Die Erzählung von der Anbetung der drei Weisen
aus dem Morgenland
Des Hauptmanns Kunde von der persischen Karawane und von
des Herodes Fahndung nach dem Kind. Josephs Sorge und Marias gewichtige
Trostworte.
Am Morgen des
kommenden Tages aber sprach Joseph: „Was sollen wir nun noch länger hier? Maria
ist wieder gestärkt, daher wollen wir aufbrechen und uns nach Nazareth begeben,
wo wir doch eine ordentliche Unterkunft haben!“
Als aber der Joseph
schon sich zum Aufbruch anzuschicken anfing, da kam der Hauptmann, welcher vor
Tagesanbruch schon in der Stadt etwas zu tun hatte, wieder zurück und sprach zu
Joseph: „Gotteswürdiger Mann! Du willst aufbrechen
zur Heimreise, aber für heute, morgen und übermorgen widerrate ich es dir! Denn sieh, soeben sind Nachrichten durch meine
Leute, die heute gar früh schon von Jerusalem angekommen sind, zu meinen Ohren
gekommen, dass da in Jerusalem drei mächtige persische Karawanen
eingezogen sind! Drei oberste Anführer als Magier hatten sich bei Herodes um
den neugeborenen König der Juden angelegentlichst erkundigt! Dieser, von der
Sache als ein römischer Mietfürst aus Griechenland nichts wissend, wandte sich
an die Hohepriester, auf dass sie ihm kundgäben, wo der Neugesalbte geboren
werden soll. Diese aber gaben ihm kund, dass solches in Judäa, und zwar in
Bethlehem, geschehen soll, denn so stünde es geschrieben. Darauf entließ
Herodes die Priester und begab sich mit seiner ganzen Dienerschaft wieder zu
den drei Anführern und gab ihnen kund, was er von den Hohepriestern
erkundschaftet hatte, und empfahl darauf
den dreien, in Judäa ja sorglichst den Neugesalbten der Juden zu suchen und, –
wenn sie ihn fänden, ja alsbald wieder zu ihm zurückzukehren, auf dass auch
dann er käme und dem Kind seine Huldigung darbrächte! Weißt du aber, mein
geliebtester Freund Joseph, dass ich weder den Persern, am allerwenigsten aber
dem überaus herrschsüchtigen Herodes traue? Die Perser sollen Magier sein und
sollen die Geburt durch einen sonderbaren Stern entdeckt haben! – Das will ich
gar nicht in Abrede stellen; denn haben sich hier bei der Geburt dieses
Knäbleins so große Wunder gezeigt, so hat solches auch in Persien geschehen
können. Aber das ist für die Sache eben auch der misslichste Umstand, denn
offenbar geht es diesem Kind an! Finden es die Perser, so wird es auch Herodes
finden und wir werden uns dann sehr auf die Hinterbeine zu stellen haben, um
dem alten Fuchs aus den Krallen zu kommen! Daher musst du, wie gesagt,
wenigstens drei Tage noch hier verweilen an diesem abseitigen Ort, binnen
welcher Zeit ich mit den Königsuchern sicher eine gute Wendung machen werde,
denn sieh, ich gebiete hier über zwölf Legionen Soldaten! – Mehr brauche ich
dir zu deiner Ruhe nicht zu sagen. Nun weißt du das Nötigste, bleibe daher, ich
aber gehe nun wieder und werde um des Tages Mitte wieder zu dir kommen!“
Joseph, durch diese
Nachricht samt seiner Familie eingeschüchtert, blieb und wartete in aller
Ergebung in den Willen des Herrn ab, was da aus dieser sonderbaren Fügung
werden solle. Und er ging hin zur Maria und erzählte ihr, was er soeben vom
Hauptmann gehört hatte!
