm, so weiß ich, was du machen willst und wirst mit mir und warum. O du, dessen Blindheit dauern wird bis ans Ende aller Zeiten der Zeiten, führe mich denn hin als schuldloses Opfer, und tu mir nach deiner Bosheit in und außer dir, damit deine Schlange zum ewigen Lügner gestraft werde und du erfahren mögst hernach an dir, wer von uns beiden der Betrogene ist. Und die Schande, die du angetan hast dem Herrn wird dich gefangen nehmen, und nach der Tat werden dir deine Augen und deine Ohren aufgetan werden, damit du sehen mögst wie mich der Herr aufnehmen wird zu Sich als das letzte Ihm wohlgefällige Opfer aus deiner Hand; denn fürder wird kein Opfer, sondern der Tod dir gegeben werden durch den du deinen Bruder geopfert hast. Und sieh, ich habe alle Macht über dich, und es wäre mir ein leichtes dich zu vernichten so wie jenen Berg dort jenseits des Stroms gegen Mitternacht. Und sieh, ich werde den Berg anrufen und sagen: ,Hier bin ich, Ahbel, der Gesegnete des Herrn, voll der Macht und der Kraft des heiligen Geistes; darum verschwinde und werde zunichte, damit Cahin erfahre, wie groß seine Lüge ist!‘ Und nun siehst du, Cahin, wie der mächtige Berg verschwunden ist aus dem Dasein durch die mir innewohnende Kraft des Geistes der Liebe. Und sieh, ein ebenso leichtes wäre es mir, dich zu vernichten. Aber damit du siehst, dass in Gott keine Schwäche und in deinem Bruder keine schändliche Herrschsucht ist, so folge ich dir wie ein Lamm willig zur Schlachtung.‘
Und sieh, da nahm Cahin den Ahbel gar freundlich beim Arm und sagte: ,Ahbel, was denkst du von mir?! Ich suche deine Hilfe, und du willst mich schon im Voraus beschuldigen des Todes an dir; so komm, und folge mir hin zur Stelle, da die Schlange deiner harrt, und vernichte sie wie den Berg, und mach mich frei und dich los vom Vorwurf der Schlange!" Und der Ahbel erwiderte ihm kurz: ,Welches ist der Unterschied zwischen dir und der Schlange?! – Meinst du Blinder, dass auch ich ein Brudermörder sei?! – Darum folge ich dir und sterbe fürs Leben und du leben bleibst für den Tod!‘ Und sieh, das waren Ahbels letzte Worte an den Cahin, und von den Lippen Ahbels kam kein Laut mehr zu den Ohren Cahins; und so folgte er willig, wohin Cahin ihn führte.
Und als sie nun vollends an die Stelle gelangten, wo die Schlange des Cahin harrte, da war die Stelle, da Cahins Tücke offenbar wurde und umschlang die Füße Ahbels und dessen Hände und warf ihn zur Erde nieder, nahm einen großen Stein und zerschmetterte damit den Kopf Ahbels, dass sein Blut und sein Mark weit herum bespritzte die Erde. Und die Schlange löste sich von den Füßen Ahbels, nahm den Stein in ihren Rachen und trug ihn vor die Tür Cahins und verbarg sich in den Sand unter dem Dorngestrüpp, frei.
Und sieh, da zogen von allen Seiten her schwarze Wolken über dem Haupt Cahins zusammen, und große Blitze zuckten nach allen Richtungen, begleitet von starken Donnern; und es fingen an zu toben von allen Seiten her heftige Windsbräute und schleuderten große Massen von Hagel über die fruchtbeladenen Felder und zerstörten sie bis in den Grund. Und das war der erste Hagel, der geworfen wurde herab von den Himmeln, und der Hagel war ein Zeichen der Liebe ohne Erbarmung, da die Gottheit in Ihr beleidigt wurde von neuem durch die Untat Cahins an seinem Bruder Ahbel. Und sieh, der böse Cahin floh in seine Hütte und fand sein Weib zitternd am Boden liegen und einige seiner meistens ungesegneten Kinder wie Tote neben ihr. Da schauderte er zusammen und fluchte der Schlange und ging aus der Hütte und fand den Stein, welchen die fliehende Schlange vor seine Tür gelegt hatte, daselbst, da er über denselben hinglitt und gewaltig zur Erde niederfiel und abermals fluchte der Bosheit der Schlange und dem todbringenden Stein. Und da er sich wieder aufgerichtet hatte mit seinem schmerzerfüllten Leib, so ging er an das Ufer des sehr nahen Stroms, um aufzusuchen die verfluchte Schlange und sie zu zerstören und zu vernichten. Aber sieh, als er nun vollends ans Ufer kam, da sah er ein grässliches Ungeheuer, sechshundertundsechsundsechzig Ellen lang, sieben Ellen breit und dick, versehen mit zehn Köpfen, ihm entgegen stromaufwärts schwimmen und sah noch, wie auf jedem Kopf zehn Hörner gleich einer Krone herauswuchsen. Und sieh, als diese ungeheure Schlange nun vollends in seiner Nähe war, da redete sie ihn aus allen ihren Köpfen zugleich an und sagte: ,Nun, du starker Cahin, Mörder deines Bruders Ahbel, hast du Lust, mit mir es aufzunehmen, so beginn dein Zerstörungswerk! Einst im Gras, da ich noch schwach war, konntest du mich wohl zerreißen und verzehren mein Fleisch und Blut; allein jetzt dürfte dir ein ähnliches Werk an mir wohl nicht gelingen, denn die gute Kost, die du mir bereitet hast vom Blut deines Bruders, hat mich groß und stark gemacht. Und nun, so du noch willens bist mich zu zerstören, so fang an, deine Rache zu tränken mit meinem Blut. Da du aber nur zehn Finger und nicht zehn Hände hast und daher nicht ergreifen kannst jeglichen der Köpfe zugleich, so werden dich die übrigen acht zerstoßen mit ihren Hörnern und dich verzehren mit ihren acht Mäulern!‘
