Jakob Lorber - Geht gerne auf die Berge - Der Prophet Jakob Lorber

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Geht gerne auf die Berge


Jesus spricht:
„Geht gerne auf Berge!
Denn auch Ich, als Ich im Leib wandelte auf der Erde,
ging häufig auf Berge.
Auf einem Berg ward Ich verklärt;
auf einem Berge trieb Ich den größten Versucher von dannen;
auf einem Berg predigte Ich das Himmelreich;
auf einem Berg betete Ich, und
auf einem Berg ward Ich gekreuzigt!“
Erde, Kap.29, V.9



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Segen in den Bergen, richtige Zeit und Art der Besteigung

„Liebe Kinder, so ihr Mir nachfolgt, da folgt Mir vollkommen in allem nach!
Habt nicht Lust, zu wandeln in „tiefen Tälern, Gräben und Schluchten“, die da oft sind voll Ungeziefers, unreiner Luft und nicht selten voll Haders, voll Zankes, Hasses und aller Dieberei und gegenseitigen Fluches unter den Nachbarn, sondern geht mit Mir gerne auf „Berge und Höhen“! Da sollet ihr allzeit entweder eine Bergpredigt oder eine Verklärung oder eine Sättigung mit wenig Brot oder eine Reinigung vom Aussatz oder einen Sieg über die stärksten Versuchungen, eine Erweckung vom geistigen Tod und derart vieles und für euch jetzt noch Unaussprechliches erfahren!
Ja, nehmt sogar Kinder mit, und ihr sollt den Segen der Berge auch an ihnen gar deutlich erkennen. Und wer da ist schwachen Leibes, der soll nicht fürchten die gesegneten Berge, denn ihre Scheitel sind umflossen vom stärkenden Hauch der Geister des Lebens. Fürwahr, auf den Bergen und Höhen, da drehen sich selige Reihen und schmücken die duftenden Scheitel mit goldenen Blumen der ewigen Liebe.
O prüft noch heute Bewohner der Berge, ob sie nicht zumeist groß beschämen die Haderer der Täler, der Dörfer, der Märkte und Städte. Die christliche Gastfreundlichkeit wohnt ungeschändet nur noch auf Bergen! Verträgliche Eintracht wohnt nicht in den Städten der Tiefe, in Tälern und Gräben; auf Bergen nur müsst ihr sie suchen; da ist sie zu Hause, wie unter den Pflanzen, so unter den Tieren und eben nicht selten auch unter den Menschen.
O lasst zwei Feinde betreten die duftenden Scheitel der Alpen! Ihr werdet nicht selten erfahren und sehen, dass die Feinde als Freunde sich kosen.
Und schaut zurück auf die ersten der Väter auf Erden! Sie wohnten auf Höhen der Berge! Vom himmelan ragenden Sinai gab Ich dem Mose die heiligen Tafeln, auf welchen mit goldenen Zeichen des ewigen Lebens gar freie Gesetze den Menschen der schmutzigen Tiefe gezeichnet und eingegraben einst waren. Ich brauche euch nicht mehr von allen den heiligen Bergen zu sagen, auch nicht von der Schule der Seher und Künder des ewigen Wortes aus Mir.
So geht nur öfter auf Berge und weilt recht gerne auf selben! Da werdet ihr allzeit in Fülle den Segen der ewigen Liebe des heiligen Vaters erfahren.
Der Kulm [Anm. Höhe 497 m], schon einmal von Mir euch geraten, wird geben dem, welcher aus Liebe zu Mir wird besteigen den grünenden Scheitel, was einstens der Tabor dem Petrus, Jakobus und Meinem Johannes. – Doch hört, Ich sage nicht „Muss“ und nicht „Soll“ – nur wer kann und wer will, folge Mir, Seinem Meister und Vater, so wird er gar bald auch erfahren, warum Ich die Predigt des Himmels vom Berg zum Volk gesprochen! – Die Zeit steht euch frei, doch je eher, je besser, das merkt euch! Amen.
Das sage Ich, Vater, ganz heilig, voll Liebe zu euch! Hört es! Amen, Amen, Amen.“ [HiG.01_41.05.15,02-08]

„Was die Berge noch lehren und predigen, davon kann sich ein jeder unbefangen denkende Gebirgsbesteiger auf den ersten Blick überzeugen. Er kann in seinem Gefühl recht klar und deutlich Worte vernehmen, welche also lauten dürften: „Siehe uns an, du staubbelasteter Erdenpilger, wie frei und unabhängig wir von unseren hohen Scheiteln in die weite Ferne der Schöpfungen Gottes dahin blicken! Eine freie Luft weht um unsere Stirnen, und der Sonne Strahl bricht sich sanft über unseren hohen Rücken! Kein Grenzstein sagt hier dem Wanderer: „Bis hierher und nicht weiter!“, sondern wo immer er seinen Fuß hinsetzt, betritt er mehr als seinen eigenen Boden. Denn von dem Boden, auf welchem er geboren ward, muss gesteuert werden; wir aber sind ohne Grenzsteine, und für unsere Scheitel wird keine Steuer entrichtet. Daher bist du, Wanderer, auf unseren Höhen vollkommen zu Hause!“
Dass diese Worte vollkommen richtig sind, davon kann sich ein jeder leicht überzeugen, wenn er je solche hohen Triften der Gebirge betritt. Wie da seine Augen einen weit gedehnten Sehkreis bekommen, also bekommt auch sein Gemüt einen weit gedehnten Gefühlskreis, und dadurch werden seine Gedanken mit dem Gefühle vereinigt. Und er, der vielleicht noch nie im Herzen gedacht hat, empfindet nun zum ersten Male, wie süß, lieblich und frei die Gedanken des Herzens schmecken und um wie vieles weiter sie sich über den Horizont des gewöhnlichen Verstandes erstrecken.
Ja, hier lernt der unbefangene Wanderer – wenn er nicht mit verstopften Ohren und verbundenen Augen solche Höhen betritt – was das heißt: frei sein in der Höhe seiner Gedanken und in der Tiefe seines Gefühls, und wie selig es ist, wenn diese zwei sich unbefangen die Hände reichen können, und wie selig da der Gedanke an Gott ist, wenn Ihn der Wanderer aus der Tiefe seines Herzens frei bekennen und Ihn lieben und anbeten kann in dem freien, großen Tempel der Unendlichkeit!
Sagt Mir, welcher nur einigermaßen innerlich geweckte Mensch wird nicht von diesem heiligen Gefühl beseelt sein, so er sich an einem heitern Morgen auf einer solchen geheiligten Höhe befinden möchte?!
Der Mensch kann zwar auch in der Tiefe Heiliges und Großes denken; aber es geht ihm dabei, wie wenn er mit ziemlich hungrigem Magen in einem Buch die Beschreibung einer guten Mahlzeit liest, bei welcher Gelegenheit ihm die wirkliche Mahlzeit ums hundertfache lieber wäre denn hundert noch vortrefflichere Mahlzeitbeschreibungen, von denen er aber dessen ungeachtet dennoch nichts herab beißen kann.
Also ist auch auf solchen Höhen ein inneres Gefühl und die innere Wahr-nehmung gerade um so viel kräftiger und mächtiger gegen das, was er in seiner Kammer empfindet, als um wie viel da kräftiger und mächtiger ist eine wirkliche Mahlzeit gegenüber einer beschriebenen. Oder welcher Mensch hat ein lebendigeres Gefühl: einer, der seine lebendige zukünftige Braut am Arm führt, oder derjenige, der sich dieselbe mit den allerschönsten Farben kunst-gerecht entweder gemalt oder beschrieben hat? Sicher wird ein jeder die lebendige ergreifen und wird dem andern sein Gemälde und seine Beschreib-ung unangetastet lassen!
Also ist es auch hier der Fall! – Auf solchen Höhen findet der Wanderer gast-freundlichst dasjenige, was ihm in der Tiefe alle Mühe und Anstrengung nicht zu geben vermag. Daher ist es wohl gar gut und nützlich in jeder Hinsicht, sich zu öfteren Malen die Mühe nicht gereuen zu lassen, eine oder die andere Gebirgshöhe zu besteigen.
Der Gewinn ist ja ein doppelter und reichlicher: Fürs erste werden dadurch alle naturmäßigen Lebensgeister gestärkt. Jedoch ist dieser Gewinn der geringere, obschon eine Gebirgsbesteigung besser ist denn zehn Apotheken und eben so viele der renommiertesten Ärzte.
Bei weitem größer aber ist der Nutzen für den Geist, weil er da eine so große Stärkung von seiner ursprünglichen Heimat aus bekommt. Wer von euch, so er Gebirge bestiegen hat, wird sich dessen nicht erinnern, dass ihm zwischen den hohen Alpen traulicher und heimlicher zu Gemüte war, als wenn er sich in einer noch so volkreichen Stadt befinden möchte?! – Woher rührt denn solches Gefühl?
Frage nur die Berge, und sie werden dir alsbald durch eben dieses Gefühl sagen: „Siehe, was dir dein inneres Gefühl – freilich wohl noch etwas dunkel – sagt, ist volle Wahrheit. Denn hier bist du wahrhaft zu Hause, und zwar im Kreise deiner vielen Voreltern, welche sich in entsprechender Weise schon lange hier überselig befinden!“ - Seht, solches alles lehren auch die Berge!“ [HiG.02_42.05.25,01-15; Gr.01_011]

„Wenn ihr euch […] bei guter Gelegenheit auf irgendeinen Berg von einer bedeutenderen Höhe begebt und euch daselbst solche [lebendige, selige und stärkende] Gefühle anwandeln, so könnt ihr daraus sicher schließen und sagen: „Ja das sind wahrhaft heimatliche Gefühle! Wie süß und angenehm sind sie, und wie herrlich muss es sein für diejenigen, welche sich schon für ewig in diesem stillen Heimatland befinden!“
Denn ihr könnt es glauben, dass solche Gefühle nicht etwa allein Wirkungen der für sich dastehenden Höhen sind, sondern sie entstammen den euch umgebenden seligen Geistern, die gleich Mir euch vorangegangen sind, um für euch eine bleibende Stätte zu bereiten.
Doch müsst ihr dabei etwa nicht einseitig sein und denken: Dieser oder jener Berg ist es, wo solche Wohnungen im Geiste aufgerichtet sind! – sondern was hier gesagt ist, das gilt zumeist von jedem Berg, auf welchem die Grenzsteine des zeitlichen Eigentumsrechtes weit voneinander abstehen.
Ähnliche Gefühle mögt ihr wohl auch schon auf unbedeutend hohen Hügeln gewahren; aber lebendig werden sie erst da, wo die Axt des Holzhauers nichts mehr zu tun hat.
Solches also erzählen, lehren und predigen euch die Berge!“ [HiG.02_42.05.25, 40-44]

