Jakob Lorber Tempelreinigung - Der Prophet Jakob Lorber

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Die Entsprechung der Tempelreinigung
- Die Reinigung des Tempels im Menschen -


Der Tempel stellt den Menschen dar in seiner naturmäßig-weltlichen Sphäre. In dem Tempel aber wie im Menschen befindet sich ein Allerheiligstes; deshalb soll aber auch das Äußere des Tempels geheiligt und lauter gehalten werden, auf dass das Innerste als Allerheiligstes des Tempels wie des Menschen nicht entheiligt werde!
Es ist das Allerheiligste des Tempels zwar wohl durch einen starken Vorhang bedeckt, und es darf nur zu gewissen Zeiten der oberste Priester allein in das Allerheiligste treten. Aber der Vorhang und ebenso wenig der nur selten gestattete Besuch des Allerheiligsten ist ein Schutz vor der Entheiligung des Allerheiligsten, denn so da jemand mit seinem Leib sündigt, da verunreinigt er nicht nur den Leib, sondern auch seine Seele und durch sie auch seinen Geist, der in jedem Menschen das Innerste und Allerheiligste darstellt und es auch wirklich ist. Es ist im Menschen dieses Allerheiligste, so wie eben dasselbe entsprechend im Tempel, tiefst hinter einen starken Vorhang gestellt, und nur der alleinigen Liebe zu Gott, die ein echtester Oberpriester Gottes in jeglichem Menschen ist, ist es gestattet, straflos in dies Allerheiligste zu dringen und zu lüften den Vorhang; so aber dieser einzige Oberpriester im Menschen selbst unrein wird, indem er sich an unreine weltliche Dinge hängt und mit ihnen eine gemeine Sache macht, wie soll da das Allerheiligste unentheiligt bleiben, so es von einem unreinen Oberpriester besucht wird?!
Wenn sonach im Tempel wie im Menschen alles unrein geworden ist, dann kann es vom Menschen aus auch nicht mehr gereinigt werden, denn so der Besen voll Kot und Unflats ist, wie soll es taugen zur Reinigung eines Gemachs?! Da muss dann leider Gott Selbst die Hand ans Werk legen und mit Gewalt den Tempel reinigen, und zwar durch allerlei schmerzliche Dinge, als da sind Krankheiten aller Art und andere scheinbare Unglücksfälle, auf dass der Tempel rein werde.
„Verkäufer“ und „Käufer“ sind die niederen, unreinen Leidenschaften im Menschen, das zum Verkauf gebotene Vieh stellt die unterste Stufe tierischer Sinnlichkeit dar und zugleich auch die dadurch erzeugte große Dummheit und Blindheit der Seele, deren Liebe gleich der eines Ochsen ist, dem sogar die sinnliche Zeugungs- und Geschlechtsliebe mangelt, und den allein noch die allergröbste polypenartige Fressliebe belebt, und dessen Erkenntnis gleich ist dem bekannten Erkenntnisvermögen der Schafe!
Was besagen denn hernach die Wechsler und ihre Geldgeschäfte? Diese besagen und bezeigen im Menschen alles das, was da hervorgeht aus der schon ganz tierisch gewordenen Eigenliebe des Menschen; denn das Tier liebt nur sich, und ein Wolf frisst den anderen auf, so er Hunger hat. Diese „Wechsler“ oder solche tierische Eigenliebe muss sonach auch mit aller schmerzlichen Gewalt hinausgeschafft werden aus dem Menschen, und alles das, was diese Liebe belebt, muss umgeworfen und verschüttet werden!
Ja, warum denn nicht ganz vernichtet? Weil auch solcher Liebe nicht die Freiheit benommen werden darf, denn der edle Same oder das Weizenkorn wird in einem mit tierischem Unrat wohlgedüngten Acker am besten fortkommen und eine reiche Ernte geben. Würde man aber dem Acker den Dünger ganz nehmen, um ihn gleichsam von allem Unrat vollends rein zu machen, so würde dadurch das edle Weizenkorn nur schlecht fortkommen und sicher eine sehr missliche Ernte abgeben.