Da erschrak der Cahin heftig und floh aus dem Gesicht der Schlange und fluchte abermals der Schlange und sah, wie gewaltig er betrogen worden war von der Schlange. Da dachte er: ,Wer wird mich jetzt versöhnen mit dem ewig gerechten Gott, da mein Bruder Ahbel nicht mehr ist?! O du dreimal verfluchte Schlange, du bist der Mörder meines Bruders und wolltest nun der meine werden! Oh, wenn ich wüsste, dass du zugrunde gehen müsstest wenn ich zugrunde ginge, siebenmal würde ich seinen Tod an mir selbst rächen!‘
Und sieh, da stand die Schlange hinter ihm in Gestalt eines überaus reizenden Fräuleins und sprach zu ihm: ,Cahin, tu das, und ich werde dein Fleisch aufzehren und dein Blut trinken, und so werden wir dann wieder vollkommen eins sein und beherrschen alle Welt.‘ Und Cahin blickte das schmucke Fräulein an und sagte: ,Ja, das ist deine wahre Gestalt, so bist du am fürchterlichsten! Wer dich sehen wird mit deinen zehn Köpfen, der wird dich fliehen wie ein Gericht der Gottheit; zu dem du aber kommen wirst in dieser Gestalt, der wird dir nachlaufen, dich fangen, dich lieben mehr denn Gott und sich für den Glücklichsten halten, so du ihn ergreifen wirst mit deinen allzeit todbringenden Händen, und die Menschen werden dir errichten Tempel und Altäre und lecken deinen Speichel und essen deinen Kot. Und hätte ich dich nicht gesehen mit den zehn Köpfen, so wäre auch ich dein Sklave geworden; aber nun kenne ich dich ganz und verabscheue dich in dieser Gestalt mehr denn in der früheren zehnköpfigen.‘
Da sprach das schöne Fräulein wieder: ,Aber Cahin, wie magst du wohl fürchten diese zarten Glieder an mir und diese meine weiche Brust?‘
,O schweig‘, sprach da Cahin, ,deine zarten Glieder sind ebenso viele Schlangen voll bitteren Gifts, und unter deiner weichen, aufgedunsenen Brust ruht ein undurchdringlicher Panzer, mit welchem und an welchem deine Schlangenarme erdrücken werden mein armes und schwaches Geschlecht! Denn so gestaltet wirst du dir selbst den Riesen Leviathan zu deinem allergehorsamsten Diener machen!‘
Und nun sieh, da entzündete sich das Schlangenweib aus seinem inneren Grimm, so dass sein ganzes Wesen strahlte gleich der Sonne, und nahm an die Gestalt Ahbels gar freundlichen Gesichts und sprach abermals zum Cahin: ,Cahin, du blinder Tor, mein böser Bruder, sieh, den du hast erschlagen mit einem Stein, der steht nun verklärt vor dir und bietet dir seine Hand, dich auszusöhnen mit ihm, und fürchte nicht die Gestalt der Schlange, die du selber bist! Wer war's denn, du oder die Schlange, der untreu wurde dem Herrn? Beschliefst du oder die Schlange dein Weib gleich den Hunden ohne die vorher allezeit gebotene Opferung? Warst du's oder die Schlange, der da fluchte der Hitze und in der größten Trägheit dem Herrn leeres Stroh opferte? Sag, ergrimmte die Schlange oder du in der bösen Eifersucht wider deinen Bruder? Und war die Schlange nicht vielmehr eine äußere Erscheinlichkeit deines eigenen Bösen in dir, durch welches du dich selbst beredet hast in deinem großen Wahn zu töten deinen Bruder? Und wie fluchst du da nun der Schlange, die du doch selber bist, und hältst noch am Ende deinen eigenen Bruder für die personifizierte Schlange?! Und sagte dir nicht dein eigener Bruder, da er noch lebte körperlich als du hingingst ihn zu holen zum Tod, vorgebend in deiner großen Schalkheit, dass er dich befreien möchte von der Schlange, ob du meintest, dass auch er ein Brudermörder wäre?! Sag und antworte, ob es nicht so ist; und ist es anders, so fluch erst der Schlange, und halte nicht mich, der daherkam von oben dir zu helfen als verklärter Bruder für die Schlange, sondern dich selbst, und reiche mir deine noch vom Bruderblut befleckte Hand, damit sie von meiner Bruderliebe gereinigt werde von ihrer großen Schuld und du dann wieder Gnade finden könntest vor den Augen des Herrn!‘
Und sieh, da wurde Cahin gefangen in seiner Blindheit vom Satan und wollte schon reichen dem Verführer die Hand. Aber sieh, da schlug ein gewaltiger Blitz vom Himmel zwischen den Lügner und den Cahin, und der vorgebliche Ahbel lag als Schlange am Boden, und der Cahin zitterte am ganzen Leib, erwartend das sichere Gericht von oben.