„Auf Berge gehen ist wohl gut und recht, aber nicht zu jeder Zeit! Und wer von der Besteigung eines Berges einen Nutzen haben will für Leib, Seele und Geist, der muss es in Meinem Namen tun und am Berge recht von ganzem Herzen zu Mir beten und Mir allein die Ehre geben. So werde Ich ihn segnen und machen, dass er auf der Höhe nur von den reinsten Geistern umhütet wird, wodurch dann sein Leib, seine Seele und Geist über die Maßen erheitert und dreifach gestärkt wird.
Es muss aber auch eine rechte Zeit sein, wie solches schon oben bemerkt wurde. Die rechte Zeit aber ist der halbe Monat September und von da weiter bis zum halben Oktober; und im Frühling vom halben Mai bis zum halben Juni. – Um diese Zeit beziehen die reinsten Geister die Höhen und segnen alles, was sich da befindet in Meinem Namen.
Aber vor und nach dieser Zeit, als etwa im Winter oder im hohen Sommer, ist es nicht gut und rätlich die Berge zu besteigen. – Fürs erste, weil da auf den Höhen gewöhnlich nur die unreinen Geister ihr Wesen und allerlei heimlichen, argen Mutwillen treiben und eine große Freude haben, jemandem irgendeinen Leck anzuhängen. – Und fürs zweite, weil zu der Zeit die Höhen nicht in Meinem Segen stehen und demnach dem Wanderer und Besucher sind wie eine Stiefmutter ihren Stiefkindern!
So aber jemand eines sehr frommen Gemütes ist und hat nötige Geschäfte auf irgendeinem Berge zu verrichten, der gehe in der Nacht hinauf und gehe wieder zurück, wann die Sonne untergegangen ist – und eile weder hinauf noch zurück und bete mehrmals zu Mir, so wird es ihm nichts machen, so er auch im Sommer oder im Winter auf die Berghöhen ginge. Am besten aber kommen da natürlich jene Menschen davon, die ohnehin zu allen Zeiten auf den Bergen wohnen.
Aber Menschen, die tiefgelegene Städte und Dörfer bewohnen, die sollen außer an den obbenannten zwei günstigen Zeitpunkten nicht die Höhen der Berge besuchen, außer in einem dringend notwendigen Fall, und dann nur unter Gebet und gerechtem Fasten, d.h. mäßig gefüllten Magens – sonst holen sie sich wenigstens für den Leib eine Krankheit, die sich allezeit darauf in einem Vierteljahr hervortut und dem Fleisch viel zu schaffen macht.
Starke Rheumatismen, Gicht, Zahn- und Halsschmerzen und auch nicht selten Nervenfieber sind die gewöhnlichen Folgen einer unzeitigen Bergbesteigung. Bei Frauenzimmern auch Lungenentzündung, Lungensucht und Blutgang. – Dass dabei Seele und Geist wenig oder nichts gewinnen, versteht sich von selbst.
Jedermann aber kann in der für höhere Gebirge ungünstigen Besteigungszeit kleinere und niedere Berge mit viel Nutzen bereisen. Jedoch viel höher als dreihundert Klafter [ca. 560 Meter] dürfen sie nicht sein, denn was darüber ist, gehört schon der Alpenwelt an, die in obgenannten Zeiten Meines besonderen Segens völlig entblödet ist und je höher hinauf desto mehr.
Hier habt ihr die Regeln, wie und wann die Berge mit Nutzen zu besteigen und zu bereisen sind! – Will aber jemand aus was immer für einem Nebengrund auch zu den als ungünstig bezeichneten Zeiten auf diesen oder jenen schon bedeutend hohen Berge gehen, so muss er es sich selbst zuschreiben, so er sich dabei wenigstens für seinen Leib einige nachträgliche Leiden abholt.“ [HiG.02_47.07.15, 01-08]


Verweildauer auf den Bergen

„Wenn ihr ein nächstes Mal eine Gebirgshöhe in Meinem Namen betretet, da richtet es also ein, dass ihr fürs erste euch im Voraus um den nächsten Weg bekümmert, und fürs zweite, dass ihr auf einer solchen Höhe wenigstens drei Stunden lang verweilt.
Denn wenn es sich um eine äußere Anschauung eines Wunders handelt, da muss das Sinnenwesen zuerst durch den weitgedehnten Anblick der äußeren Dinge gewisserart voll gesättigt werden. Durch diese Vollsättigung gerät dann das Gemüt in eine Art Betäubung, welche nicht unähnlich ist dem euch bekannten magnetischen Zustand.
Wenn ihr euch da dann an Mich wendet im Geist der Liebe und aller Wahrheit, sodann erst kann Ich das innere Auge der Seele mit dem Auge des Geistes verbinden und diese doppelte innere Sehe dann richten vor das Auge des Leibes. Dadurch könnt ihr dann in den Stand gesetzt werden, Dinge der Natur in einem ganz anderen Licht zu schauen und mitten unter den naturmäßigen Dingen Geistiges also zu entdecken, dass dasselbe im strengen Verhältnis mit den naturmäßigen Dingen gewisserart durchsichtig bildlich zur Erscheinung kommt und also seinen Standpunkt einnimmt, wie die Ursache zur Wirkung.
Wenn ihr aber schon eine Speise zu euch nehmt, die nur für den Magen berechnet ist, da verweilet ihr nach der Mahlzeit eine kurze Zeit in der Ruhe und sagt, solches sei der Verdauung wegen nötig. Meint ihr denn, eine solche Ruhe sei nur dem Magen zuträglich, so er seine Speise zu sich genommen hat?
Ich sage euch aber, ihr bedürft solcher Ruhe um so mehr, wenn der noch sehr schwache Magen eures Geistes ein wenig geschwelgt hat. Denn wenn solche Ruhe nach der Sättigung des Geistes wegbleibt, so geht auch die geistige Verdauung schlecht vor sich. Es muss aber ja allezeit jede Speise eher verdaut sein, bevor sich der das Leben fördernde Stoff entbindet und aufsteigt als Nahrung für das höhere Leben.
Denn jeder Nahrungsstoff nährt zuerst die unterste Potenz des Lebens. Ist diese genährt, so wird der Stoff verfeinert zum Dienst eines auf einer höheren Kräfte-stufe stehenden Lebens, und das so lange fort, bis er zu der hohen Sphäre des Selbstbewusstseins und endlich der vollen Sich-selbst-An-und-Durchschauung gelangt.
Nun denkt euch, wenn ihr auf eine solche hohe geistige Speisekammer gelangt und rafft da vieles in einem Augenblick heißhungrig zusammen, sobald ihr euch aber durch einen solchen Schnellfraß einigermaßen gesättigt fühlt, da lauft ihr fort, als wenn ihr Diebe wärt! – Fragt euch selbst, wo da die Verdauung und die aufsteigende Verfeinerung des Nahrungsstoffes bleibt?
Daher, wie schon gesagt, richtet es euch ein nächstes Mal besser ein, und das zwar eures schwachen Glaubens wegen, vermöge dessen ihr mehr oder weniger lauter „Thomasse“ seid. Denn solange es nichts zu gaffen und zu greifen gibt, wahrlich, da seid ihr noch immer im halben Glauben und ebenso auch in halber Liebe und im halben Vertrauen. So aber jemand sich die Augen verbindet oder von der Stelle weicht, da Ich ihm ein Schaustück bereitet habe, so bin nicht Ich, sondern ist er selber schuld daran, wenn er nichts gesehen und eben auch gar nicht zu viel empfunden hat.“ [HiG.01_41.05.22,01-08]

„Wer immer da auf einen Berg steigt, hat eine große Mühe, bis er den Gipfel erreicht. Und was ist nun der Lohn seiner Mühe? – Der, den er für die alleinige Hauptsache hält, ist eine weitgehende Fernsicht auf andere Berge, Gegenden und Ortschaften – den eigentlichen Genuss aber, der in der Einatmung der reineren Lebensluft besteht (worin eigentlich der Hauptlohn für seine Mühe zu betrachten wäre), nimmt er nur ganz gleichgültig mit.“ [HiG.01_41.07.17,34]

„Was aber die reine Luft betrifft, so braucht jemand nur auf einen Hügel zu steigen, der höchstens zwei oder dreihundert Klafter hoch zu sein braucht, und er kann daselbst auch schon eine sehr reine Luft genießen.“ [Gr.01_009,05]


Grund der beseligenden Kraft der Berge

„Diese reinen Geister kommen auch nicht selten in die zweite, manchmal auch in die erste Region herab; hauptsächlich aber sind jene Stellen auf der Erde ihre sichtbaren Niederkunftsplätze, die ihrer bedeutenden Höhe wegen fortwährend mit Schnee und Eis bedeckt sind. Und darin liegt auch der Grund, warum solche Gegenden für fast jeden Menschen eine – wie ihr zu sagen pflegt – magische, beseligende und zugleich das ganze menschliche Gemüt erheiternde, stärkende und beruhigende Anziehungskraft haben. Wer da traurigen Herzens ist und voll Unruhe in seinem Gemüt, der begebe sich in Meinem Namen auf eine solche Höhe oder gehe wenigstens in ihre Nähe, und sein Gemüt wird wie mit einem stärkenden Balsam übergossen werden.
Während das Gemüt in den tieferen Regionen stets dumpfer, schwieriger und leidender wird, ähnlich dem Gefühl eines Bergschluchten- und Höhlen-besteigers, wird eben das Gefühl bei einem, der eine solche reinere Höhe erstiegen hat, heiterer und heiterer, und wer da hinaufkommt, mag füglicher-weise ausrufen: „Herr, hier ist gut sein!“ – Aber da sage Ich dann dazu: „Es ist noch nicht an der Zeit für dich, hier zu bleiben!“ Aber dessen ungeachtet sage Ich dennoch: Gehet gerne auf Berge! Denn auch Ich, als Ich im Leib wandelte auf der Erde, ging häufig auf Berge.“ [Er.01_029,07-09]