Die Maria aber
sprach: „Des Herrn Wille geschehe! Was alles für bittere Dinge sind uns schon
bisher begegnet, und der Herr hat sie alle in Honig verwandelt! Sicher werden
uns auch die Perser nichts zuleide tun, falls sie im Ernst zu uns kommen
sollten, und sollten sie an uns irgendeine bedungene Gewalt verüben wollen, so
haben wir ja durch die Gnade Gottes den Schutz des Hauptmanns für uns!“
Und Joseph sagte: „Maria,
das alles ist in der Ordnung! Die Perser fürchte ich auch eben nicht so sehr;
aber den graubärtigen Herodes, dieses reißende Tier in menschlicher Gestalt, der
ist es, den ich fürchte, und auch der Hauptmann scheut sich vor ihm! Denn wird
es durch die Perser allenfalls erwiesen, dass da unser Knäblein der neugesalbte
König ist, dann wird uns nichts als eine schnöde Flucht übrigbleiben! Denn dann
wird auch unser Hauptmann aus staatlichen römischen Rücksichten uns seines
Heiles willen zum Feind werden müssen und wird uns, statt zu retten, nur
verfolgen müssen, will er nicht als ein Abtrünniger und als ein geheimer
Verräter seines Kaisers angesehen werden! Und das sieht er heimlich auch sicher
ein, da er selbst zu mir bezüglich des Herodes nicht unbedeutende Bedenklichkeiten
zu erkennen gab. Darum, meine ich, lässt er uns
auch noch drei Tage hier harren! Geht es gut, so bleibt er sicher unser Freund!
Geht es aber schlecht, so hat er uns aber auch bei der Hand, um uns der
Grausamkeit Herodis auszuliefern, und wird dadurch noch obendrauf von seinem
Kaiser eine große Auszeichnung erhalten, darum er auf eine so feine Art einen
jüdischen König, der einst dem Staat gefährlich werden könnte, aus der Welt
befördert hatte!“
Maria aber sagte
darauf: „Joseph! Ängstige dich und mich nicht vergeblich! Sieh, haben wir doch
das Fluchwasser getrunken, und es ist uns nichts geschehen! Warum sollen wir
uns denn nun ängstigen, da wir doch schon so viel der Herrlichkeit Gottes ob
dieses Kindes gesehen und erprobt haben?! Gehe es,
wie es wolle, ich sage dir: der Herr ist mächtiger denn die Perser, der
Herodes, der Kaiser Roms und der Hauptmann samt seinen zwölf Legionen! Daher
sei ruhig, wie du siehst, dass ich ruhig bin! Übrigens
aber bin ich überzeugt, dass der Hauptmann eher alles aufbieten wird, als bis
er notgedrungen unser Feind werden wird!?“
Damit ward der
gute, frömmste Joseph wieder beruhigt und ging hin und erwartete den Hauptmann
und ließ von seinen Söhnen die Höhle beheizen, und einige Früchte kochen für
Maria und für sich und die Söhne.
Die persische Karawane vor der Grotte. Der erstaunte
Hauptmann. Der drei Weisen gutes Zeugnis über das Kind. Die Warnung vor
Herodes.