Und sieh, da sprach Jehova aus den Wolken: ,Cahin! Wo ist dein Bruder Ahbel, wo hast du ihn hingetan?‘
Cahin aber ermannte sich bald durch den Anblick der Schlange am Boden und sagte: ,Wie fragst Du mich darob? Bin ich ein Hüter dessen?‘
Und die Stimme Jehovas sprach heftiger denn früher: ,Das Blut deines Bruders, damit du die Erde hast getränkt, schreit zu Mir! Ich habe deine Tat gesehen; wo ist Ahbel, dein Bruder?‘
Und Cahin aber sprach: ,Herr, meine Sünde ist so groß, dass sie mir nie mehr vergeben werden kann!‘
,Ja‘, sprach Jehova, ,daher sei verflucht auf der Erde, die Ahbels Blut verschlang; und wenn du auf derselben künftighin einen Acker machen wirst, so wird er dir kein Brot mehr geben, und du sollst fürder unstet und flüchtig herumirren auf derselben ohne Dach wie ein reißendes Tier, und sollst dich ernähren von Dornen und Disteln!‘
Da erschrak der Cahin gewaltig und sagte mit bebender Stimme: ,Herr, Du Allgerechter, sieh, Du treibst mich heute aus diesem Land, und ich muss fliehen vor Deinem Angesicht und unstet und flüchtig sein auf der Erde. Und mir Armem wird's dann ergehen, dass mich totschlagen wird wer mich findet; daher sei gnädig mir der Meinen wegen!‘
Und sieh, da sprach Jehova: ,Nein, es soll niemand totschlagen den Cahin, sondern wer den Cahin töten würde, der soll getötet werden siebenmal! Damit sich aber niemand an dir vergreife, so will Ich dich bezeichnen an der Stirn mit einem schwarzen Fleck, damit dich niemand mehr erkennen und erschlagen soll.‘“ [HGt.01_019-020,24]


Kains Flucht

„Und nun sieh, da floh Cahin mit den Seinen aus Meinem Angesicht weit jenseits Heden in ein tiefgelegenes Land Nhod. Heden aber war ein schönes Kleinhügelland, voll von den besten Früchten; da gefiel es Cahin, und er wollte sich niederlassen daselbst. Als er aber auf zu den Hügeln geblickt hatte, da sah er überall einen Mann stehen, grimmen Gesichts, bewaffnet mit einem Stein in der Hand, als wartete er auf den Cahin, zu rächen seine Untat; und diese Erscheinung war ein Werk der großen Furcht in ihm. Und er sah, dass hier kein Bleibens war für ihn. Da floh er weiter und weiter gegen Morgen und gelangte in eine große Niederung; da fiel er ermattet nieder und schlief drei Tage und drei Nächte. Dann aber kam ein mächtiger Wind von den Bergen herab, erweckte die Schlafenden und sauste und brauste dann über die weiten Ebenen dahin und legte sich endlich in den Tiefen des Landes, das da hieß ,Nhod‘ oder ,trockener Grund des Meeres‘. Und der Cahin blickte wieder empor zu den hohen Zinnen der Berge, und er entdeckte keine Männer mehr; da wusste er nicht, was er da tun sollte. Nach einer kurzen Weile aber streckte er seine Arme aus und schrie überlaut: ,Herr, Du Gerechtester, so an Dein Ohr aus dieser großen Ferne noch dringt mein Geschrei, so sieh her über diese Zinnen gnädig der Kinder und meines Weibs wegen auf den gezeichneten Flüchtling der Heiligkeit Deiner Augen, die da gezeichnet hat meine Stirn mit der Nacht der Sünde, damit ich nicht erkannt würde mit freier Stirn an der Untat, die da gezeichnet steht auf der Stirn, in den Händen und auf der Brust des großen Sünders, dessen Sünde zu groß ist, als dass sie ihm je vergeben werden könnte.‘
Und sieh, da kam eine Wolke über die hohen Berge herab, siebenundsiebzig Mannshöhen hoch über den Flüchtigen, und eine starke Stimme sprach aus derselben, und das war die Stimme Ahbels, die da sagte: ,Cahin, kennst du diese Stimme?‘ Und Cahin entgegnete: ,O Bruder Ahbel, kommst du daher, um dich billig zu rächen an mir, deinem Mörder, so tu mir nach der Gerechtigkeit; aber schone deiner gesegneten Schwester und ihrer Kinder!‘
