Jakob Lober - Glaube, lebendiger - Der Prophet Jakob Lorber

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Der lebendige Glaube


Lebendiger Glaube ist mit Liebe gepaarter Glaube

Jesus: „Seid Täter und nicht alleinige Hörer Meines Wortes!“ Also sagte Ich auch, dass diejenigen, die zu Mir „Herr, Herr!“ sagen, also an den Sohn Gottes glauben, nicht werden in das Himmelreich eingehen, sondern allein nur, die den Willen Meines Vaters tun!
Also sagte Ich auch: „Wer nach Meinem Wort lebt, der ist es, der Mich liebt; wer Mich aber liebt, zu dem werde Ich kommen in aller Fülle und werde Mich ihm Selbst offenbaren!“
Also sagte Ich auch: „Nur ein einziges Gebot gebe Ich euch, dass ihr euch untereinander liebt, also wie Ich euch liebe! Daran wird man erkennen, dass ihr wahrhaft Meine Jünger seid.“
Die Liebtätigkeit habe Ich ja Selbst als das einzig geltende Kriterium angeführt, dadurch man erkennen kann, ob Meine Lehre menschlich oder göttlich ist; denn Ich sagte es ja: „Wer nach Meinem Wort handeln wird, der wird es erkennen, ob Meine Lehre von den Menschen oder von Gott ist!“
Wie heißt es denn hernach hier: „Wer an Mich glaubt, aus dessen Leib oder Lenden werden Ströme des lebendigen Wassers fließen!“? Das lebendige Wasser bezeichnet aber ja auch die lebendige Weisheit aus den Himmeln, welche doch auch als ein sicheres Kriterium über die Göttlichkeit Meines Wortes gelten muss!
Und so hätten wir hier zwei Prüfungsgründe vor uns, wo der eine immer in dem andern seinen Gegner findet. Denn unter dem „Herr, Herr!“-Sagen wird auch der vollkommene Glaube an den Menschensohn verstanden; aber da heißt es, dass dieser Glaube das Himmelreich nicht erwirken wird, – und im vorliegenden Text werden auf den alleinigen Glauben Ströme des lebendigen Wassers verheißen. Nun fragt es sich: War Ich ein Doppellehrer? Oder war Ich einer, der bei jeder Gelegenheit den Mantel nach dem Wind gedreht hat, und habe bei Gelegenheit einer gläubigen Gesellschaft vom alleinigen Wert des Glaubens und bei einer tätigen Gesellschaft vom alleinigen Wert der Tätigkeit gepredigt? Auf diese Weise musste Ich ja in Mir Selbst im offenbarsten Widerspruch stehen.
Die Pharisäer glaubten ja eisenfest an die Satzungen Mosis, und das aus zeitlichen und einst auch geistigen Rücksichten, und dennoch wurden sie sämtlich von Mir ihres Unglaubens willen zu öfteren Malen auf das allerempfindlichste angegriffen. Warum begnügte Ich Mich hier nicht mit ihrem ersten Glauben, und warum griff Ich sie an, dass sie an Mich nicht glauben wollten, und wurden von Mir ‚Täter des Übels‘ genannt, weil sie im buchstäblichen Sinn lebten nach dem Gesetz und wollten sich nicht kehren an Meine Lehre? Warum ließ Ich den das Gesetz allzeit erfüllenden Pharisäer ungerechtfertigt und den mit Sünden belasteten Zöllner gerechtfertigt aus dem Tempel ziehen? Warum überhaupt respektierte Ich denn nicht die Satzung Mosis, dass Ich darum nicht achtete des Sabbats? Warum ärgerte Ich Selbst dadurch die Pharisäer und lehrte Selbst: „Wehe dem, der seinen Nächsten ärgert!“? Ja, Ich gab sogar eine Lehre, laut welcher ein Mensch ein Glied, das ihn ärgert, von sich entfernen solle und solle lieber verstümmelt ins Himmelreich als geraden Wesens in die Hölle eingehen. Sagt hier: Wie verhält sich alles dieses? Ein ganzer Haufen von Widersprüchen liegt vor euch; wie werdet ihr alle diese Widersprüche übereinbringen?  Ich sage euch: Aus euch selbst möchtet ihr aus diesem Labyrinthe wohl nimmer den Ausweg finden; Ich aber will hier, gleich dem Helden Mazedoniens, den Knoten mit einem leichten Hiebe entwirren. Und so hört denn!