Der Mittag war
herangekommen; aber der Hauptmann verzog diesmal. Und Joseph zählte mit banger
Erwartung die Augenblicke, aber der Hauptmann kam nicht zum Vorschein. Darum
wandte sich Joseph zum Herrn und sprach: „Mein Gott und mein Herr, ich bitte
Dich, dass Du mich doch nicht so sehr möchtest ängstigen lassen, denn sieh, ich
bin alt und schon ziemlich schwach in allen meinen Gelenken! Daher stärke mich
durch eine Verkündung, was ich tun soll, um nicht zuschanden zu werden vor
allen Söhnen Israels!“
Als Joseph also
gebetet hatte, sieh, da kam der Hauptmann fast außer Atem und sprach zu Joseph:
„Mann meiner höchsten Achtung! Soeben komme ich von einem Marsch zurück, den
ich selbst mit einer ganzen Legion nahe auf den Drittelweg gen Jerusalem
gemacht habe, um etwas von den Persern zu erspähen, und habe auch allerorts
Spione aufgestellt, aber bis jetzt konnte ich nichts entdecken! Sei aber nur
ruhig; denn wenn sie kommen, müssen sie auf meine
ausgestellten Posten stoßen, da aber soll es ihnen eben nicht zu leicht
werden, irgendwo durchzubrechen und hierher zu gelangen, bevor sie nicht von
mir sind verhört und beurteilt worden! Ich gehe nun darum sogleich wieder und
werde die Wachen verstärken; am Abend bin ich bei dir!“
Hier eilte der
Hauptmann wieder fort, und Joseph lobte Gott und sprach zu seinen Söhnen: „Nun
setzt die Speisen auf den Tisch, und du Salome, frage die Maria, ob sie mit uns
am Tisch essen will, oder sollen wir ihr die Speisen aufs Lager bringen?“
Maria aber kam
selbst mit dem Kindlein ganz heiteren Muts heraus aus ihrem Zelt und sprach: „Weil
ich stark genug bin, will ich bei euch am Tisch essen; nur das Kripplein
schafft her für's Kindlein!“
Joseph aber war
darüber voll Freuden und setzte vor Maria die besten Stücke hin, und sie lobten
Gott den Herrn und aßen und tranken.
Als sie aber noch
kaum abgespeist haben, sieh, da entstand auf einmal vor der Höhle ein starkes
Lärmen. Joseph sandte den Joel, nachzusehen, was es gäbe? Als Joel aber
hinausblickte zur Tür (denn die Höhle war am Ausgang gezimmert), da sah er eine
ganze Karawane von Persern mit belasteten Kamelen und sprach mit ängstlicher
Stimme: „Vater Joseph! Um des Herrn willen, wir sind verloren! – Denn sieh, die
berüchtigten Perser sind hier mit vielen Kamelen und großer Dienerschaft! Sie
schlagen ihre Zelte auf und lagern sich in einem weiten Kreis, unsere Höhle
ganz umringend, und drei mit Gold, Silber und Edelsteinen gezierte Anführer
packen goldene Säcke aus und machen Miene, sich herein in die Höhle zu
begeben!“
Diese Nachricht
machte unseren Joseph beinahe sprachunfähig; – mit großer Mühe brachte er die
Worte heraus: „Herr, sei mir armem Sünder barmherzig! – Ja, jetzt sind wir
verloren!“ – Maria aber nahm das Kindlein und eilte in ihr Zelt damit und
sprach: „Nur wenn ich tot bin, werdet ihr Es mir entreißen!“ Joseph aber ging
nun hin zur Tür, geleitet von seinen Söhnen, und sah verstohlen hinaus, was da
machten die Perser.
Als er aber die
große Karawane und die aufgerichteten Zelte erschaute, da ward es ihm doppelt
bang ums Herz, dass er darob inbrünstigst zu flehen anfing, der Herr möchte ihm
nur diesmal aus solcher großer Not helfen! Als er aber so flehte, sieh, da kam
der Hauptmann in ganz kriegerischer Rüstung, geleitet von tausend Kriegern, und
stellte die Krieger zu beiden Seiten der Höhle auf. Er selbst aber ging hin und
befragte die drei Magier, aus welcher Veranlassung und wie – von ihm so ganz
unbemerkt – sie hierher gelangt seien.