Da sprach die Stimme abermals und sagte: ,Cahin, wer da Böses tut, ist ein Sünder; wer da Böses vergilt mit Bösem, der ist ein Knecht der Sünde; wer Gutes tut fürs Gute, der hat die Schuld abgetragen, und es wird nichts übrigbleiben zu seinem Teil; wer das Gute erstattet mehrfach, der ist Wert seiner Brüder; aber vor Gott zählt nur eines, und das ist Gutes tun für Böses, und segnen, die da fluchen den Wohltätern, und das Leben geben für den Tod! Und sieh, als dieser Letzte komme ich zu dir; daher fürchte dich nicht vor mir, da ich gesandt bin von oben nun zu dir, um dir für's erste zu zeigen, dass der Herr wahrhaft und getreu ist in allen Seinen Verheißungen, und um fürs zweite dir aber anzudeuten, dass du in diesem Land zu verbleiben hast mit den Deinigen und dich und sie zu ernähren hast mit den Früchten, die du antreffen wirst in diesem Land, und um dann dir auch anzuzeigen, dass dir dein Bruder vergeben hat deine Tat durch die große Liebe des Vaters in ihm. Mein Blut aber sollst du sühnen mit deinen Reuetränen, bis damit der Fleck gewaschen werde von deiner Stirn; und deine Kinder und dein Weib sollst du führen in aller Furcht vor dem Herrn. Und so du es tun wirst frei aus dir aus Furcht vor dem Herrn, so wirst du bleiben und leben, wie du bist, ein Geächteter; aber in der Liebe wirst du rühren das hartgemachte Herz der Gerechtigkeit.‘
Und sieh, da wurde Cahin beruhigt in seiner großen Furcht. Die Wolke verschwand, und er weinte Tränen der Reue und ging und suchte Nahrung für die Seinen und dachte nach, wie weit er sich entfernt hatte vom Paradies, und wie er nun so gänzlich verloren hatte die Liebe des Herrn und nun hinausgestoßen war in die harte Gerechtigkeit, stehend an der Schwelle des Gerichts aus Gott. Und da er so dachte, da vermehrten sich seine Reuetränen, und es wurde ihm immer einleuchtender, wie so gar sehr groß seine Schuld vor Gott doch sein müsse, und er dachte auch, ob es denn doch wohl noch irgend möglich wäre, je nur zu dem allergeringsten Teil der Liebe zu gelangen. Und so dachte er hin und her und auf und ab. Und sieh, da gelangte er mit den Seinen so in diesen Gedanken an einen reichlich fruchtbeladenen Brombeerstrauch; und da es alle gewaltig hungerte nach einer Speise, so wollten sie sogleich herfallen über denselben und nach Hunger, Lust und Übermaß davon genießen. Aber sieh, da fasste der Cahin einen rechten Gedanken und sagte zu den Seinen: ,O mein Weib und meine Kinder, zieht schnell zurück eure Hände, die ihr schon vorschnell ausgestreckt habt nach dieser reichen Kost; denn noch wissen wir nicht, ob sie das Leben oder den Tod enthält! Und lasst uns daher vorher niederfallen auf die Erde und bekennen vor Gott unsere große Schuld, und lasst uns Ihn bitten im Staub unserer Ohnmacht, dass Er gnädig möchte segnen zuvor diese Frucht; und so Er das doch vielleicht tun wird aus Seiner übergroßen Erbarmung heraus, dann müssen wir Unwürdige Ihm erst danken zuvor, und dann erst können wir mit Furcht und Zittern uns mäßig sättigen daran.‘
Und sieh, da traten alle einige Schritte zurück vom Strauch und taten nach dem Willen und nach der rechten Einsicht Cahins, der da laut allen vorbetete und weinend sagte: ,O Du allergerechtester, großer, heiliger Gott, sieh gnädig auf uns Würmer im Staub der Ohnmacht vor Dir, Du Allmächtiger, die es nicht wagen, ihre Augen in ihrer allergrößten Schuld emporzurichten zu Deiner unaussprechlichen Heiligkeit. O gedenke unserer Schwachheit, und lass nicht zugrunde gehen uns arme, reuige, große Sünder! Sieh, dieser Strauch vor uns scheint eine gute Frucht zu tragen als eine Speise für uns Sünder; aber wir getrauen uns nicht davon zu essen, da wir blind geworden sind durch unsere große Bosheit und daher nicht mehr sehen können, ob der Tod oder das Leben darin ist. Daher wolle uns gnädig anzeigen, wessen Geistes diese Frucht ist, damit wir Dich erst dann recht bitten können, dass Du, o Übergerechter, das Gift der Schlange ihr nehmen mögst und nur einen kleinen Tautropfen Deines Segens dann mögst darauf fallen lassen, damit wir nicht verderben. O Herr, Du Gerechter, Du Heiliger, erhöre, erhöre, erhöre unsere schwache Bitte!‘
Und sieh, da kam geflogen eine glührote Wolke von den Bergen ins Tal über den Strauch; und aus derselben schlug ein heftiger Blitz mit starkem Gekrach in den Strauch. Und sieh, eine große Schlange floh zischend aus demselben hervor und nahm mit offenem Rachen die Richtung gegen Cahin; er aber erschrak über die Maßen vor derselben. Aber sieh, die Blitze ließen ihr keine Ruhe und trieben sie in aller Schnelle in den heißen Sand der weiten Wüste; und als sie vollends verschwand aus dem Gesicht Cahins, da wandte er sein Gesicht wieder zum Strauch und dankte Gott in der Stille für diese so gnädige Errettung aus der größten aller Gefahren.