Es ist ein Unterschied zwischen dem, was Ich nur sagte, und dem, was Ich anbefohlen habe. Es liegt aber auch ein Unterschied zwischen dem Sagen und Sagen: das eine Sagen ist wie ein verneinendes und das andere wie ein bejahendes. Ein verneinendes ist gleich wie ein naturmäßiges, – ein bejahendes gleich wie ein geistiges. In dem naturmäßigen liegt kein Gebot, aber in dem geistigen liegt ein Gebot.  Darum, wenn es heißt: „Ich sagte nicht“, so heißt das so viel als: „Ich habe es nicht geboten“; und wenn es heißt: „Ich sagte es“, so heißt das so viel als: „Ich habe es geboten.“  
Wenn Ich aber vom Glauben sprach, so verstand Ich darunter allzeit den lebendigen, also mit Liebe gepaarten Glauben; aber einen Glauben für sich allein verwarf Ich allzeit.  Darum sagte Ich euch auch letzthin: „Ich sagte nicht: ‚Wer glaubt an den Menschensohn, aus dessen Lenden werden Ströme des lebendigen Wassers fließen!‘“ Das ist so viel als: „Niemand wird durch den alleinigen Glauben zum Licht gelangen, sondern allein durch die Tat nach Meinem Wort!“
Wie Ich aber hier sage: „Wer an Mich glaubt, aus dessen Leibe werden Ströme des lebendigen Wassers fließen!“, da sage Ich so viel als: „Wer einen lebendigen, also mit Liebe gepaarten Glauben hat, der wird in die Weisheit der Himmel eingeführt werden; und so ihr nur einigermaßen denken könnt, so werdet ihr leicht ersehen, dass damit nur der Himmel unterster Grad verheißen ist. Dass aber auf den lediglichen Glauben gar kein Himmelsgrad verheißen ist, das lehrt euch eure eigene Erfahrung. Denn ihr habt ja auch von Kindheit an geglaubt an Mich; fragt euch aber selbst, wie viele Tropfen irgendeines lebendigen Wassers darum aus eurem Leib geflossen sind. Habt ihr es durch euren vierzig Jahre alten Glauben dahin gebracht, dass ihr in euch zufolge irgendeines lebendigen Wassertropfens die Unsterblichkeit eures inneren Wesens vollkommen evident gefunden hättet?
Ich habe euch jetzt schon so viel des allerechtesten lebendigen Wassers zukommen lassen, und noch seid ihr in so manchem über euer inneres Fortbestehen nach dem Tod des Leibes nicht im reinen. Ich aber bin doch kein Lügner; Ich habe auf den Glauben Ströme des lebendigen Wassers verheißen. Wo sind sie denn bei euch Gläubigen?
Aus dieser eurer eigenen Erfahrung aber könnt ihr ja hinreichend abnehmen, dass Ich als die ewige Wahrheit und Weisheit Selbst im vorliegenden Text unmöglich den alleinigen Glauben habe verstehen können, sondern nur den allen Meinen Jüngern wohlbekannten, mit der Liebe zu Gott und dem Nächsten gepaarten. Denn der alleinige Glaube für sich kann eben so wenig Ersprießliches zum ewigen Leben wirken, als wie wenig ein Ehegatte mit und aus sich selbst Kinder zu zeugen vermag. Er muss sich vermählen mit einer Gattin und kann erst im Brand seiner Liebe Kinder zeugen mit der Gattin. Die Kinder sind in naturmäßiger Bedeutung gleich entsprechend den Strömen des lebendigen Wassers aus den Lenden des Leibes. Zudem besagt eben der ‚Leib‘ oder die ‚Lenden‘ in diesem Text als ein materielles Bild die Liebtätigkeit selbst, und der ganze Text lautet im enthüllten Zustand also: „Wer in seinem Herzen auf Mich hält, dessen Tätigkeit wird ersprießlich sein zum ewigen Leben!“ Aus dieser höchst klaren Bedeutung aber geht ja doch auch höchst klar hervor, dass Ich vom alleinigen Glauben allzeit nur verneinend, aber nie bejahend gesprochen habe; denn sonst hätte Ich Mir ja offenbar vor den Augen und Ohren aller Welt auf das allerschmählichste widersprochen. Wenn demnach irgendwo in Meinem Wort vom Glauben die Rede ist, da ist derselbe allzeit also zu nehmen, als wenn ihr von einer Börse redet. Wer da sagt: „Ich habe ihm meine Börse gegeben!“, da versteht sich das ‚gefüllt‘ von selbst; denn mit einer leeren wird wohl niemand in etwas gedient sein. Also ist es auch, von Meiner Seite aus betrachtet, mit dem Glauben der Fall. Ich verstehe darunter nie den leeren, sondern allzeit den mit Liebe gefüllten.