Geisterweckender Einfluss einer Bergbesteigung

„Fast jeder Mensch, so er nur irgendeinen hohen Berg ansieht, verspürt in sich auch schon den Wunsch, so es nur möglich wäre, sich sogleich auf diesen oder jenen hohen Bergesgipfel zu versetzen – selbst dann noch, wenn er den Berg tagtäglich sieht und auch schon zu öfteren Malen auf demselben war […]. Der Grund ist der schon besagte und besteht sonach in dem Wachwerden des Geistes bei solchen Gelegenheiten; denn wie euer Sprichwort sagt, dass sich Gleiches und Gleiches gern zusammengesellt, so ist solches auch hier buchstäblich der Fall. „Wie so?“, werdet ihr fragen. – Nun, so hört!
Der Geist zieht den Geist an wie die Materie die Materie und das Fleisch wieder das Fleisch. So da in einem Menschen beschlossen wird, dass er seine Füße auf irgendeinen hohen Berg setzen will, so geht aus dieser seiner Vornahme eine Willensvermittlung hinauf in die hohen Geistersphären; durch diese Verbindung werden die Geister alsbald inne, was da irgendein Mensch tun will. Will er sich nun ihren Sphären wirklich nahen, so wird von den Geistern alsbald eine Rückantwort gegeben. Diese Rückantwort ist für den Geist, der da noch im Leib schläft, fast dasselbe wie das, was ihr in leiblicher Hinsicht eine elektro-magnetische Affektion nennt, oder was im weiteren Sinne das Magnetisieren selbst ist, durch welche Handlungsweise einem schwachen Organismus durch einen starken, lebensvollen auf eine Zeitlang eine neue Lebenskraft mitgeteilt wird; kurz und gut, auch der Geist, der da im Menschen noch schwach ist und schläft, wird von den Geistern also geistig magnetisch geweckt, – freilich nicht für bleibend, sondern nur auf eine kürzere oder längere Zeit.
Wenn auf diese Weise der Geist erweckt ist, so möchte er auch eiligst sich schon dort befinden, von woher er gezogen wird, das heißt: er möchte sich schon sogleich unter seinesgleichen befinden; daher treibt er denn auch alsbald durch die Seele den Leib mächtig an und zieht und schleppt ihn hinauf zu den schwindelnden Höhen. Wenn hernach ein solcher Mensch solche Höhen wirklich erstiegen hat, so freut sich der Geist, dass er sich in seiner wahren Gesellschaft befindet. Da jedoch die freien Geister wohl die reinste Einsicht haben, dass für solch einen unzeitigen Geist noch keines Bleibens ist, so stellen sie sich alsbald wieder außer Rapport mit ihm; sodann sinkt der Geist wieder in seinen Schlaf zurück, dem Leibmenschen wird's dann unbehaglich auf solchen Höhen, so dass er sich darum bald wieder sehnsüchtig hinab begibt in die Täler, in denen sich seine ihm entsprechenden Wohnungen befinden. Seht, das ist der eigentliche Grund, warum der Mensch, wenn er nicht gar zu naturmäßig weltlich gesinnt ist, von den Bergen und ihren höchsten Gipfeln so angezogen wird!
Bei ganz naturmäßigen Menschen ist solches wohl freilich nicht der Fall, denn entweder haben diese gar keinen Sinn dafür – welches so viel besagt wie: ihr Geist ist dergestalt schwach und krank, dass er keiner anderwärtigen geistigen Affektion mehr fähig ist – oder wennschon solche naturmäßigen Menschen irgend hohe Berge besteigen, so werden sie dazu nur von den argen Geistern angetrieben, entweder aus Gewinnsucht oder aus purer Prahlerei, um dann sagen zu können: „Ich war auf dieser und jener noch von keines Menschen Fuß bestiegenen Spitze eines Berges der erste!“, – der gewisserart mit seinem sehr unheiligen Fuß die heilige Spitze des Berges entweiht hat. Solche Gebirgs-besteiger werden dann auch fast allezeit für ihre ruhmverdienstliche Handlung von den Friedensgeistern gar übel bedient: Entweder lassen sie einen solchen Rühmler eine Höhe erklettern; wenn er aber dann oben ist, so wird er alsbald von einem übermäßigen Kopfschwindel und darauf folgender großer Todes-angst heimgesucht und muss oft stundenlang zappeln, bis sich irgendein Geist seiner erbarmt – so er genug gebetet hat – und ihn dann einen höchst beschwerlichen und mit augenscheinlicher Todesgefahr verbundenen Weg hinabklettern lässt. Oder die Geister lassen ihn auf eine leichter zu ersteigende Höhe kommen; wenn er sich aber schon siegreich oben befindet, dann schicken sie ihm oft augenblicklich ein grässliches Ungewitter über den Hals, durch welches er für seine rühmliche Bemühung so tüchtig ausgezahlt wird, dass er bei sich selbst einen festen Eid ablegt und sagt: „Wenn ich nur dieses Mal noch mit dem Leben davonkomme, wahrlich, es soll mich hinfort keine Gebirgshöhe mehr anlocken, sie zu besteigen, und wäre sie nur einige Klafter hoch!“ Wer aber da eine solche Gebirgsspitze frevelnd oder zufolge einer habsüchtigen Wette erklimmen möchte, der kann aber auch schon sogleich vorher in der Ebene seine letzte Willensanordnung hinterlassen; denn ein solcher Gebirgs-besteiger wird wohl nimmerdar seine Füße mehr in der Ebene gebrauchen, – aus welchem Grund auch nicht selten ähnliche Gebirgsbesteiger verunglücken und sich entweder sogleich zerfallen, oder sie werden auf irgendeine Höhe geführt, auf welcher sie dann auch gewöhnlich für alle ewigen Zeiten verbleiben, d.h. dem Leib nach. Ja, die Geister haben da allerlei Mittel, um die Frevler auf das empfindlichste zu strafen!
Aber nicht also ergeht es demjenigen, der da aus höherem Antrieb die Höhen der Berge besteigt. Ein solcher Mensch wird nicht nur auf keine Gefahren stoßen, sondern er wird allzeit gewaltig gesegnet und gestärkt wieder zurückkehren, und zwar so, dass bei manchen solchen Gebirgsbesteigern und großen inneren Freunden der Berge ihr Geist für bleibend geweckt worden ist und sie dadurch zu Sehern und Propheten wurden.
Aus diesem Grund habe Ich euch auch noch allzeit geraten, gern auf die Berge zu gehen, weil denn doch bei jeder, wenn auch nur momentanen Geistes-erweckung dem Geist eine Stärke verbleibt also, wie einem schwachen Menschen die naturmäßige Lebenskraft nach jedem einzelnen sogenannten Magnetisieren erhöht wird und er, wenn er oft genug magnetisiert worden ist, endlich mit schwacher Beihilfe anderer Mittel wieder zur vollen Gesundheit und Lebenstätigkeit gelangt.
Wenn sich demnach der Mensch redlichen Sinnes ebenfalls öfter von den hohen Geistern also geistig magnetisieren lässt und gebraucht dazu das leichte Arzneimittel der Liebe, so wird er auch um so eher zu dem Ziel gelangen, welches da heißt: die Wiedergeburt des Geistes. Daher geht gern auf Berge von bedeutenderem Höhenmaß und seid liebetätig, so wird eure noch schwache Liebe zu Mir sicher um so eher ganz lebendig werden!“ [Gr.01_009,07-22]


Wirkung der Berge auf das Gemüt korrespondiert mit eigenen Empfindungen

„Hier hätten wir also drei Gebirgsbesteiger. Warum findet der erste für sein Gemüt so viel Erhebendes, der zweite nichts als abstrakte plumpe Formen, und der dritte ärgert sich sogar, für solchen Spottpreis sich eine solche Mühe gemacht zu haben? Der Grund liegt einem jeden sehr nahe, weil er in ihm selbst liegt. Wie denn also? Der erste ist mehr lebendigen und geweckten Geistes; nicht die Formen und der Berge hohe Zinnen sind es, die ihn selig stimmen, sondern diese Stimmung ist ein Rapport des höheren Lebens in entsprechender Form über solchen hohen Bergen. Denn wir haben schon bei anderen Gelegenheiten zur Genüge vernommen, welch ein Leben sich auf den Bergen kündet. Und eben von diesem Leben hängt ja das Wonnegefühl desjenigen Besuchers der Höhen ab, welcher selbst mit geweckterem und lebendigerem Geist dieselben betritt. Der Geist des anderen ist noch in tiefem Schlaf, darum gewahrt er auch nichts anderes, als was seine fleischlichen Augen sehen und sonach sein irdisch trockener Verstand bemisst. Wenn ihr ihn zahlt und gebt ihm dann seinen Kenntnissen als Geometer angemessen mathematische Messwerkzeuge in die Hand, so wird er euch auf alle Gebirgsspitzen hinauf klettern und ihre Höhen recht wohlgemut bemessen. Ohne diesen Hebel aber dürfte es euch kaum gelingen, ihn wieder auf eine Gebirgsspitze hinauf zu bringen. Was den Geist des dritten betrifft, so lässt sich davon nahe gar nichts reden, denn bei ihm lebt nur der Tiermensch, der alle seine Seligkeit im Bauch findet. Wollt ihr ihn wieder einmal auf eine Gebirgshöhe bringen, müsst ihr fürs erste dafür sorgen, dass er ohne alle Beschwerde hinaufkommt, und fürs zweite, dass er in der Höhe etwas Gutes zu essen und zu trinken bekommt. So wird er auch noch einmal eine Gebirgshöhe besteigen, wenn schon nicht mit eigenen, so doch mit den Füßen eines wohlabgerichteten Saumtieres. Da wird er sagen: Bei solchen Gelegenheiten bin ich schon dabei, denn die Gebirgsluft ist vermöge ihrer Reinheit der Verdauung ja viel günstiger als die dumpfe Luft der Täler. […]
Der eine Gebirgsbesteiger geht mit Liebe auf die Berge, und die Liebe ist auf den Höhen die Schöpferin seiner Seligkeit. Wer aber mit seinem Verstand nur auf die Berge geht, der wird sicher keine beseligende Zahlung finden, sondern er wird durch seine Mühe noch in seinem Verstand gewaltig beeinträchtigt werden, indem ihm dieser da oben spottwenig oder gar nichts abwerfen wird. Und der dritte, der gar nichts hat, der wird in der Höhe von allem ledig werden, denn der Tote kann am Leben doch kein Vergnügen finden, indem er stumm für dasselbe ist.“ [GS.01_005,02-06]