Und sieh, da sah er auch, wie aus dieser Feuerwolke anfingen große Tropfen zu fallen über den Strauch, so dass ringsumher weit und breit die Erde befeuchtet wurde. Und Cahin sah mit den Seinigen die große Freigebigkeit des Herrn und fiel abermals nieder mit all den Seinigen und dankte Gott in aller Inbrunst seines Herzens für so große Wohltaten und sagte, in Tränen zerfließend: ,O Herr, Deine Gerechtigkeit ist groß und unbegreiflich, aber wie groß muss erst Deine Liebe sein, da Du noch vermagst, des größten Sünders zu gedenken mit so großen Wohltaten aus Dir, o Du ewige Liebe! Wie groß muss doch die Bosheit sein, die Dich je verkennen mochte!‘
Und sieh, da ließ sich aus dieser noch segentriefenden Wolke eine Stimme hören und sprach vernehmliche Worte, die da lauteten: ,Hör du, Cahin! Ich habe Meine Gerechtigkeit verwandelt in Liebe; jedoch wird die Liebe sein nur bei denen, die sie da werden suchen künftig nicht nur in der Not und Bedrängnis, sondern in ihrer Fröhlichkeit und in ihrer Freiheit. Sieh, Ich will dir einen Termin setzen auf zweitausend Jahre, und es soll in dieser Zeit keinen treffen je Meine Gerechtigkeit; und aus dieser Meiner Gerechtigkeit will Ich ein großes Gefäß bereiten und es setzen über die Sterne, und will aus Meiner Liebe ein zweites Gefäß bereiten und es setzen unter die Erde. Und so könnt ihr tun, wie ihr wollt. Werdet ihr Böses tun, so werden eure Taten füllen das Gefäß der Gerechtigkeit, und wenn es wird voll geworden sein, so wird es bersten an allen Orten und wird lassen herniederstürzen die ganze Schwere über alle Täter des Übels und wird sie töten allesamt; das Gefäß der Liebe aber, so es leer bleiben wird unter der Erde, wird aufnehmen die Toten zur langen, reinigenden Qual. Und da werden, die da sich werden reinigen lassen, versetzt werden in die Gestirne zu langen Kämpfen; die aber da sich verhärten werden aus ihrer inneren Bosheit heraus, die werden dereinst geworfen werden unter den Boden dieses Gefäßs, da sein wird ewiges Heulen und ewiges Gekläffe der Zähne im Zorn Gottes. Und nun tretet hinzu zum vom Segen befeuchteten Strauch, und esst davon zur Stillung eures Hungers, und bedenkt dabei allzeit, von wem diese Gabe ist. Und breitet euch aus im Land der Tiefe; aber auf die Berge wage keiner von euch je zu setzen seinen Fuß, denn ihre Zinnen sind heilig und sind bestimmt zur Wohnung für Meine Kinder! Wer von euch je dieses Gebot übertreten wird, der wird den allzeit da wohnenden Wächtertieren als Bären, Wölfen, Hyänen, Löwen, Tigern und auch großen, lebenden Schlangen, die zuunterst hausen werden, zur Beute werden, desgleichen auch alle zahmen Tiere, die euch später werden untertan werden. Nur so jemand von euch würde ganz fromm werden und bestehen die Feuerprobe Meiner Liebe, dem soll gestattet werden, einzudringen in den Bauch der Berge und da zu sammeln Erz und Eisen und daraus zu bereiten Werkzeuge nach dem, wie euch lehren werden eure Bedürfnisse.
Und nun esst, befruchtet und mehrt euch männlich und weiblich, und wehrt ab dem Samen der Schlange durch eure gerechte Furcht vor Mir, der Ich bin Gott, der Ewige, Gerechte und Heilige, amen!‘“ [HGt.01_020,25-021,15]


Der Bau der Stadt Hanoch und Kains Gesetze

„Und nun sieh, da aßen sie und taten wie ihnen geboten war eine Zeitlang. Cahin erkannte nun wieder sein Weib und zeugte mit ihr einen Sohn und gab ihm den Namen ,Hanoch‘, das heißt ,die Ehre Cahins‘. Und Cahin berief alle seine Kinder zusammen und sagte: ,Kinder, seht hier einen neuen Bruder, den mir gegeben hat der Herr zu einem Herrn über euch, wozu ich ihn machen werde, damit eine Ordnung sei unter euch und ein Ende werde eures Gezänks und eures Haders. Und er wird euch geben Gebote und wird loben die Treuen und züchtigen die Übertreter, damit auch wir ein Volk werden, groß und voll Ruhms gleich den Kindern Gottes, die der Gesetze nicht bedürfen, da sie die Liebe haben, die sie frei macht und uns aber gelegt hat meiner Sünde wegen unter ihre Füße, die uns zertreten werden, so wir Gesetz- und Ordnungslose nicht haben einen, der uns vertrete und rechtfertige vor ihrer großen Macht.
Seht, ihr Gott ist auch der unsere; aber sie haben an Ihm einen guten Vater, und wir aber einen Richter! Der Vater kennt ihre Liebe, und Sein Auge und Ohr ist bei ihnen. Aber nicht so ist es bei uns. Wir sind uns selbst überlassen und können handeln, wie wir wollen; jedoch wenn wir bestehen wollen, so sind uns Gesetze und Ordnung notwendig. Denn sonst kann da nun erschlagen einer den anderen im Zank und Hader nach seiner Willkür, und so wird sich das Gefäß der Gerechtigkeit füllen vor der Zeit, und wir werden dann allesamt zugrunde gehen durch die auf uns niederstürzenden großen Lasten unserer Gräueltaten. Daher lasst uns alle kräftig zusammengreifen und zusammentragen Steine, große und kleine, und errichten eine hohe und feste Wohnung für ihn und, so viele unser sind, für jeglichen eine kleine in einem weiten Kreis um die seinige herum, damit er alle überschaue und beobachte ihr Tun und Treiben. Er aber soll frei sein von jeder Arbeit als ein Fürst in eurer Mitte und soll essen von euren Händen.
Für jetzt aber bin ich im Namen der Gerechtigkeit Gottes als Vater euer aller Gesetzgeber, und wehe dem, der ungehorsam wird meinen Geboten! Mein Fluch wird ihn hart treffen; dann aber wird keines Erbarmens sein über den Verfluchten in meinem Herzen, da keine Liebe mehr, sondern nur Gerechtigkeit innewohnt. Seht, wo die Liebe wohnt, da ist auch Erbarmen, und es gilt Liebe für Recht; wo aber nur Gerechtigkeit wohnt, da kann nur gelten Recht für Recht und Gericht für Gericht, Lohn für Lohn, Treue für Treue, Gehorsam fürs Gesetz, Gericht für den Ungehorsam, Strafe für Vergehen, Fluch für Verräterei und Tod für Tod.