Und die drei sprachen
einstimmig zum Hauptmann: „Halte uns ja nicht für Feinde, denn du siehst ja,
dass wir keine Waffen mit uns führen, weder offene noch verborgene! Wir sind
aber Sternkundige aus Persien, und wir haben eine alte Prophezeiung, in dieser
steht es geschrieben, dass in dieser Zeit den Juden wird ein König der Könige
geboren werden, und seine Geburt wird durch einen Stern angezeigt werden! Und
die da den Stern sehen werden, die sollen sich auf die Reise machen und ziehen
dahin sie der mächtige Stern führen wird, denn sie werden dort den Heiland der
Welt finden, wo der Stern wird seinen Stand nehmen! Sieh aber, ob diesem Stall
steht der Stern, sicher jedermann sichtbar am hellen Tag sogar! – Dieser war
unser Führer hierher: hier aber blieb er stehen ob diesem Stall, und wir haben
sicher ohne allen Anstand die Stelle erreicht, wo das Wunder aller Wunder sich
lebendig vorfindet, ein neugeborenes Kind, ein König der Könige, ein Herr der
Herren von Ewigkeit! Diesen müssen wir sehen, anbeten und Ihm die allerhöchste
Huldigung darbringen! – Daher wolle uns ja nicht den Weg verrammen, denn sicher
hat uns kein böser Stern hierher geführt!“
Hier sah der
Hauptmann nach dem Stern und verwunderte sich hoch über ihn, denn fürs erste
stand er ganz nieder, und fürs zweite war sein Licht nahe so stark wie das
Naturlicht der Sonne. Als der Hauptmann aber sich von alldem überzeugt hatte,
da sprach er zu den dreien: „Gut, ich habe nun aus euren Worten und aus dem
Stern die Überzeugung erlangt, dass ihr redlichen Sinns hierhergekommen seid,
aber nur sehe ich nicht ein, was ihr zuvor in Jerusalem bei Herodes zu tun
hattet! Hat euch der Stern auch jenen Weg gezeigt? Warum hat euch denn euer
Wunderführer nicht sogleich hierher geführt, indem doch sonach sicher hier der
Ort eurer Bestimmung ist? Darüber verlange ich noch eine Antwort von euch, sonst
kommt ihr nicht in die Höhle!“
Die drei aber
sagten: „Der große Gott wird das wissen! – Sicher muss es in Seinem Plan
liegen, denn keiner von uns hatte je den Sinn gefasst, sich Jerusalem auch nur
von fern zu nahen! Und du kannst uns völlig glauben, uns gefielen die Menschen
in Jerusalem gar nicht, am wenigsten aber der Fürst Herodes! Da wir aber schon
dort waren und aller Stadt Aufmerksamkeit auf uns gerichtet war, so mussten wir
doch zeigen, was da ist unsere Absicht! Die Priester gaben uns Kunde durch den
Fürsten, der uns bat, dass wir ihm wieder die Kunde überbringen sollen von dem
gefundenen König, auf dass auch er käme und brächte dem neuen König seine
Huldigung dar!“
Der Hauptmann aber
sprach: „Das werdet ihr nimmer tun; denn ich kenne die Absicht dieses Fürsten! –
Eher bleibt ihr hier als Geiseln! – Ich aber gehe nun hinein und will mich mit
dem Vater des Kindes über euch besprechen!“
Die Anbetung des Kindes durch die drei Weisen. Ihre
Geister: Adam, Kain, Abraham.
Als der gute Joseph
alles das vernommen hatte, da ward es ihm leichter ums bedrängte Herz, und da
er vernommen hatte, dass der Hauptmann zu ihm kommen werde, so machte er sich
auf seinen Empfang bereit. Und der Hauptmann trat ein, grüßte den Joseph und
sprach dann zu ihm: „Mann meiner höchsten Achtung! Sieh, durch wunderbare
Fügung sind diese draußen nun harrenden Morgenländer hierhergekommen, ich habe
sie scharf geprüft und habe an ihnen nichts Arges entdeckt! Sie wünschen dem
Kind nach der Beheißung ihres Gottes ihre Huldigung darzubringen, und so bin