Berge als Spiegel unseres Inneren

„Die Berge [sind] ein wahrer geistiger Spiegel für jene, welche sich darin be-schauen wollen. Wie denn aber solches? – Ihr habt schon bei so manchen Gelegenheiten erfahren, dass für den geistig geweckteren Menschen jede Erscheinung in der Natur irgendeine Bedeutung hat, und namentlich habt ihr solches vernommen bei jenen Gelegenheiten, bei denen euch ebenfalls einige Berge enthüllt worden sind. Demnach darf der geistig gewecktere Mensch nur einen flüchtigen Blick auf einen ihm benachbarten Berg werfen und allda ersehen, wie gestaltet er beleuchtet ist, ob er vollkommen rein oder mehr von einem bläulichen Dunst umfangen ist, und welche Teile des Berges mehr oder weniger umdunstet sind, oder ob er sogar irgendwo Nebel um den Berg  erschaut, entweder in der Tiefe, in der Mitte oder auf seinem Scheitel, oder ob sich über seinem Scheitel Wolken befinden, und von welcher Art und Gattung diese Wolken sind.
Ferner darf es einem solchen Beobachter nicht entgehen, welche Gefühle sich seiner beim Anblick eines vor ihm stehenden Berges bemächtigt haben, ob sie ihn in eine angenehme oder mehr wehmütige Stimmung versetzt haben, oder ob er dabei eine große Begierde empfunden hat, diesen Berg baldmöglichst zu besteigen, oder ob er ein diesem Gefühl gerade entgegengesetztes in sich gewahrte, welches gewisserart mit einem sogenannten oder vielmehr empfundenen Unmöglichkeitsgefühl gleichlautend ist. Also auch – was freilich wohl nur einem geweckteren Gefühl eigen ist –, ob er bei dem Anblick eines Berges ein heiteres Morgengefühl, oder ein zwar auch heiteres, aber doch mehr ermüdendes Mittagsgefühl, oder ein schläfriges Abendgefühl, oder ein ödes, dumpfes Mitternachtsgefühl in sich verspürte, und wie lange sich dasselbe, das ganze Gemüt beherrschend, aufrecht erhielt.
Seht, alle diese hier angeführten Punkte sind wohl zu beachten; denn alle diese Erscheinungen und Empfindungen entsprechen allzeit auf ein Haar dem inwendigen Zustand des Menschen. Nur ist dabei zu bemerken, dass da die Empfindungen mit den Erscheinungen übereinstimmen müssen – denn die Erscheinungen für sich geben noch kein vollgültiges Zeugnis –; wenn aber das Gefühl mit der Erscheinung harmoniert, dann verkündet der Berg dem Menschen genau, wie es mit ihm steht.
So zum Beispiel: Ginge da jemand am Morgen aus und würde da erblicken einen zwar ganz reinen Berg, dieser Berg aber erhöbe mitnichten sein Gefühl, sondern erfüllte es nur mit einer heimlichen Bangigkeit – in diesem Fall wäre die Erscheinung mit dem Gefühl unharmonisch; der Berg aber bliebe dem Beschauer dessen ungeachtet ein getreuer Spiegel. – Wie denn aber? Seht, sobald die geistige Reinheit des Berges das Gemüt des Beschauers abstößt, sagt der Berg dem Beschauer: „Mit welch unreinem Gemüt beschaust du mich! Daher reinige dich, damit du in dir erhoben wirst über dein Weltsinnliches, wie ich emporrage über den Schlamm der Tiefen, in dem nichts denn elendes Gewürm, Frösche, Kröten und Schlangen wohnen!“ In diesem Fall ersieht der Beobachter im Spiegel des Berges sein Bild, wie er sein soll – aber nicht ist.
Ein anderer unharmonischer Fall wäre dieser, dass ein Mensch ebenfalls ausginge, entweder am Morgen oder zu einer andern Tageszeit, würde aber da erschauen einen ganz umdüsterten Berg, hätte aber dabei ein vollkommen heiteres und fröhliches Morgengefühl. Was hätte denn der Beschauer bei dieser Gelegenheit dem umdüsterten Berge zu entnehmen? – Wir wollen bei dieser Gelegenheit den Berg selbst einige Worte von sich geben lassen, welche also lauten dürften: „Sieh mich an, du fröhlicher Wanderer, im heiteren Morgen deines Gefühls! Du warst ehedem, wie du mich nun erschaust, und warst düster und traurig. Eine erstickende Nacht drohte dich zu verschlingen, und wie nun um mein ganzes Wesen, also umlagerten auch dich schwüle und schwere Wolken. Du wusstest nicht, was sie über dich ausbrüten würden. Es kamen gar bald gewaltige Stürme über dich hergezogen, und so mancher Blitz traf dich aus deiner Wolkenmasse. Du aber verzagtest nicht, hattest mich zum Vorbild in deiner Seele und standest da gleich mir: ein hoher Fels, unerschrocken und Trotz bietend solcher Versuchung. Siehe, die Stürme, die dich zu vernichten drohten, verwandelten sich gar bald in rettende Engel und befreiten dich von der großen Last deiner Nacht. Somit, kleiner Freund im Tal da unten – der du mich nun heitern Gemütes betrachtest, da ich begraben bin in der Wolken Nacht und Stürme um meine Stirn wehen, als wollten sie mich vernichten –, beachte wohl dieses Bild vor dir; denn nur dadurch wirst du im beständigen Morgen deines Gefühls verbleiben, wenn du dir oft genug das Bild vor die Augen stellst, wie es einst um dich aussah, als du mir in diesem meinem Zustande glichst. Siehe, dieser Sturm wird mich nicht vernichten, und du wirst mich gar bald wieder dir gleich erblicken; wohl dir, wenn du mich in meiner Reinheit mit demselben Gefühl noch wirst ansehen können, mit dem du mich nun ansiehst, da ich dir zeige, wie du dereinst warst!“
Seht, welch eine gute und nützliche Lehre so ein umwölkter Berg einem reinen Gemüt gibt, indem er es zur wahren Demut leitet und der Betrachter sich dann selbst sagen kann: „O Berg, wie oftmals warst du schon also umwölkt und wie oftmals wieder rein; lasse mich daher stets erinnert sein, dass ein gereinigtes Gemüt, solange es frei dasteht, auch gleich dir wieder kann umwölkt werden! Damit aber solches so viel als möglich unterbleiben möge, soll mich allzeit dein umwölkter Zustand daran erinnern und mir zugleich mit Donnerworten zurufen: „Siehe, wie traurig es ist, wieder in die vorige Nacht zurückzusinken, und wie schwer, solche Wolken zu tragen, die da gefüllt sind mit zahllosen Blitzen, welche nicht fragen: ‚Wohin sollen wir schlagen?‘, sondern welche schlagen, wohin sie treffen, und da zerschmettern und zerstören, was sie treffen!“
Seht, das sind die zwei Kulminationspunkte der unharmonischen Verhältnisse zwischen den Erscheinungen und den Empfindungen! Demnach können zwischen diesen zwei Extremen noch eine Menge größerer oder kleinerer Gattungen unharmonischer Erscheinungen vorkommen, welche aber diesen zweien zufolge alle leicht erkannt werden können, weil sie sich nicht mehr über das Ganze, sondern nur über einzelne Teile erstrecken.
Das Schwerste ist, die Totalerscheinung zu beurteilen; diese aber ist bereits erläutert. Demnach ist jedes einzelne ja leicht zu erkennen, geradeso, als wenn jemand eine allgemeine Rechenformel kennt und dann zufolge dieser Formel jeden sonderheitlichen Fall gar leicht entziffern kann. Was aber die harmonischen Erscheinungen betrifft, so bedürfen diese keiner weiteren Erklärung. Denn wo ein heiteres Gemüt einen heiteren Berg erblickt, da wird es noch um so heiterer und sehnt sich hinauf auf die reine Höhe; wo aber ein umdüstertes Gemüt einen schauerlich umdüsterten Berg erblickt, da wird es noch um so düsterer und ruft schon heimlich im Geist aus: „Berg, falle über mich her und bedecke ganz und gar meine furchtbare Nacht!“ Ein solcher Mensch sehnt sich sicher nicht nach der Höhe dieses Berges. So aber jemand ausgeht mit einem heiteren Gemüt und ein umdüsterter Berg verstimmt es ihm, so ist eine solche Verstimmung als nichts anderes anzusehen als eine Erweckung des eigentlichen Zustandes, in welchem sich das Gemüt verborgenermaßen noch befindet, – oder der Berg zeigt es dem Menschen an, was alles noch in ihm steckt. Das sind die Universalmomente der harmonischen Verhältnisse, nach welchen sich ebenfalls jeder unbedeutende sonderheitliche Fall erkennen und bestimmen lässt.
Dass natürlicherweise die höheren Berge und namentlich die Gletscher, wie unser Großglockner es ist, solches mit einer noch bei weitem größeren Bestimmtheit an sich beobachten lassen denn andere, weniger hohe Berge, versteht sich schon ohnehin von selbst, so jemand nur ein wenig in Erwägung zieht, dass die Bestimmung eines Berges stets ausgedehnter wird, je höher er seinen Scheitel über die gewöhnliche Habsuchtstiefe des Erdbodens erhebt.
Dass ferner die Berge erst auf ihren reineren Triften bedeutungsvoller werden, kann jedweder auch leicht aus dem Ganzen entnehmen, weil, je reiner die Berge werden, es auch desto geistiger auf ihnen wird, – aus welchem Grund sie auch auf jedes Gemüt schon an und für sich einen größeren Eindruck machen als geringere Erhöhungen. […]
Wie Ich aber vorzüglich gern auf den Bergen war und sättigte da so viele Hungrige mit wenigen Broten und zeigte Mich verklärt auf einem Berg und fuhr von einem Berg auf in Mein Reich, – so sage Ich euch auch dieses von den Bergen und eröffne euch dadurch eine große Pforte in das Reich des ewigen Lebens!
Bedenkt, dass Ich, der Urheber und Erschaffer der Berge, Mich nicht umsonst gern auf den Bergen aufhielt und nicht ohne große lebendige Bedeutung zum letzten Mal auf einem Berg betete; daher folgt Mir in allem nach, so werdet ihr das Ziel, das Ich Selbst bin, schwerlich je verfehlen!
Solches sage Ich, der Ich einst vom Berg den Himmel ausgeteilt habe. Dies ist auch ein Teil des Himmels; nehmt ihn als einen großen Segen von Mir, und werdet lebendig im Geist ewig! Amen.“ [Gr.01_013,03-30]

„Achtet die Berge; denn wahrlich, je höher sie ihre Scheitel über die Schlamm-tiefe des menschlichen Eigennutzes erheben, desto geheiligter sind sie auch und desto segnender das ganze andere Land.“ [Gr.01_001,40]

„Jedoch was diese euch [beim Kleinalpe-Besuch] begleitenden Nebel betrifft, so habe Ich euch dadurch nur etwas großartiger zeigen wollen – und habe es gewisserart mit großer Frakturschrift über die Berge hingeschrieben – wie es mit euch steht.
Die Füße der Berge waren, was ihr doch gewiss werdet bemerkt haben, durch-gehends rein, ebenso auch die meisten überschneiten Scheitel derselben. Allein um eure Füße und eure Köpfe war es Mir auch nicht zu tun, daher ließ Ich die Nebel gerade an der Stelle hervortreten, in welcher Gegend es bei euch auch noch so ziemlich nebelicht aussieht, und diese Gegend ist die Brust. Und wie ihr weiter und weiter euch bewegt habt nach Meinem Willen (denn sonst wäret ihr nicht in diese Gegend gegangen), werdet ihr auch bemerkt haben, dass sich die Nebel nach und nach immer mehr und mehr verminderten und die Brüste der Berge frei wurden und vielseitig eine recht reichliche Vegetation zeigten. Und als ihr euch weiter und weiter bewegt habt, da habt ihr sogar eine ganz grüne Brust eines Berges gesehen, was euch hat zeigen müssen, dass, je weiter Mein Wille verfolgt wird, desto lebendiger auch die Hoffnung wird. Und als ihr nun vollends zur bestimmten Höhe gelangt seid unter Sturm und Schnee-gestöber und beinahe alle Hoffnung aufgegeben habt, etwas zu sehen und nach Meinem Willen zu erfahren, seht, da ließ Ich, eurer Beharrlichkeit zuliebe, Meine Sonne mitten durch den Wolkenschleier durchbrechen und euch sobald die Gegend erleuchten und klären. Damit wollte Ich euch zeigen und sagen, dass Ich gerade dann komme, wenn ihr es am wenigsten für möglich gedenkt.
Dass die Sonne nicht ganz rein sich euch zu sehen gab, und das nur unter noch immerwährendem leichten Schneegestöber – dadurch wollte Ich euch sagen, wie es noch mit eurer Liebe aussieht. Wenn diese wärmer und wärmer wird, dann wird auch gewiss sich die Sonne des Geistes klären, in deren Strahlen ihr sehr leicht eure Schatten erkennen werdet. – Was aber der Schatten bedeutet, das sage Ich euch nicht, denn das müsst ihr schon ohnedies wissen.
Schließlich werdet ihr noch bemerkt haben, als ihr zu sehr nebeliger Nachtzeit nach Hause gefahren seid, dass es einige Male geblitzt hat. Und das Dunkel der Nacht war so gut erleuchtet, dass ihr euch darüber verwundert habt, und hattet auch Recht, euch darüber zu wundern. Denn dadurch habe Ich euch absichtlich sagen wollen, wie es eigentlich in eurer Brust aussieht, worüber ihr auch sehr froh und voll Heiterkeit sein könnt – dass nämlich die Nacht eures Lebens schon so helle wie die Nacht eurer Zurückfahrt geworden ist, da es auch hinter den Bergen eurer Erkenntnisse durch die Nebel ein wenig zu blitzen ange-fangen hat.
Daher überdenkt wohl diese Reise! Denn darum habe Ich sie euch verordnet, um euch in der großen Natur ein getreues Bild eurer selbst zu entwerfen“. [HiG.01_ 40.10.29,28-34]


Weg, der ins geistige Leben führt, ist nicht viel anders beschaffen als der auf eine Alpe

„Wie das Ei nur in der ruhigen, stillen Wärme die Frucht des Lebens zum Vor-schein bringt, also wird auch der Mensch nur durch die stille Zurückgezogen-heit und durch die Wärme seines Herzens zu Mir in sich selbst neu und wiedergeboren, in welchem Zustand es ihm auch ergeht wie einem Küchlein, das da seine eigene Gefangenschaft durchbricht, lebendig aus derselben hervor-geht und dann die Schale nimmer beachtend verlässt.
So sollte auch in geistiger Hinsicht der Mensch sein, so wird er von jeder Tiefe wie von jedem Berg im hohen Gefühl des freien Lebens mit einem Blick nicht nur die ganze Erde, sondern ein ganzes materielles und geistiges Sonnengebiet übersehen.
Schließlich aber diene euch die Besteigung der Alpe noch dazu, dass der Weg, der ins geistige Leben führt, nicht viel anders beschaffen ist, als der Weg auf eine solche Alpe.
Denn da glaubt von der Ferne jeder, die Alpe sei nicht gar so hoch. Doch wenn er in ihre Nähe kommt, verliert er immer mehr und mehr ihren Scheitel aus seinem Gesicht. Und fängt er dann am Fuß zu steigen an, so hält er auch schon jeden nächsten baumlosen Hügel für der Alpe höchsten Punkt. Aber je höher und höher er kommt, desto mehr überzeugt er sich, dass es noch ziemlich viele Steigtritte benötigen wird, bis er auf der Spitze des Berges das lichte „Triangulierungszeichen des ewigen Lebens“ ansichtig wird, von da aus er erst zu jener höchsten Überraschung gelangen wird, von welcher er früher keine Ahnung hatte.
Beachtet dieses Beiwort wohl in euren Herzen. Nehmt die „Fahne“ zur Hand und beachtet das Geistige, das da in entsprechender Fülle des Lebens gegeben ist. Wendet es und forscht darin, und ihr werdet nicht nur in den Bergen, sondern auch in den kleinsten Sandkörnern vollbewohnte Welten entdecken! – Amen.“ [HiG.01_ 41.07.17,42-47]