Und das sei eine Heiligung dieses meines Ausspruchs, dass ich jetzt euch allen schwöre beim Himmel und seiner unerbittlichen Gerechtigkeit und bei der Erde, der harten Wohnstätte des Fluchs Gottes, dass jeden Übertreter treffen wird scharf und genau, was ich hier jetzt euch allen kundgetan habe durch meinen Mund als Vater und als Fürst.
Dann aber kommt euer Bruder als euer wahrer Herr und Gesetzgeber nach seiner gerechten Einsicht und freien Willkür, daher er auch sein wird frei vom Gesetz, da jede seiner freien Handlungen euch gesetzlich werden und bleiben muss bis er es für gut erachten wird, es wieder aufzuheben.
Jetzt ist euch bekannt mein Wille, und demnach handelt und tut, wollt ihr bestehen in der Strenge der Gerechtigkeit durch Gesetze für die Ordnung zur Vermeidung des Gerichts, welches sonst alle treffen würde, wenn nicht gesetzt wäre in der Gerechtigkeit Gericht für Gericht.
Und sieh, da gingen alle von dannen und legten ihre Hände ans Werk, zu erbauen also eine Stadt, und arbeiteten daran sechzig Jahre. Da ihnen die Gebäude oft zusammenfielen, so brauchten sie viel Zeit für die Erbauung der Wohnung des neuen Fürsten und konnten dieselbe erst vollenden, als Ich dem Hanoch im Traum gezeigt hatte, wie sie bauen sollten, da es Mich gedauert hatte der armen Kinder, die bei diesem Bau vielen und großen Misshandlungen ausgesetzt waren von dem zwar bis dahin sehr geordnet streng gesetzlich rechtlichen Cahin, der nun die Seinen führte als ein Tyrann unter großem Schrecken und unter großer Furcht und Angst vor den Strafen ohne Gnade und Erbarmung, da in ihm keine Liebe war, gerecht im Gehorsam gegen alle Gesetze, bedachte aber dabei nicht, dass ein Gehorsam, der eine bloße Folge großer Furcht ist, eigentlich doch nicht im allergeringsten ein Gehorsam ist, sondern pure Eigenliebe. Denn wer sich selbst liebt, der hält das Gesetz aus reiner Furcht nur vor der allezeit sicher folgenden Strafe bei der Übertretung desselben, da er sich seiner selbst überaus erbarmt, so er empfindet der Strafe Schmerz in seiner unbehilflichen Schwäche; findet er aber auch nur die geringste Gelegenheit, unbemerkt zu sein in seinem Herzen, so wird er fluchen dem Gesetz und dessen Geber und wird dasselbe bald treten mit den Füßen.“ [HGt.01_022,01-08]


Die Tyrannei von Kains Sohn Hanoch

Nachdem dann die Stadt fertig erbaut war, übergab Cahin seinem Sohn Hanoch die für ihn gebaute Wohnung und auch alle seine väterlichen Rechte zur freien Führung mit aller Macht und Gewalt, wobei er ihn selbst als Gesetzgeber von jeder Haltung freistellte. Und Hanoch schwang sich sogleich zu einem grausamsten Tyrannen auf mit erschreckendsten Strafandrohungen bei einem Zuwiderhandeln gegen seinen Willen. Darüber erschraken Cahin und alle anderen über alle Maßen, die nun in ihren Herzen ihren grausamen Vater Cahin verwünschten.  (s. HGt.01_023,01-16)

Und Cahin „fragte den Hanoch ganz traurig und tief bewegt: ,O Hanoch, du großer Fürst, mein gewesener Sohn, sag nach deinem Herzen recht und gerecht, ist dein Vater und deine Mutter nicht ausgenommen von allem dem, so du geboten hast weise deinen Untertanen nach deiner freien Willkür? Und muss ich denn sein gleich meinen Kindern, so gebiete, dass sie auch ernähren sollen ihren Vater und ihre Mutter, die wir schon alt, mühselig und sehr schwach geworden sind. Oder erlaube mir gnädigst, zu ziehen von dannen bis ans Ende der Welt, damit ich nicht sehe die große Trübsal meiner Kinder fürder, da sie schmachten unter dem schweren Joch der freien Gerechtigkeit.‘ Und sieh, da sprach Hanoch: ,Wie fragst du mich denn? Tu ich nicht recht, wenn ich tu wie du mir die Lehre und die Macht gegeben hast? Hast du doch selbst niemanden als mich selbst nur gesetzlos erklärt und hast keine Ausnahme gemacht mit dir. […] Dass du mein Vater bist, was geht das mich an?! Bin ich doch geworden durch dich, ohne dass ich es auch nur unter irgendeiner Bedingung habe werden wollen. Und so hast du mich ja gezeugt ohne meinen Willen und machtest mich zum Fürsten ohne denselben. So sag mir denn, da ich nun wurde und bin, was ich bin, und wie ich bin so ganz ohne meinen Willen, da ich keinen hatte, und auch nicht unter nur irgendeiner Bedingung, rein nur zufällig durch deine Wollust und Fürst durch deinen Ehrgeiz, welche Verbindlichkeit ich somit, rechtlich betrachtet, zu dir habe. So flieh denn aus meinen Augen, wohin du willst, damit dich nicht ereilen die strengen Folgen der Gerechtigkeit! Dies sei die einzige Gnade, die ich dir frei aus mir, da ich tun kann, was ich will, gewähre; und nun geh und flieh!“ [HGt.01_023,16-18]


Kains erneute Flucht und Neuanfang

„Und nun sieh, da fing Cahin an zu weinen und zog mit seinem Weib und vier Kindern, zwei Männlein und zwei Weiblein, von dannen und kam nach vierzig Tagen an die Ufer der Meere und erschrak da beim Anblick der großen Gewässer, da er glaubte in allem Ernst, das Ende der Welt erreicht zu haben. Und er dachte: Wenn mich nun Hanoch verfolgte, wohin werde ich da fliehen? Vor mir ist das Ende der Welt und links und rechts sind hohe Berge, die ich nicht betreten darf, und das gnädige Auge und das Ohr des Herrn ist verschlossen für mich. Auch sehe ich hier lauter fremde, ungesegnete Früchte; wer wird sich dieselben zu essen getrauen? Und unser Vorrat, den wir mitgenommen haben, ist nun auch verzehrt. Was soll ich nun tun? Ich will denn doch noch einmal versuchen, ein großes Geschrei an den Herrn zu richten; entweder wird Er mich erhören, oder Er wird uns zugrunde gehen lassen, und so wird es uns doch wenigstens am Ende ergehen nach Seinem Willen, den wir gewiss die ganze, lange Zeit hindurch in unserer großen Blindheit nicht erkannt haben.