ich der Meinung, du kannst sie ohne der allergeringsten Furcht hereinlassen,
wenn es dir gelegen ist.“
Und Joseph sprach:
„Wenn es so ist, da will ich meinen Gott loben und preisen, denn Er hatte
wieder einen glühenden Stein von meinen Herzen genommen! Aber es hat sich zuvor
(vorhin) die Maria etwas entsetzt, als sich die Perser um diese Höhle zu lagern
anfingen, darum muss ich doch zuvor nachsehen, wie sie bestellt ist, auf dass
da ein unvorbereitetes Eintreten dieser Gäste sie nicht noch mehr erschreckt
als sie sich schon ehedem vor ihnen erschreckt hat.“
Der Hauptmann aber
billigte diese Vorsicht Josephs, und Joseph ging hin zur Maria und
benachrichtigte sie von allem, was er vom Hauptmann vernommen hatte. Und Maria
ganz heiteren Mutes sprach: „Friede allen Menschen auf Erden, die eines
heiteren und guten Herzens sind und haben einen Willen, der sich von Gott
lenken lässt! Die sollen nur kommen, wenn es ihnen des Herrn Geist anzeigen
wird, und sollen den Segen ihrer Treue ernten! Denn ich habe nicht die
allergeringste Furcht vor ihnen! Aber wenn sie eintreten werden, musst du mir
doch recht nahe zur Seite stehen; denn es würde sich doch nicht schicken, dass
ich sie ganz allein empfinge in diesem Zelt!“
Joseph aber sagte:
„Maria, so du Kraft hast, da stehe auf mit dem Kind, nimm das Kripplein und
lege Es vor dir in dasselbe, und dann können die Gäste eintreten und dem Kind
ihre Ehre geben?!“
Und Maria vollzog
sogleich diesen Willen Josephs, und Joseph sprach darauf zum Hauptmann: „Sieh,
wir sind bereit, so da die drei eintreten wollen, da können wir es ihnen schon
andeuten, dass wir nach unserer Armut ganz auf ihren Empfang bereit sind!“
Und der Hauptmann
ging hinaus und kündigte solches den dreien an. – Die drei aber fielen alsbald
zur Erde nieder, lobten Gott für diese Gestattung, nahmen dann die goldenen
Säcke und begaben sich allerehrfurchtsvollst in die Höhle. Der Hauptmann
öffnete die Tür, und die drei traten mit der allerhöchsten Ehrfurcht in die
Höhle, denn es ging im Augenblick ihres Eintretens ein mächtiges Licht vom Kind
aus.
Als sie, die drei
Weisen nämlich, sich auf ein paar Tritte dem Kripplein, darin das Kindlein lag,
näherten, da fielen sie alsbald auf ihre Angesichter nieder und beteten
Dasselbe an. Bei einer Stunde lang lagen sie, von der höchsten Ehrfurcht ergriffen
und gebeugt, vor dem Kind, dann erst erhoben sie sich langsam und richteten
kniend ihre mit Tränen befeuchteten Angesichter auf und besahen den Herrn, den
Schöpfer der Unendlichkeit und Ewigkeit.
Die Namen der drei
aber waren: Chaspara, Melcheor und Balthehasara*.
Und der erste, in Gesellschaft des Geistes Adams, sprach: „Gebt Gott die Ehre,
das Lob, den Preis! Hosiana, Hosiana Gott, dem Dreieinigen von Ewigkeit zu
Ewigkeit!“ Hier nahm er den goldgewirkten Beutel, in dem dreiunddreißig Pfund
feinsten Weihrauchs waren, und übergab ihn mit der größten Ehrerbietung der
Maria mit den Worten: „Nimm ohne Scheu, o Mutter, dies geringe Zeugnis dessen,
davon mein ganzes Wesen ewig erfüllt sein wird! – Nimm hin den schlechten
äußeren Tribut, den jedes denkende Geschöpf aus dem Grund seines Herzens seinem
allmächtigen Schöpfer schuldet für ewig!“
Maria nahm den
schweren Beutel und übergab ihn dem Joseph, und der Spender erhob sich, stellte
sich hin zur Tür und kniete da abermals nieder und betete den Herrn in dem Kind
an.