Bergbewohner gesünder als Talbewohner

„Nur das kann Ich euch noch sagen, dass in und um die Erde in einem fort unsichtbare Kräfte strömen, die zur Belebung der Mineral-, Pflanzen- und Tierwelt, zu der auch der Mensch dem Leibe nach gehört, höchst notwendig sind, und diese unsichtbaren Kräfte werden auch von den Bergen und ihrer Vegetation, Natur und Beschaffenheit geregelt und geleitet, darum die Bewohner der Berge auch stets gesünder und rüstiger sind als die Bewohner von großen Ebenen und tiefen Tälern.“ [GEJ.08_107,15]


Berge machen heiter, Speisen genießbarer

„Eine gewöhnliche Erscheinung auf solchen Höhen ist das, dass Menschen, die sich die Mühe nehmen, eine solche Höhe zu ersteigen, gewöhnlich auf ebenso einer erstiegenen Höhe sehr heiter und fröhlich werden und leicht aller der Beschwerden vergessen, mit denen sie in der Tiefe zu kämpfen hatten. Zugleich bekommen die meisten auch eine bedeutende, starke Lust zum Essen und zum Trinken und können oft auf einer solchen Höhe Speisen genießen, ohne irgend eine Magenbeschwerde sich zuzuziehen, welche Speisen sie in der Tiefe nicht einmal anschauen durften. Die Ursache davon liegt lediglich in der größeren Reinheit der Luft und hat eine große Ähnlichkeit mit dem Zustande der Seligen, die auch alles genießen dürfen, ohne dass es ihnen etwas schadet, weil in dem Reinen alles mehr und mehr gereinigt wird und das Schädliche dort nicht mehr schädlich werden kann, wo es in Ermangelung der dazu erforderlichen Spezifika keine weiter ausbildende Nahrung mehr findet.“ [Er.01_023,11-12]

„Mache dich auf einige Wochen von deinem Weltgeschäft los und mache eine Reise in Meine freie Schöpfung, das wird dich stärken in allem. Denn siehe, in den Städten der Welt bin Ich wie ein ganz kleines, oft ganz versiegendes Bächlein, auf dem freien Land bin Ich wie ein Strom, und über den Bergen bin Ich wie ein Meer – und das der Menschen wegen.“ [HiG.03_45.09.15,06]


Von Zauberbergen

„Dass in der früheren Zeit ganz zuverlässig sicher auf den Bergen hellsehende Menschen gewohnt haben, die mit den Geistern Umgang pflogen, davon zeugen noch heutigestages, wenn sonst auch nicht viel mehr, so doch noch die eigentümlichen Benennungen der Berge.
In eurem Land [Österreich] gibt es eine Menge solcher Berge, die in ihrem Namen noch das bergen, was sich in der früheren Zeit zutrug. In Kärnten, in Tirol und in der Schweiz, in Savoyen, auf den Bergen Deutschlands und allenthalben, wo Berge sind, gibt es eine Menge Berge, aus deren Namen leicht zu entnehmen ist, was sich einst auf ihnen zutrug. So ist euer Schöckel schon ein solcher Berg, der seinen Namen von daher hat; denn nach einer alten Landessprache bedeutete das Wort „Schögeln“ soviel als Wettermachen. Es hieß aber auch bei einem Menschen, der so einige Naturkünste zuwege brachte etwa in der Art wie die heutigen Taschenspieler, dass er ein Schögler ist. Auch Menschen, die auf dem Seile tanzten und sonst gewaltige Sprünge machten, wurden Schögler genannt. Dieses Wort „Schögeln“ ist ein gar uraltes, asiatisches Wort, nach welchem die dortigen Zauberer auch Jongleurs, Jogles heißen.
In der deutschen Sprache ist noch heutigestags ein gangbares Wort, aber freilich etwas veraltet, das von diesem abstammt, nämlich das Wort „Schock“, z.B. ein Schock Menschen oder ein Schock Garben. Man benannte ein gewisses Häuflein Menschen darum einen Schock, weil man darunter gewöhnlich einen Menschen vorhanden glaubte, der etwas mehr weiß als die anderen, der sonach sicher ein Schögler war und die Menge daher von ihm den Namen Schock hatte. Auch sah man die Menschen auf den Bergen gewöhnlich schockweise beisammen, was auf den Bergen ganz natürlich ist, da es nicht ratsam wäre, wenn so hie und da vereinzelte Menschen Arbeiten vornehmen, zu denen fürs erste eine einzelne Menschenkraft nicht hinreichen würde, und fürs zweite, wenn sie auch noch hinreichte, so könnte dem Arbeiter doch etwas zustoßen, wo er dann niemand zur Hilfeleistung um sich hätte. In dieser früheren Zeit aber dachten da die Talbewohner sogleich, wenn sie so ein Schöckchen Menschen auf einem Berge erblickten und etwa zufälligerweise irgend ein Wölkchen über dem Berge, dass sich nun diese Menschen schon mit der Zauberei abgeben und auf jeden Fall ein Wetter zu machen anfangen. Auf diesem eurem Schöckel war dieses in früherer Zeit, wie noch jetzt, bis aufs Wettermachen, der Fall.
Dieser Berg war bei weitem eher bewohnt als die Talgegenden, und sein urerster Name war „Freitauer“; als aber in späterer Zeit die Täler von verweichlichteren Menschen bewohnt wurden, da fingen bald die Talbewohner diese Bergler als Zauberer zu verdächtigen an, und der Name „Freitauer“ hat sich bald in den Namen „Schöckel“ oder „Zauberberg“ umgewandelt, und es hat Zeiten gegeben, von denen kaum noch hundert Jahre her sind, wo dieser Berg noch so berüchtigt war, dass sich kein ehrlicher Christ wagte, seinen obersten Scheitel zu besteigen, weil jedermann, der einigen katholisch-christlichen Sinn hatte, vor der Schöckelhexe auf das eindringlichste gewarnt wurde. Man hat darum auch seine höchste Kuppe entwaldet, um dadurch der Schöckelhexe die Schlupfwinkel wegzunehmen, damit sie sich nicht verbergen könnte, wenn von allen Seiten mittelst geweihten Pulvers auf sie geschossen wurde. Das Wetterloch ist noch zu sehen; dass daraus aber nie ein Wetter kam und noch weniger je eine Hexe den Schöckel bewohnt hat, das braucht euch kaum näher gezeigt zu werden; dass aber in der früheren Zeit dieser Berg, wie auch noch jetzt, von sehr vielen sogenannten Berggeistern bewohnt war, mit denen die alten Bewohner dieses Berges nicht selten ganz natürlichen Umgang pflegten und darum auch um vieles weiser waren als die Talbewohner, das könnt ihr ganz unbezweifelt annehmen, sowie auch, dass dieser Berg einst ein Feuerspeier war und seine Wetterlöcher nichts als noch offengebliebene Krater sind.
So aber wie der Schöckel haben noch eine Menge Berge von Steiermark ihre geheimnisvollen Namen, welche alle erörternd herzusetzen der Raum dieser Mitteilung nicht gestatten würde. So ist die „Raxalpe“ eben ähnlichen Ursprungs; denn das Wort „Rax“ ist gewisserart apostrophiert von „Racker“, der so gewisserart ein halber Teufel ist. – Das „Tote Weib“ hat schon in dem Namen das tüchtigste Kennzeichen, was dieser Berg einst war, nämlich ein Boden voll Hexen, durch die einst ein Weib, welches von ihnen abgefangen wurde, sich aber ihrem Willen nicht fügen wollte, in einen Stein verwandelt ward. Mit dieser Verwandlung war sie natürlich auch tot.
In der späteren Zeit hat man tiefer unten eine Eremitage eingerichtet, in welcher auch einmal ein Weib tot gefunden wurde, und wie sich noch mehrere dergleichen Sagen an diesen Berg knüpfen, welche aber natürlich eben so viel Wahres an sich haben als die Lüge selbst; sondern der Grund der Verdächtigung und der üblen Benennung solcher Berge ist der gleiche, wie er schon im ganzen Verlaufe dieser beigefügten denkwürdigen Histörchen angegeben ist.
So ist der „Hohe Schwab“ ebenfalls gar überaus berühmt als ein Zauberberg. Sein Name rührt von einem Abkömmlinge oder Auswanderer Schwabenlands her, welcher als einer der berühmtesten Zauberer in dieser Gegend existierte und dort sein Unwesen trieb, bis ihm dann der nahe errichtete Wallfahrtsort, den ihr wohl kennet, ein Ende machte. So existiert auch ein „Teufelsstein“; diesen weiter zu erklären ist unnötig. Der „Predigerstuhl“ ist gleichen Ursprungs; denn da soll einst der leibhaftige Satan den Hexenmeistern die Verhaltungsregeln vorgepredigt haben.
So ist der „Grimming“ auch in einem gleichen verdächtigen Ansehen.
Besonders verdächtig aber war das ziemlich weit und breit gedehnte „Tragel-gebirge“, welches die Grenze zwischen Salzburg, Oberösterreich und Steiermark bildet. Dieses Tragelgebirge war gewisserart die Hochschule für alle Zauberer und Hexenmeister von ganz Steiermark, Österreich und Salzburg; denn der Name ist noch heutigentags überaus verdächtig, und noch ist kein Bewohner etwa von Altaussee oder von der Ramsau leicht dazu zu bewegen – besonders wenn er mehr der sogenannten unteren Volksklasse angehört –, auf dieses kahle Gebirge zu gehen, außer Raubschützen, die freilich wohlweis-lichermaßen auf die Hexen nichts mehr halten, aber um desto mehr auf die fetten Gemsen, die auf diesem weitgedehnten Bergstock so ganz eigentlich zu Hause sind.
Wir brächten noch wenigstens ein paar hundert solcher Berge in Steiermark zusammen, wollen uns aber mit den bis jetzt angeführten begnügen und fürs nächste noch über ein paar Berge Kärntens, Tirols und auch einen aus der Schweiz in obiger histörchenartiger Hinsicht uns besprechend hermachen, welche Berge noch vor ungefähr hundertzwanzig Jahren eine ganz außerordentlich mystische Rolle gespielt haben.“ [Er.01_036]