Und sieh, da fing Cahin nach einem Zeitlauf von siebenundsiebzig Jahren wieder an, zu Mir zu beten, drei Tage lang Tag und Nacht hindurch ohne aufzuhören, und schrie in einem fort: ,Herr, Du Gerechter, Du Liebevollster, sieh gnädig herab auf Deinen größten Schuldner, und tu mir nach Deinem heiligen Willen!‘ Und diese Worte wiederholte er zu tausend und tausend Malen. Und es dauerte Mich seiner, da er so gar gewaltig und unendlich elend schrie. Sieh, da sandte Ich den Ahbel zu ihm in einer Feuerflamme, welcher zu ihm die Worte aus Mir richtete und sagte: ,Cahin, erhebe dich vom Boden, und sieh mir ins Angesicht, und sag mir dann, ob du mich noch erkennst!‘ Da richtete sich auf der Cahin und betrachtete furchtsam die Flamme und erkannte sie nicht, weder an der Stimme noch an der Gestalt, und fragte sie dann, bebend vor zu großer Angst: ,Wer bist du sonderbares Wesen denn in dieser Flamme?‘ Und der Ahbel antwortete ihm: ,Ich, dein Bruder Ahbel bin es in der Flamme der göttlichen Liebe vor dir. Was willst du denn, dass dir geschehen soll?‘
,O Bruder‘, sprach Cahin, ,so du es bist, sieh, ich habe keinen Willen mehr! Mein Sohn Hanoch hat mir alles genommen, auch meinen Willen; nun habe ich keinen Willen mehr, und sieh, wie wir jetzt da sind, sind wir alle gänzlich willenlos! Daher kann ich nichts anderes sagen als, mir und uns allen geschehe nach dem heiligen Willen des Herrn!‘
Da sprach Ahbel: ,Nun so hör denn! Das ist der Wille des Herrn, meines Vaters und deines Gottes, dass ihr essen sollt von all den Früchten, die ihr hier finden mögt ohne Furcht und Scheu, denn die Schlange hat dich vertrieben hierher und ist daheimgeblieben bei deinen Kindern in der Stadt Hanoch mit all ihrem Gift und wird mit euch nichts mehr zu tun haben. Denn so der Mensch seinen Willen hingegeben hat, da gibt es für die böse Brut nichts mehr zu tun; wer aber seinen Willen untertan gemacht hat der Schlange, der ist ein Gefangener von ihr, und das Ende seines Wirkens ist herbeigekommen.
Wer aber geflohen ist aus ihren nun stark gewordenen Schlingen und so gerettet hat den letzten Tropfen seines Willens und denselben niedergelegt hat auf die Erde im Angesicht Jehovas, dem wird Er geben einen neuen Willen aus Sich, damit er dann ferner handeln möchte als ein Werkzeug des Herrn. Und so ist auch für dich der Wille des Herrn fernerhin zu handeln nach Seinem Willen; und so dich und die Deinen auch dereinst möchten finden die Nachkommen Hanochs, so werden sie dich und die Deinen nicht erkennen, da euch die Liebe des Herrn ganz schwarz brennen wird bleibend. Und der Name ,Cahin‘ wird dir genommen werden, und ein anderer Name wird dir gegeben werden, und dieser heißt ,Atheope‘, das heißt ,der Willenlose nach dem Willen Gottes‘. Und sogestaltet musst du mit den Deinen flechten aus Rohr und Schilf einen sehr großen Korb, sieben Mannslängen lang, drei Mannslängen breit und eine Mannslänge hoch, sehr fest, und ihn dann verpichen mit Harz und allerlei Pech. Und so du dieses verrichtet haben wirst mit allem Fleiß, dann musst du ihn stellen ans große Wasser hin und sollst sammeln Früchte auf vierzig Tage lang; und so du das getan haben wirst, dann legt die Früchte in den Korb und steigt endlich allesamt in denselben. Und dann wird der Herr kommen lassen eine große Flut vom großen Gewässer her, welche den Korb heben wird mit euch, und wird euch tragen hin in ein fernes Land in der Mitte dieser großen Gewässer, da ihr vollkommen sicher sein werdet vor allen Nachstellungen Hanochs. Und da werden sein nahe, weit und breit kleine Länder in diesem großen Gewässer, und so euer zu viele werden in einem Land, dann sucht die nächsten, und so fort und fort, und belebt so nach dem Willen des Herrn nach und nach alle Kleinlande in den großen Gewässern.