Und alsbald erhob
der zweite, der da ein Mohr war und des Kain Geist in seiner Gesellschaft
hatte, einen etwas kleineren Beutel, aber von gleichem Gewicht, gefüllt mit
reinstem Gold, und überreichte ihn der Maria mit den Worten: „Was dem König der
Geister und der Menschen auf Erden gebührt, bringe ich da, ein kleinstes Opfer,
Dir, Du Herr der Herrlichkeit ewig! – Nimm es hin, o Mutter, die du geboren
hast, das aller Engel Zunge ewig nie wird auszusprechen imstande sein!“
Hier übernahm Maria
den zweiten Beutel und übergab ihn dem Joseph! Und der opfernde Weise erhob
sich und ging hin zum ersten und tat, was dieser tat.
Sodann erhob sich
der dritte, nahm seinen Beutel, gefüllt mit allerfeinster Goldmyrrhe, einer
damals allerkostbarsten Spezerei, und übergab ihn der Maria mit den Worten: „Der
Geist Abrahams ist in meiner Gesellschaft und sieht nun den Tag des Herrn, auf
den er sich so mächtig gefreut hat! Ich aber, Balthehasara, opfere hier in
kleiner Gabe, was da gebührt dem Kind der Kinder! – Nimm es hin, o Mutter aller
Gnade! Ein besseres Opfer aber berge ich in meiner Brust; es ist die Liebe,
diese soll diesem Kind ewig ein wahrstes Opfer bleiben!“
Hier nahm Maria den
ebenfalls dreiunddreißig Pfund schweren Beutel und übergab ihn dem Joseph. Der
Weise aber erhob sich dann auch und ging hin zu den zwei ersten, betete an das
Kindlein und ging nach vollendetem Gebet mit den ersten zweien hinaus, da (wo)
ihre Zelte aufgerichtet waren.
* HAHASVAR (Hüter der Gestirne) ist der Älteste und Weiseste. Er zählt volle dreimal dreißig Jahre. MEILIZECHIORI (Habe das Gesicht oder die Wissenschaft, die Zeit zu messen) zählt achtzig Jahre, und OU LI TESAR (Willensbeschwörer oder -nötiger) siebzig volle Jahre (s.Großes Evangelium Johannes Bd.6, Kap.37, V.9).
Marias Hinweis auf die Gnadenführung Gottes. Josephs
Redlichkeit und Treue. Die drei gesegneten Geschenke Gottes: Sein heiliger
Wille, Seine Gnade und Seine Liebe.
Als die drei Weisen aber völlig
wieder draußen waren und sich zur Ruhe begeben hatten in ihren Zelten, da sagte
Maria zu Joseph: Sieh, „sieh nun, du ängstlicher, sorgenerfüllter Mann, wie
herrlich und gut der Herr, unser Gott, ist, wie gar so väterlich Er für uns
sorgt! Wer hätte von uns sich je im Traum etwas solches können beifallen
lassen? – Aus unserer großen Angst hat Er solch einen Segen für uns bewirkt und
hat all unsere große Furcht und Sorge in eine so große Freude verwandelt! Von
denen wir befürchteten, dass sie nach dem Leben des Kindes trachten möchten,
gerade von denen haben wir erlebt, dass sie Ihm nur eine Ehre dargebracht
haben, wie wir sie nur immer Gott, dem Herrn, schuldig sind, und haben uns noch
obendrauf so reichlich beschenkt, dass wir uns um den Wert der Geschenke ein
sehr ansehnliches Landgut völlig zu eigen ankaufen können und können dort für
die Erziehung des göttlichen Kindes sicher nach dem Willen des Herrn bestens
sorgen! O Joseph! Heute erst will ich dem allerliebevollsten Herrn danken, Ihn
loben und preisen die ganze Nacht hindurch, denn Er ist nun unserer Armut auch
so sehr zuvorgekommen, dass wir uns jetzt recht gütlich behelfen können! Was
sagst denn du dazu, lieber Vater Joseph?“
Und Joseph sprach: „Ja, Maria,
unendlich gut ist Gott, der Herr, denen, die Ihn lieben über alles und alle