Berge mit berüchtigten Namen

„In einer Gegend des oberen Kärntens, und zwar unfern des Draustromes, befindet sich ein Berg unter dem Namen der „Hohestaff“. Dieser Berg beherrscht mit seiner Spitze das Drautal beinahe von der Grenze Tirols bis gegen Klagenfurt, d.h. bis in die Nähe dieser Stadt; zugleich ist südwestlicher-seits an dessen Fuß der sogenannte „Weiße See“ angelehnt. Er hat eine Höhe von 8000 Fuß, und von seiner Spitze genießt sicher jeder, der ihn bestiegen hat, die bezauberndste Aussicht. Dieser Berg war einst überaus berüchtigt und war sozusagen ein Hauptsammelplatz für die Hexen und deren Meister, – natürlich nach der Sage der noch jetzt lebenden Landleute, welche diesen Berg nach allen Seiten herum bewohnen.
Seine Ausläufer hatten die noch jetzt führenden Namen von seiner einstigen zauberischen Berühmtheit erhalten; so nennt man einen Ausläufer nach Norden den „Goldeck“, einen nach Nordwest die „Siflitz“, einen nach Westen „Bären-buck“, einen nach Süden das „Silberne Grab“; den senkrechten Felsen der höchsten Spitze nennt man die „Hohe Freiung“ und eine etwas unter dieser liegende Wand die „Unterfreiung“, so wie der Sattel zwischen dem Hohen und Niederen Staff manches Mal „Hexen-“ und manches Mal „Teufelsritt“ heißt. So ist auch vor eben diesem Sattel ein nackter Steingraben, welcher das „Rutschbrett des Teufels“ genannt wird; auch ein anderer Graben, der sich gegen Westen neigt, heißt das „Wilde G'jad“.
Diese Benennungen und noch mehrere dergleichen, die sich an diesen Berg anreihen, als: ein „Hexensprung“, „Teufelsritt“, „Wehrwolfsnest“ und der-gleichen noch eine Menge, bezeichnen hinreichend, in welchem Ansehen einst dieser Berg gestanden ist. Abgesehen aber von allen diesen Seitenbenennungen genügt schon der Name „Staff“, um zu sehen, dass das ein Hauptzauberberg war.
Das Wort „Staff“ war bei diesen früheren Gebirgsbewohnern ein Ausdruck, durch den sie die Eigenschaft eines außerordentlichen Dinges bezeichneten. Außerordentlich aber war bei ihnen dasjenige, was sowohl für die Elemente, als da sind Luft mit ihren Erscheinungen und das Wasser mit den seinigen, sowie auch für Menschen und Tiere als ein Richtpunkt diente, aus welchem Grunde man in späterer Zeit diesem Berge einen neuen Namen gab, welcher den ersten nur gewisserart in ein mehr neues Deutsch übersetzte.
Der neue Name war und ist noch jetzt „Landschnur“, von welchem Namen später die sich dort aufhaltenden Franzosen einen „Landjour“ gemacht haben. Sonach bezeichnet das Wort „Staff“ in dieser alten Bergsprache gewisserart ein Gericht und „Hochstaff“ ein hohes Gericht, und das darum, weil jeder Unbefugte, in die Zaubermysterien dieses Berges nicht Eingeweihte, sogleich auf das schrecklichste gerichtet wurde, natürlich von den Hexenmeistern, wenn er sich erdreistete, diesen Berg nur so hoch zu besteigen, wo die Waldregion aufhört; denn ein solcher Gast wurde plötzlich von unsichtbaren Händen ergriffen und in Blitzesschnelle, wie die Sage lautet, auf die höchste Spitze entrückt. Dort wurde er von ebenfalls unsichtbaren Kräften mehrere Stunden lang auf das schmerzvollste und grausamste gequält und mit Donnerstimme genötigt, dem Hexenbunde beizutreten; wollte er das nicht, so ward er von dem höchsten Punkte, der darum die „Hohe Freiung“ hieß, auf die „Untere Freiung“ geworfen, jedoch so zauberhaft, dass er nicht getötet wurde. Auf der Unteren Freiung kamen dann die zauberhaft reizendsten Sylphiden über ihn und berauschten ihn durch den Reiz ihrer Gestalt; hat er sich ihnen da ergeben, so ward er plötzlich wieder auf die Hohe Freiung gehoben und daselbst in ihre Mysterien eingeweiht. Wollte er aber sich durch den Sylphidenreiz nicht berücken lassen, so kam er auf das Rutschbrett des Teufels und musste dort eine schreckliche Reise in das Tal herab machen, bei welcher Reise freilich alle Glieder, wie ihr zu sagen pfleget, komplett aus dem Leim gingen. Hatte er aber bei dem Sylphidenreize so einen halben Willen gezeigt, so wurde er auf den Goldeck gestellt, wo er von dem enormen Reichtum, der in Massen blanken Goldes bestand, geblendet ward. Und war das auch noch nicht genug, so wurde er südwärts in die Gegend des Silbernen Grabes geführt. Dieses war eigentlich kein Grab, sondern eine feenhaft wunderschönste Gegend dieses Berges, welche diesen Neugeworbenen so bezauberte, dass er nun nicht mehr umhin konnte, dem Hexenbund vollkommen beizutreten. Natürlich ist alles dieses bloße Volkssage, und zwar zumeist des Volkes, welches die unterste Talgegend bewohnte.
Die weiseren Bergbewohner, die wegen der Dummheit der unteren Talbewohner nicht selten ein schändliches Strafgericht aushalten mussten, wussten von all dem Hexenwesen nichts, wohl aber von den Geistern, die diesen Berg nach allen Richtungen, wie sonst selten einen andern Berg, überschwenglich reichlichst bewohnten. – Warum denn gerade diesen Berg? – Der Grund, warum solche Wesen oft einen Berg mehr als einen anderen in Besitz nehmen, ist verschieden; teils hängt es von der Lage und von einer gewissen Höhe des Berges ab, teils von dem Inhalte eines solchen Berges, meistens aber von einer ziemlich freien Stellung, nach der ein Berg von anderen Bergen von allen Seiten herum gewisserart abgeschnitten ist, damit die Geister anderer Berge, die oft böser Natur sind, nicht leichtlich zu diesen Geistern gelangen können und Unordnung unter ihnen stiften.
Hauptsächlich aber wird ein solcher Berg aus dem Grund von oben beschriebenen Geistern in Besitz genommen, wenn er infolge seiner freien Stellung eine reizende Aussicht nach allen Gegenden herum unbeschränkt gewährt. Denn auch diese Geister haben sämtlich das Vermögen, so sie wollen, die naturmäßige Welt anzuschauen; und indem sie auch zum sogenannten Wettermachen verwendet werden und fortwährend ein wachsames Auge auf die benachbarten Gebirgsgeister haben müssen, so sind ihnen auch solche Berge am liebsten, wo sie in ihrer Wachhabung durch nichts beschränkt werden können. Solchen Geistern sind freilich auch schon vollkommenere Geister beigegeben, die sie beherrschen und leiten; aber dessen ungeachtet wird keinem Geist für seine eigene Individualität seine Freitätigkeit und die mit ihr verbundene Wonne benommen.
Das wäre sonach ein hauptberühmter Berg dieses Landes. Ein zweiter seines Gelichters ist der „Unholde“, der noch ärger als der Hochstaff berüchtigt war; denn schon die Benennungen, die diesem Bergstock noch heutigestages ankleben, wie auch seine beinahe ins Mystische gehende wildromantisch-groteske Gestaltung sind mehr als sprechende Beweise von seiner einstigen zauberischen Berühmtheit. Wir wollen nur einige Namen seiner Ausläufer und seiner Räumlichkeiten anführen, die uns hinreichend belehren werden, wie es einst mit diesem Berge ausgesehen haben soll, aber natürlicherweise nie also ausgesehen hat.
Die höchste Spitze dieses Berges heißt der „Hohe Stadl“, d. i. soviel als ein hoher Platz und eine hohe Wohnung, in der die Hexen Winter und Sommer zugebracht haben. Eine Seitenspitze dieses Berges heißt auch die „Niedere Freiung“ und eine sich über diese erhebende Spitze die „Hohe Freiung“. Eine Freiung ist ein Platz, auf welchem auf früher beschriebene Weise ganz unschuldige Menschen zu Zauberern geworben wurden. Gleich unter diesen beiden Freiungen ist ein ziemlich gedehnter Platz, wo die neuen Ankömmlinge zaubern lernen mussten; dieser Platz heißt noch heutzutage „Zaubrad“ oder der „Zauberplatz“.
Über diesem Zauberplatz erhebt sich mehr südlich eine andere Felsenkuppe unter dem Namen „Ruhdnik“; das war der Platz der Erholung für die neuen Schüler der Zauberei. Unter dem Ruhdnik noch mehr südlich befand sich ein großer, freier Platz unter dem Namen „Gerlize“. Das Wort „Gerlize“ hat in der damaligen dummen Zaubersprache so viel geheißen als: ein Platz der ausgelassensten Freude und sogleich auch ein Platz des Zauberspieles; daher noch heutigestags sich gegen die Felswände des Hohen Stadels hinzu mehrere Quellen befinden, die nur genau um ½12 Uhr einen Wasserstrahl hinaus stoßen, von welchen Quellen sich bis jetzt nur eine noch erhalten hat und „Halbzwölfuhrbrünndl“ heißt.
Noch mehr südlich von diesem Platze erhebt sich die noch heutigestags so genannte „Hohe Truth“, deren Name bezüglich der einstigen Bedeutung kaum näher beschrieben werden darf. Über dieser Hohen Truth kommt die sogenannte „Rote Wand“ auch „Blutwand“ genannt, und an diese sollen Abtrünnige oder Verräter des Zaubertums von den Teufeln geschleudert worden sein.
Wieder über dieser hohen Roten Wand befindet sich die sogenannte „Dreihexenspitze“, nach der jetzigen Sprache auch „Dreihexenköffel“, welche fortwährend von den drei ärgsten Hexen bewohnt war, die da Wache halten mussten.
Ober dieser Dreihexenspitze erhebt sich der ziemlich steile Rücken bis zum Hohen Stadl unter dem Namen „Hexenstieg“, welcher sich – wie schon bemerkt – bis zur höchsten Spitze hinanzieht, auf welche der Stadl oder die Burg des Hexenkönigs war.
Nördlich, parallel mit der höchsten Spitze, läuft ein zehn Klafter langer und bei drei Klafter breiter Felsenkamm; dieser hat jetzt den Namen „Hohebrüstung“, früher aber hieß er „Hexentrui“. „Trui“ heißt soviel als „Trieb“; da wurden sie hinausgetrieben in die freie Luft und mussten die Nebel ergreifen, die aus der Spitze, namens „Deuwand“ (in neuere Sprache übersetzt: „Teufelswand“) aufstiegen.
Mehr nördlich von der Deuwand ist die Deudreispitz'; noch mehr nördlich der Böse Sieg, und noch etwas mehr nördlich die hohe Siebenwand, auch „Hohle Spitze“ genannt, welche von den allerärgsten Geistern sollte bewohnt worden sein.
Mehr südlich vom Hohen Stadl befindet sich eine sehr steile Spitze unter dem Namen: die „Verdammte Bucht“, in der neueren Zeit auch „Sandriß“. Noch mehr südlich, aber etwas tiefer unten, ist der Teufelsgalgen, und von da etwas mehr südwestlich das Böse Weib.
Aus diesen Namen geht ganz klar hervor, in welcher Berühmtheit einst dieser Gebirgsstock gestanden ist. Schon der alleinige Name „Unholden“ zeigt hinreichend den einstig gekannten Charakter dieses Gebirges, welches zum Teil Kärnten, zum Teil Tirol und auch einen tüchtigen Teil von Welschland beherrschte.
Dass hinter diesen Sagen wieder nichts anderes steckt als was Ich nun schon bis zum sonnenklarsten Anschauen erklärte, versteht sich von selbst.
Eben dieser Hochstadl ist auch ein so frei gestellter Berg und daher ein Lieblingsaufenthalt solcher euch schon bekanntgemachter, mehr frei gewordener Naturgeister, welche mit den am Fuße dieses Berges wohnenden Landleuten in euch schon bekanntem Konflikte standen. Dass sich aber an den Namen dieses Berges und seiner Ausläufer so manche traurige Hexen-inquisitionsgeschichte knüpft, das braucht kaum einer näheren Erörterung; denn an der Drau ist noch heutigestags die Hexengerichtsstätte der alten Herrschaft Flaschberg ersichtlich, deren Name schon eine hinreichende Beschreibung von dem in sich schließt, was einst hier verübt wurde.
Ähnliche Berge gibt es in Tirol noch eine Menge; so ist die Gantspitze, der Hohe böse Ring, der Böse Stein, der Hohe Helm, der Brenner, der Ötzer, die Vintschgauer Hochkuppe, das Wurmserjoch und dergleichen noch mehrere, überaus berüchtigt, in der Schweiz das bekannte Wetterhorn, das Finstere Achhorn, der Hohe Mönch, das Wöllerhorn, die Pilatusspitze, auch der Bernhardsberg, die Teufelsbrücke und dergleichen noch eine Menge, – lauter Berge von gleichem Kaliber.
Doch im höchsten Grade berüchtigt sind die Berge Savoyens. Denn da waren nach den Volkssagen die höchsten Häupter der bösen Geister zu Hause, und jeder Savoyarde war noch vor eben nicht gar zu langer Zeit mit einer derartigen Verachtung angesehen, dass man ihn kaum für etwas höher hielt als die Tiere, so wie auch noch vor nicht gar langer Zeit die Bewohner der Pyrenäen unter dem Namen „Chacots“ von den Spaniern mehr als der gemeinste Hund verachtet wurden.
Nachdem wir nun zur Beleuchtung des Daseins der Geister in unserer zweiten Region durch diese Histörchen hinreichend viel erörternd dargetan haben und nun sehen, wie es in dieser zweiten Region zugeht, so werden wir uns fürs nächste sogleich in die erste Region herab begeben und sehen, wie es da geistig zugeht.“ [Er.01_037]