Und so ihr nicht vergessen werdet des Herrn, so wird Er einst euch zu bewohnen geben ein großes, festes Land, da ihr bleiben werdet bis ans Ende der Welt, wenn es erst zuvor gereinigt wird vom Fluch durch die bald daniederstürzenden Fluten, die da ersticken und töten werden die Nachkommen Hanochs und auch sehr viele Kinder Gottes, die sich werden fangen lassen von den schönen Töchtern Hanochs. Jedoch sollen euch Willenlose nicht erreichen die Ströme dieser Fluten, da euch der Wille des Herrn gesetzt hat auf die Gewässer Seiner großen Erbarmungen. Und so ihr irgendetwas benötigen werdet, so wisst ihr ja ohnehin, wo der große Geber ist, der euch nicht verlassen wird, so ihr Ihn nicht verlassen werdet in euren Herzen.
Und nun tritt näher, du Cahin!‘ Und sieh, da trat Cahin hin zum Flammenbruder Ahbel, und Ahbel umarmte ihn, und so wurde er schwarz wie eine Kohle, und seine Haare wurden gekraust wie ein Pelz. Und so geschah auch allen noch fünf Übrigen.
Und da sprach Ahbel: ,Nun, Bruder Atheope bist du frei von jeder Schuld, die daheimgeblieben ist beim Hanoch, und so tu du denn nun nach dem Willen des Herrn! Amen.‘
Und sieh, da verschwand Ahbel, und Atheope aß von den Früchten, fröhlich zum ersten Mal in seinem Leben vollkommen, und tat genau, wie ihm befohlen ward. Und so belebte dann sein letzter Stamm bis auf die heutige Zeit alle Kleinlande in den Gewässern und nach der großen Schlangenbrutvertilgung durch die Fluten von den Himmeln auch die großen Festlande, die ihr heutzutage ,Afrika‘, ,Amerika‘ und ,Australien‘ nennt. Und sein Stamm ist nicht getötet worden durch die Fluten und ist noch derselbe bis zur Stunde dieser letzten Zeit zum Zeugnis der Gräueltaten der damaligen und der jetzigen Zeit Meiner und Hanochs Kinder.“ [HGt.01_024,01- 025,02]


Kains Weiterleben und  Bestimmung

„Und sieh, so lebt noch dieser Atheope natürlich und geistig bis zur Stunde verborgen auf einem Kleinland in der Mitte der großen Gewässer, das nie ein Sterblicher finden wird, als steter Beobachter eures Tuns und Treibens.
Und sieh, er aß und trank Früchte aller Art und zeugte noch siebenhundert Kinder noch tausend Jahre lang. Dann aber wurde er erneuert von Mir und aß und trank nicht mehr, da er gesättigt wurde mit Meiner Liebe für die Ewigkeit, die da ist die beste Speise. Denn wer damit gesättigt wird, der wird den Tod nicht sehen, schmecken und empfinden ewiglich, und es wird ihn dann nimmer hungern nach einer Speise, noch dürsten nach einem Trank. Und sein Sterben wird sein ein lebendiger Austritt vom Leben zum Leben ins Leben des Lebens der Lebendigen durch den Lebendigen, der Ich Selbst bin.
Und so gesättigt lebt Atheope noch bis zur Stunde körperlich als der erste Menschensohn im weiten Angesicht der Erde und kann schauen aller Menschen Tun und Treiben und ist demnach ein alter Zeuge aller Meiner Taten bis auf euch.
Er kannte Noah, Abraham, Moses, all die Propheten und Melchisedek, den Hohenpriester.
Und er war Zeuge Meiner Geburt* und Meiner Neuschöpfung durch das größte aller Meiner Werke, nämlich durch das Werk der Erlösung. Und so wird er auch aufbewahrt bleiben bis zur vollen Daniederkunft Meiner heiligen Stadt, was soeben zu geschehen anfängt**, allda er auch vollends aufgenommen wird als ein treuer Torwächter; denn außer Mir kennt niemand die Schlange so durch und durch wie er, dem sie am meisten zu schaffen gemacht hat.
Und nun sieh, das ist die Geschichte Cahins, euch nun gegeben zum reiflichen Nachdenken über euch selbst, damit ihr euch dadurch desto eher und desto leichter selbst finden mögt und erkennen euer Böses an der Wurzelfaser und zerstören dasselbe in den tiefsten Fundamenten, um sodann in Meiner Liebe wiederzufinden das so lang schon verlorene Paradies und endlich zu werden wahre, getreue Bürger Meiner neuen, großen, heiligen Stadt, wie Ich euer aller allergetreuester, heiligster und allerbester Vater bin von allen Ewigkeiten der Ewigkeiten. Amen.“ [HGt.01_025,03-08]


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* Kains Geist war der innere Führer eines der drei Weisen aus dem Morgenland, und auf diese Weise zugegen bei ihrer Huldigung dem Jesuskind in Bethlehems Stall (s. GS.02_015,06-20).

** Die Niederschrift von ‚Die Haushaltung Gottes‘ begann am 15. März 1840. Die Daniederkunft der heiligen Stadt Gottes geschieht durch die Neuoffenbarung Jesu durch Jakob Lorber (s. GEJ.09_090,02-04 und GEJ.07_054,02-07).


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