ihre Hoffnung auf Ihn allein richten, aber ich meine nicht uns, sondern dem
Kind gelten die Geschenke, und wir haben demnach nicht das Recht, sie zu
gebrauchen nach unserem Gutdünken. Das Kind aber heißt 'Jesus' und ist ein Sohn
des Allerhöchsten; daher müssen wir zuerst den allerhabensten Vater fragen, was
da mit diesen Schätzen geschehen soll?! Und was Er damit anordnen wird, das
wollen wir auch tun, ohne Seinen Willen aber will ich sie nicht anrühren mein
Leben lang und will dir und mir lieber auf die beschwerlichste Art von der Welt
ein gesegnetes Stückchen Brot verdienen! Habe ich dich und meine Söhne doch bis
jetzt durch die vom Herrn gesegnete Arbeit meiner Hände ernährt, also werde ich
es mit der Hilfe des Herrn auch noch fürder zu tun vermögen! Daher sehe ich
nicht auf diese Geschenke, sondern allein auf den Willen des Herrn und auf
Seine Gnade und Liebe. Das sind die drei größten, uns allzeit mächtig segnenden
Geschenke Gottes! Sein heiliger Wille ist mir der köstlichste Weihrauch, Seine
Gnade das reinste und schwerste Gold und Seine Liebe die allerköstlichste
Myrrhe. Diese drei Schätze dürfen wir allzeit ohne Scheu verschwenderisch
gebrauchen; – aber dieser Weihrauch, dieses Gold und diese Myrrhen da in den
goldenen Säcken dürfen wir nicht anrühren ohne den ersten drei Hauptschätzen,
die uns bis jetzt noch immer die reichlichsten Interessen abgeworfen haben.
Also, liebe Maria, wollen wir tun, und ich weiß, der Herr wird uns darum mit
großem Wohlgefallen ansehen, Sein Wohlgefallen aber sei uns der allergrößte
Schatz! Was meinst du, holdeste Maria, habe ich recht oder nicht? Ist also
nicht am besten mit diesen Schätzen die rechte Bestimmung getroffen?“
Hier wurde Maria bis zu Tränen
gerührt und lobte die Weisheit Josephs. Und der Hauptmann fiel dem Joseph um
den Hals und sprach: „Ja, du bist noch ein wahrer Mensch nach dem Willen deines
Gottes!“ – Das Kindlein aber sah den Joseph lächelnd an, hob ein Händchen auf
und tat, als segne Es den Nährvater, den frömmsten Joseph.
Ein Engel als Ratgeber der drei Weisen; ihr Abzug nach
dem Morgenland.
Die drei Weisen
aber traten in einem Zelt zusammen und besprachen, was sie nun tun sollten.
Sollten sie dem Herodes das gegebene Wort halten, oder sollten sie hier zum
ersten Mal wortbrüchig werden? Und so sie einen anderen Weg in ihr Land
einschlagen sollten, da frage es sich, welchen, der sie sicher brächte in ihr
Land wieder? Und einer fragte den anderen: „Wird wohl der wunderbare Stern, der
uns hierher geführt hatte, uns auch wieder anderen Wegs nach Hause führen?“
Als sie sich aber so
berieten, sieh, da trat auf einmal ein Engel unter sie und sprach zu ihnen:
„Sorgt euch nicht vergeblich, der Weg ist schon gebahnt! So gerade, als da
fällt der Sonne Strahl auf die Erde am Mittag, ebenso geraden Wegs sollt ihr morgen
in euer Land anderen Wegs denn über Jerusalem geleitet werden!“
Darauf verschwand
der Engel, und die drei begaben sich zur Ruhe. Und früh am Morgen zogen sie von
da hinweg und gelangten auf dem kürzesten Weg bald wieder in ihr Land, wo sie
vielen Freunden die große Ehre Gottes verkündeten, und weckten sie wieder im
rechten Glauben an den einigen Gott.
Jugend Jesu Kap.28-32.
Anmerkung: Es gab noch ein zweites Wiedersehen der drei Weisen mit dem Herrn, was im
Großen Evangelium Johannes Bd.6, Kap.37-40
beschrieben ist.