Wie wir durch das Leben wandern sollen

„Viele Täler durchwanderte ein Freund der Schöpfung und fand da nicht selten recht sonderlich schöne Gegenden und gar manche reizende Partien. Die schönsten jedoch waren für ihn jene, die mit Seen geschmückt waren oder mit ziemlich ansehnlichen Bächen oder Flüssen, und die daneben auch mit hohen Bergen umfasst waren. Ganz große Flachländer gefielen dem Wanderer nicht, wie auch jene Gegenden nicht, deren Boden mit großen Städten bedeckt war.
So sehr es aber unsern Wanderer gar oft gelüstete, auf einen oder den andern hohen Berg zu steigen und von seinen Zinnen einmal eine großartigste Aussicht zu genießen, so konnte er aber dennoch nie den Mut dazu gewinnen, sich auf irgendeine bedeutende Höhe hinaufzuschwingen. Denn bald glaubte er, es würden ihm seine Füße den Dienst dazu versagen, bald wieder fand er keine nach seiner Idee verlässlichen Führer, bald wieder war ihm die Unbeständigkeit des Wetters auf solchen Höhen ein sehr bedenkliches Hindernis, bald steile, ungebahnte Wege, bald die breiten und dichten Wälder, die gewöhnlich schon am Fuß solcher Alpen beginnen und nicht selten über 5-6000 Fuß hinaufgehen – und dergleichen Hindernisse mehr.
Einmal jedoch, als er in eine kleine, aber sehr niedliche Ortschaft kam, die gerade am Fuß einer gar schönen und sehr hohen Alpe lag, und eine gar schöne Witterung ihm sehr günstig zu sein schien, bekam er eine gar mächtige Lustanwandlung, mit gewählten und gar wohlerfahrenen Führern diese Alpe zu besteigen, um doch endlich auf seinen vielen Reisen einmal zu jenem vielgepriesenen, wahrhaftigen Hochgenuss zu gelangen, der sich den Bergbesteigern auf eine unbeschreibliche Weise in stets überschwenglicher Fülle darbietet – was aber natürlich unser Wanderer nur vom sogenannten Hörensagen und aus manchen gelesenen Gebirgsreiseskizzen kannte.
Fest ward also der Entschluss gefasst, koste es nun, was es wolle, nimmer solle nun diese Vornahme durch was immer für eine möglich vorkommende Kalamität als aufgegeben und unausführbar betrachtet sein! – „Also, frisch auf!“, sprach der Wanderer. „Bald, bald, du stolze Spitze, sollst du von meinem schwachen Fuße gedemütigt werden! Ein Sterblicher wird dich, einer Ewigkeit trotzen Wollende, überragen und von dir in weite Fernen hinausschauen und einen Anblick genießen, der dir viele Jahrtausende deines stolzen Daseins hindurch versagt war und fürder versagt bleiben wird!“
Die Bergführer standen bereit, mit allem Nötigen versehen. Der Wanderer überließ sich ganz ihrer Leitung, und so war die Bergreise mutig angetreten. Die erste Stunde ging es gut; denn da war noch recht viel Abwechslung, bald eine Bergkeusche, bald eine Herde mit ihrem Hirten und bald eine Wiese, die ein Bächlein gar behende durchrieselte. Aber nun begann der Wald, anfangs nur spärlich aussehend; je höher hinauf aber ein stets steiler und rauer werdender Weg unsere Gesellschaft führte, desto dichter auch wurde der Wald und desto mehr wurde er von nicht selten nahezu undurchdringlichem Gestrüpp durchzogen.
Drei Stunden hatten die Wanderer mit der Besteigung des Berges bloß durch den Wald zugebracht, und noch wollte er kein Ende nehmen. Da fragte der Wanderer die Führer, wie lange wohl der Wald noch dauern werde. – Und diese sprachen: „Noch ein paar Stunden Weges!“ – Da ward der Wanderer unwillig und sprach: „Das ist ja entsetzlich!
Wahrlich, so der überaus beschwerliche Wald noch ein paar Stunden dauern sollte, da kehre ich lieber um und will unten im Tale einen förmlichen Eid ablegen, mit diesem höchst ermüdenden Versuche für alle meine Lebzeiten jede künftige Bergbesteigungslust auf das vollkommenste abgekühlt zu haben!“
Aber die Führer sagten: „Freund, das tun Sie ja nicht! Wir sind nun dem Ziel, das wir hier verfolgen, näher, als Sie glauben! Daher wäre es sehr unmännlich, nun umzukehren ob dieser kleinen Strecke Waldes. Machen wir uns daher nur recht mutig wieder auf den Weg, und bald werden wir auf die freien Alpentriften gelangen, wo jeder Schritt von neuen Wundern gewürzt sein wird!“
Diese Rede gefiel dem Wanderer, und er setzte mit seinen Führern den Weg durch den noch übrigen Wald mutig fort. – Nun war der Wald dünner, die Bäume wurden klein und verkrümmt, und schon wurden hie und da die weitgedehnten blass-grünen Alpenmatten, glitzerndes Steingerölle und vermoderte übereinanderliegende Urbaumstämme ersichtlich. – Endlich ward auch der letzte Rest des Waldes hinter den Rücken gelegt, und die Gesellschaft gelangte auf die ganz freien Alpentriften und nahm da Rast und einige Stärkung für die noch allerbeschwerlichste weitere Besteigung der höchsten Spitze.
Man rastete bei einer halben Stunde, erhob sich dann und wollte weiter aufwärtsziehen; aber siehe, da kam – was auf derlei Höhen nichts Ungewöhnliches ist – plötzlich ein heftiger Wind, und die höchste Kuppe wurde von dichtem Gewölk umlagert. Da machten die Führer bedenkliche Mienen, und der Wanderer verwünschte jeden Gedanken, der ihn dazu bewogen hatte, diesen Berg ersteigen zu wollen; denn die schon sehr schöne Aussicht von den hohen, freien Alpentriften war ihm durchaus zu wenig Lohn für seine große Mühe. – Da der Wind aber stets heftiger war und die Nebel tiefer und tiefer herabfielen, da beschloss die Gesellschaft, den Weg von der Alpe auch so schleunig als möglich wieder zurückzumachen, um einem sicheren Hochgewitter zu entgehen.
Schnellen Schrittes ging es nun abwärts, und das Tal war in der halben Zeit erreicht, welche die Gesellschaft zur Ersteigung dieser Alpe brauchte. Als sie alle, die Führer und der Wanderer, wieder in der Ortschaft ankamen, siehe, da kam ein anderer Wind, und alle Bergspitzen standen wieder kristallrein vor den Augen der müden Wanderer.
Da bereute es auch unser Wanderer, dass er sich von einem kleinen Wetter hatte einschüchtern und entmutigen lassen und beschloss, bei einer künftigen ähnlichen Gelegenheit klüger und ausdauernder zu sein.
Ein alter Mann aber, der gehört hatte, wie der Wanderer vor dem Abmarsche gar stolz den Berg angeredet hatte, sagte zu ihm: „Wenn du wieder einen Berg besteigen willst, so musst du dich vorher recht klein, aber nicht recht groß machen; denn siehe, jede Höhe ist rein und geheiligt! Daher will sie auch in der Demut und nie im Hochmut erstiegen sein. – Wehe aber dem, der sie im Hochmut ersteigt; der wird einen mächtigen Fall tun und wird sich zerschellen, und sein Fleisch wird hängenbleiben an den schroffen Spitzen emporragender Felsen!
Wenn du aber ein rechter Wanderer sein willst, dann lass dich fürder nicht abschrecken von den Höhen und besteige sie sattsam, so wirst du erst recht innewerden, wie herrlich, groß und mächtig Der sein muss, dem es ein leichtes war, eine so große und herrliche Erde bloß durch Sein ,Werde‘ hervorzurufen! Es sind wohl die Täler, die du schon überhäufig bereist hast, auch demselben allmächtigen ,Werde‘ entsprossen, aber es ist dennoch ein großer Unterschied zwischen ihnen und den Bergen. Die Aussicht im Tal ist beschränkt und eingeengt, auf den Bergen aber frei und oft unübersehbar. Es gleicht das Tal einem ganz gewöhnlichen Menschen, der außer den natürlichen Bedürfnissen keine höheren kennt; die Berge aber sind daneben gleich einem Weisen, der über alle die weltlichen Bedürfnisse erhaben sein Herz und Haupt hoch emporhebt und seine Augen nur dorthin richtet, wo er die großen heiligen Denkmäler Dessen erschaut, den sein Herz so ehrfurchtsvoll und dabei aber doch auch ebenso heilig kindlich froh „Lieber, heiliger Vater!“ nennt.
Siehe, du mein lieber Freund, also reise du, und also besteige du gerne die Berge, dann werden dir deine Reisen einen großen Gewinn für dein Leben bringen zeitlich und – verstehe – dadurch auch ewig! Denn wir alle sind Wanderer und wandern von der Wiege bis zum Grab manchen beschwerlichen Weg. Da geht es manchmal steil, holpericht, manchmal wie auf dem Glatteis. Die meisten Lebenswanderer gleichen dir und bleiben lieber in den Tälern ihres Tierwesens, als dass sie sich einmal die Mühe nähmen, einen Berg zu besteigen, um da wenigstens die Aussicht zu einem wahren Menschen zu bekommen. – Also aber soll es nicht sein!
Wir sollen wohl in den Tälern der Demut wohnen; aber darin sollen wir nicht vergessen, dass die Berge der freien Gott- und Menschenerkenntnis zu besteigen sind – was von Gott Selbst vorgeschrieben ist!“
Dessen gar wohl eingedenk ging unser Wanderer seinen Weg weiter, fand die Worte des alten Dorfweisen richtig und nachahmungswert und – fand das Leben! Wollt ihr es auch finden, so folgt seinem Beispiel! Amen.“ [HiG.02_47.06.18]

***

Ein Wort zum Reisen im Allgemeinen

„Je naturgemäßer, einfacher und in sich gekehrter die Menschen irgend in der Welt leben, desto mehr und lebhafter stehen sie auch mit den besseren und guten Geistern aus dem Jenseits in Verbindung. Und das war denn auch bei euch und mit euch der Fall. Als ihr aber dann durch eure vielen Reisen weltläufiger geworden seid, da haben euch auch eure Lehr- und Leitgeister verlassen und euch euren eigenen Erkenntnissen, eurer Vernunft, eurem Verstand und eurem eigenen freien Willen anheimgegeben.“ [GEJ.06_040,05-06]

„Bemüht euch, aus euren „Erholungsstunden“ in stiller Ruhe und Zurück-gezogenheit eures Gemüts Mir geweihte Stunden zu machen – so könnt ihr früh erfahren, wie überaus gut und voll Liebe Ich, euer Vater, bin. Und wahrlich, in einer Minute möchte Ich euch da mehr geben, denn alle Welt in tausend Jahren. So euch aber eure Erholungsstunden zu was anderem dienen, so werdet ihr auch ebenso sicher erfahren, wie fremd, unerforschlich und unerbittlich Ich jenen zu bleiben pflege, die den Unrat der Welt und allen Trug des Satans Mir vorziehen.“ [HiG.01_ 41.03.13,19-20]