Darum sage Ich noch einmal: Ich sagte nicht: „Wer an Mich glaubt, aus dessen Leib oder Lenden werden Ströme des lebendigen Wassers fließen!“, – sondern Ich sagte: „Wer an Mich glaubt, aus dessen Leib oder Lenden werden Ströme des lebendigen Wassers fließen!“
Im ersten Verneinungsfall wird bloß der leere Glaube verstanden, der nie auch nur den kleinsten Tropfen des lebendigen Wassers gibt; im zweiten Falle aber wird der gefüllte Glaube verstanden, dem dann freilich die Ströme des lebendigen Wassers folgen, und es ist das, wo Ich darauf bejahend sage: „Wer den Willen Meines Vaters tut, der wird es erkennen, woher die Lehre ist!“ Der Vater aber ist die Liebe, und diese begnügt sich nie mit einem luftigen Schein, sondern ganz allein nur mit dem wirklichen Sein. Was nützt euch des alleinigen Glaubens mattester Laternenschimmer in dem unendlichen Schöpfungsgebiet? Du magst greifen hin und her und blicken auf und ab: matte Strahlen nur kommen dir entgegen; aber  ferne sind diejenigen Dinge, von denen du von weiter Ferne her nichts als matte Strahlen empfängst. Denn dem Schlafenden genügt wohl der Traum. Er hält ihn so lange für Wirklichkeit, als er schläft; wenn er aber erwacht, da sucht er Wirklichkeit und Bestimmtheit überall.
Wie aber, wenn der Mensch sein ganzes irdisches Leben hindurch schläft und hält die Traumgebilde für Wirklichkeiten? Was wird sein, wenn er nach der Ablegung seines Leibes aus solch einem irdischen Traumleben erwacht? Wonach wird er greifen? An was wird er sich halten? Von allen Seiten wird er mit Nacht umlagert sein; woher wird er das Licht nehmen, um die wirreste Nacht um sich zu erleuchten? Ich sage darum: es ist besser für den, der sich hier in allerlei Zweifel gefangengenommen fühlt, denn der bekundet, dass er einen wachen Geist hat, der sich aber noch in der Nacht befindet. Er hat die Nichtigkeit der Traumbilder frühzeitig erfahren und ruft mit großer Sehnsucht den Tag in sich. Aber der Träumer weiß nichts von der eigenen Nacht; er ist ein Herr, tut, was er will, isst und trinkt und meint, alles das sei Wirklichkeit. Wenn er aber erwachen wird, dann erst wird er der großen Leere in sich gewahr werden; aber freilich leider zu spät. Denn wenn der Glaube, der gefüllte nämlich, nicht bei Leibesleben Ströme des lebendigen Wassers aus den Lenden bewirkt, wie soll er es hernach bewirken, wenn die Lenden abgefallen sind? Oder so jemand kein Geld in der dazu geeigneten Börse erhalten kann, wie wird er es denn erhalten, wenn er keine Börse und kein Geld hat? Oder wenn jemand das Leben nicht erhalten kann, wenn er es hat samt dem dazu nötigen Lebenssack, wie wird er es denn erhalten, wenn er des Sackes samt dem Leben ledig wird? Wer nicht sein kann, wenn er ist, – wie wird er denn sein, wenn er nicht ist? Es wird aber nur dem gegeben, der es hat, und der nichts hat, dem wird auch genommen, was er hat!
Ich meine, diese ziemlich gedehnte Erklärung dürfte wohl klar genug sein. Trachtet daher auch ihr nach dem gefüllten Glauben; denn der leere ist nichts als ein purer Traum. Wollt ihr Ströme des lebendigen Wassers aus euren Lenden fließen sehen, da muss euer Glaube durch die Werke der Liebe lebendig werden! Amen.“ [Ste.01_034,04ff]


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