Der Unrat, der anfangs haufenweise auf den Acker gebracht wird, muss auseinander geworfen und verschüttet werden, so wird er dann dem Acker dienen; würde man ihn aber im großen Haufen beisammen lassen, da würde er, wo er liegt, alles ersticken und den anderen Ackerteilen nichts nützen. Darin liegt daher der entsprechende Grund in der evangelischen Tempelreinigungsgeschichte, dem zufolge Gott der Wechsler Geld nur verschüttet und nicht völlig vernichtet hat, was Ihm wohl auch sehr leicht möglich gewesen wäre.
Was stellen aber dann die im Inneren des Tempels befindlichen Taubenkrämer vor, die auch hinaus und auf ihre alten angewiesenen Plätze weichen müssen? Darunter wird begriffen die äußere Tugend, die da besteht in allerlei Zeremonie, Anstand, Höflichkeit, Artigkeit u.a.m. in rein weltlicher Beziehung, die aber die Blindheit der Menschen zu einem inneren Lebenswert erheben und darin das wahre Leben des Menschen wurzeln machen will.
Die Taube ist ein Lufttier, und da sie im Orient häufig als Briefbote, besonders in Sachen der Liebe, benutzt war und daher auch entsprechend schon bei den alten Ägyptern als Hieroglyphe die zärtliche und zierliche Konversation bedeutete, so diente sie als Zeichen solcher Konversation im Tempel und war auch ein gewöhnliches und entsprechend sinnbildliches Opfertier, das gewöhnlich junge Eheleute bei der Erstgeburt im Tempel als ein Zeichen zum Opfer brachten, dass sie nun solcher äußerer Botschaften, Artigkeiten und zeremoniellen Zierereien ledig geworden und nun in die wahre, innere, lebengebende Liebe eingegangen sind.
Nun aber gehört – der Ordnung aller Dinge nach – das Äußerste ins Äußerste; die Rinde darf nie im Mark des Baums sich befinden, da sie an und für sich etwas ganz Totes ist, sondern alles, was zur Rinde gehört, muss sich auch in der Rinde lagern. Die Rinde aber ist dem Baum von großem Nutzen, so sie auf ihrem Platz in gerechtem Maß vorkommt. So aber jemand wollte die Rinde ins Mark des Baums schieben, indem er zuvor dem Baum das Mark nähme, da müsste dann der Baum ja auch sobald verdorren und sterben.
Und so werden zum Zeichen, dass die Menschen alle die äußerlichen Tugenden nicht zur Sache des inneren Lebens machen sollen, wodurch der edle Mensch bloß zu einer Konversationspuppe wird, diese Taubenkrämer als im weiten Sinn alle Äußerlichkeiten, und im engeren Sinn alle die Meister dieser Äußerlichkeiten, die ihre Ware zur inneren Lebensware zu erheben bemüht sind, von Gott ebenfalls, nur etwas artiger, aus dem Tempel geschafft und auf ihren ordentlichen Platz verwiesen. Das ist demnach der geistige Sinn der vorliegenden Tempelreinigung, und aus der richtigen und unwandelbaren Entsprechung zwischen dem Menschen und Tempel lässt sich auch erkennen, dass derart nie ein Mensch, sondern nur Gott allein als die ewige Weisheit, die alles sieht und kennt, so handeln und reden kann.
Warum aber bleibt nach solcher Fegung der Herr noch nicht im Tempel? Weil Er allein weiß, wie das Innere des Menschen bestellt sein muss, damit Er im Menschen eine bleibende Wohnstätte nehmen kann. Zugleich darf dem Menschen nach einer solchen Fegung die Freiheit nicht genommen werden, da er sonst zu einer Puppe würde. Der Herr darf Sich sonach dem gewaltsam gefegten inneren Menschen noch nicht anvertrauen, denn Er allein weiß es, was zur vollen Herstellung des inneren Menschen nötig ist. Daher geht der Feger wieder aus dem Tempel und fließt wie zufällig von außen herein in das Innere des Menschen ein und fügt sich nicht den Anforderungen des Menschen, dass Er bei und in ihm bliebe und ihn unterstütze in der Trägheit, sondern da muss der Mensch wieder zur vollen Selbsttätigkeit erwachen und durch sie erst ein vollkommener Mensch werden.


Großes Evangelium Johannes Bd.1, Kap.16


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