„Es werden sogar viele können in kürzerer Zeit weite Reisen machen und werden manche können mit großer Leichtigkeit anderer Städte Theater, Bälle und dergleichen besuchen, – es wird einen wahren Zentralkonflikt der Unter-haltungen und Belustigungen aller Art geben. Aber was und wie viel Ich und Mein Reich dabei gewinnen werden, höre, das ist eine ganz andere Frage!!! –  Luxus aller Art, neue Weltbedürfnisse, Stolz, Hoffart, Pracht, böse fremde Sitten, Unzucht, Hurerei, Gottesvergessenheit, Eigenliebe, Gewinnsucht, Fraß, Völlerei bei den Prassern, Vaterlandsgeringachtung, Geringschätzung alles dessen, was Mich betrifft, Kaltsinn gegen der Brüder Armut, Geringachtung sogar aller Staatsgesetze, wenn sie sich etwa auf Gewinnbeschränkungen erstrecken sollen, daraus Unzufriedenheit im allgemeinen! – Doch von den weiteren schönen Folgen daraus lasst uns für jetzt noch schweigen. – Die Erfahrung aber wird euch erst die Quittung über diesen baren Empfang mit blutroter Schrift unterzeichnet von zahllosen Armen übergeben!“ [HiG.03_ 42.01.30,07]

„Was aber die „heiteren und lebensfrohen Stunden“ betrifft, da sage Ich dir nichts als das: Werden außer Mir lebensfrohe und heitere Stunden gesucht, siehe, da muss Ich als Allwissender dir offen gestehen, dass Ich da wahrlich nicht weiß, ob solche außer bei Mir noch irgendwo zu finden sein werden. In Meiner heiligen, unendlichen Allheit gibt es keine solche! Und somit dürften solche lebensfrohen und heiteren Stunden wohl nur künstliche Griffe des Satans sein, die da gleichen den reizenden Genüssen in eitlen Träumen, durch welche die ganze Natur verderblich betrogen wird. – Wem Ich als größte Erholung nicht genüge, der ist wahrhaft ein Sohn Meines größten Feindes.“ [HiG.01_41.02.02,07]

„Es gibt immer Menschen und Geister, die stets der Meinung sind, dass man in der Fremde mehr sehen, erfahren und lernen kann als daheim; und doch scheint überall ein und dieselbe Sonne. Ja, man kann in der Fremde wohl andere Gegenden, andere Menschen und andere Sitten und Sprachen kennenlernen; ob aber dabei das Herz etwas gewonnen hat, das ist eine andere Sache! – Wer nur aus purer Neugierde in die Fremde zieht, um sich dort besser zu vergnügen und zu zerstreuen, der wird für seines Herzens Bildung wenig gewinnen; wer aber in die Fremde zieht, um den dortigen Menschen zu nützen und ihnen zu bringen ein neues Licht, der wandere und wirke, und die Reise wird ihm viel Gewinnes abwerfen!“ [GEJ.02_036,18-19]

„Siehe, wer Mich liebt, der muss Mich ganz lieben! – Wenn sich die Meinen irgendeiner Weltbelustigung manchmal mehr freuen denn Meiner Liebe, siehe, das kränkt Mich schon! Denn Ich bin ein Todfeind von aller Weltkoketterie!“ [HiG.02_43.11.19,06]


Und zum Fliegen

Jesus: „Danke du Gott, dass Er den Menschen keine Flügel zum Fliegen gegeben hat; denn könnte der Mensch auch noch fliegen, da wäre gar nichts mehr sicher vor ihm! Er würde mit solcher Fähigkeit die Erde in kurzer Zeit leicht noch ärger zurichten als ein ägyptisches Heuschreckenheer eine Wiese und ein Feld, auf das es sich hinwirft. Darum beneide du die Vögel nicht um ihre Flugfähigkeit, und wünsche diese den Menschen nicht! Für sie genügt die Bewegungsfähigkeit, die sie haben; denn sie kommen noch schnell genug weiter, um einander zu bekriegen. Nur so ein Mensch seinem Nächsten zu Hilfe kommen solle, da wäre es gut, dass er sich schneller bewege; aber bei solchen Gelegenheiten lassen sich die Menschen sehr Zeit und wünschen sich die Flugfähigkeit der Vögel nicht.“ [GEJ.08_191,10]

Raphael: „Vorderhand ist es aber um vieles besser für den Menschen, dass er leiblich nicht fliegen kann; denn könnte er auch das, so würde er bald zum größten Raubtier auf der Erdoberfläche werden, und er würde der Kultur des Erdbodens nimmer gedenken. Besser ist es daher für den Menschen, so seine Seele geistig recht flügge wird, der Mensch aber seinem Leib nach schön fein auf dem Boden der Erde verbleibt, für den er auch die leibliche Einrichtung hat. Der Mensch kommt mit seinen Füßen noch weit genug und gar oft nur zu weit; und kommt er mit seinen Füßen nicht schnell genug fort, so hat er dazu der tauglichen Tiere in Genüge, die schnellfüßiger sind als er und ihn nach einiger Abrichtung in sehr abgekürzter Zeit von einem Ort zum anderen bringen können, und er kann sich auch Schiffe bauen, mittels denen er über das Meer wie auf trockenem Land fahren kann.“ [GEJ.10_228,05-06]


Anhang
Vom Geheimnis der Berge – Gedichtworte zur „Kleinalpe“

Am 14. Juli bestiegen J. L. – G. B. – Andr., Jos. und Ans. H. bei günstiger Witterung die höchste Spitze der Kleinalpe bei Übelbach und verweilten – ungeachtet eines anhaltenden, kalten Sturmes aus Westen – drei Stunden auf der Höhe, von wo aus die bedeutendsten Hochgebirge der Obersteiermark wie auch die Städte Judenburg und Leoben deutlich erblickt werden konnten. – Am 15. Juli erging dann an den Knecht des Herrn J. L. folgende Kundgabe:

„Schreibe! Es ist ein lieblich Wort wohl zu vernehmen von den Höhen der Berge auf der freien, schönen Spitze der Kleinalpe:

Was starrst du, müde Schar, dahin nach jener Berge Reihen,
da schroffe Scheitel Mir, dem Schöpfer, ihre Düfte weihen?
Erkenne deine Schuld! Und lern' es wohl von diesen Helden,
was all's sie dir von deinem Vater, ihrem Schöpfer, melden.
Wie kühn und mächtig sie da stehen, diese großen Zeugen,
und wollen nimmer, so wie ihr, von Meiner Größe schweigen!
Um ihre heil'gen Spitzen häufig frohe Nebel kreisen
und helfen dankend ihnen still den großen Vater preisen.
Und heit‘re Winde rauschen mächtig über hohe Zinnen
um anzuzeigen, dass die Felsen dort Mein Lob beginnen.

Es banget dir, du matter Seher, vor den ries'gen Höhen,
du schauerst, wenn der Alpen reine Geister dich umwehen,
als kühle Winde deinem Auge manche Trän' entlocken!
Doch wenn du sehen möchtest, wie Äonen weißer Flocken
Sie emsig aus den müden Wolken freudig formen, bilden
und sie dann sorglich steu'n auf all den hohen Moosgefilden,
und möcht'st du sehen all dies noch mit deines Geistes Augen
und seh'n, wozu all diese Geisterarbeit möchte taugen –
sodann erst möcht'st du rufen: „Wer da achtet Gottes Werke,
hat eitle Lust! Sie zeigen ihm des heil'gen Vaters Stärke!“

Ihr habt geseh'n des Oberlandes kühn gestellte Berge
und auch geschaut auf deren Schoß die niedern stein'gen Zwerge.
Den hohen „Schwab“ und „Reiting“ saht ihr alle duftend prangen,
den „Pred'ger-Stuhl“ und andre Berge, die mit Wolken rangen.
O höret diese selt'nen Berggebilde sprechen!
Vernehmt ihr Wort in eures stein'gen Herzens sand'gen Schwächen!
Es lautet kurz also: „Du schwacher Mensch auf dieser Erde!
Du schaust ganz wonnetrunken, stumm für unsere Beschwerde,
die hehre Pracht an uns. Doch würdest du uns näher treten,
dann möcht'st du schauern wohl vor unsern schweren Prüfungsketten!“
Und also weiter legen Worte euch ans Herz die Berge,
also verständlich: „Seht uns an und schaut die alten Särge,
wie wir dasteh'n und majestätisch in die Lüfte ragen,
also auch eine Unzahl Tote stets in uns wir tragen.
Und wenn die Barmlieb' Gottes uns nicht möchte kühlen,
fürwahr des Grimmes Wüten würde bald das Land erfüllen.
Denn die wir fest in unsern harten Leibern müssen halten,
die möchten, flammend, schier in einer Stund' die Erd' umstalten.
Doch solches zu verhüten und zu wahren euch den Frieden,
drum tragen wir an eurer Statt die große Last hinieden!“

O lasst der Berge mächt'ge Worte tief ins Herz euch bohren!
Denn wieder weiter legen sie die Zung‘ an eure Ohren,
also vernehmlich: „Wenn die Nebel uns behend umkreisen,
verhüllend unsre hohen Scheitel, sehet, da bereisen
gar hehre Wesen mächtig uns, schon alte Totenwächter,
und sänften da mit ihrer Lieb' in uns die Gottverächter
durch ungezählter Tränen Menge aus der Liebe Augen.
Die da in uns der Liebe Spende sorglich in sich saugen,
die werden dann erweckt, um zu erstehn ins freie Leben,
und nach und nach ins höh're, wie's euch Menschen ist gegeben.“

Und da der Berge Mund für euch schon einmal offen stehet,
so horcht noch ferner, was der Hohen Hauch zu euch hinwehet:
„Wenn mächtig über unsre Häupter frische Winde eilen,
dass ihr darob auf uns nicht lange könnet forschend weilen,
da ist's, dass Legionen neue Leben sich erheben
und, sorglich eilend, nach den pflanzenreichen Eb'nen streben.
Um solches vorbestimmte Ziel baldmöglichst zu erreichen,
vereinen sie zu Nebeln sich nach alten Lösgebräuchen
und fallen dann als leichter Regen über Pflanzentriften,
allda sie, neubelebend, selbst sich in das Leben lüften.

Und wenn im spät‘ren Herbst die frühen Flocken uns bekleiden,
darob uns alles warme rege Leben pflegt zu meiden,
ja selbst so manche heit're Quelle eisig stockt im Fallen,
und alles so verstummt auf unsren freien Lebenshallen,
da winkt dir, Forscher, eine neue Zeit, ihr treu zu bleiben
mit deinem Aug' und Ohre. Denn da fängt sich's an zu treiben
hinauf, hinab. Nach allen Seiten siehst du nichts als streben
nach einer festen Form, um so zu künden sich als Leben.
Denn solches ist die Heimwehzeit, da alles sich möcht' finden.
Darum da jeder Geist sich gerne lässt durch andre binden.

Und wenn dann erst der volle, treue Winter ist gekommen,
alsdann wird nicht gar selten unsre feste Brust beklommen.
Denn da ereilen uns des hohen Nordens Friedensrichter,
bestreuen unsre tiefen Furchen bald durch ihr Gelichter
von tiefem Schnee und starrstem Eise, uns zur Probe drückend.
O seht, dann ist's auf unsern Höh'n zu wandeln nicht entzückend.
Denn da wird jedes freie Leben also hart ergriffen,
dass es wohl nimmer fühlen mag der Liebe süßes Triefen.
Und wenn des Frühlings Hauch zerreißet auch des Nordens Bande,
da kehrt kein Leben mehr zurück zum früher'n Heimatlande!

Nur wenn das stumme Schnee- und Eisgelichter ist gewichen,
allwann ein warmer Frühling hat den Winter weggestrichen,
da kehret dann das Pflanzenleben wohlgestärket wieder.
Doch nimmer wiederkehren da erfror'ner Vöglein Lieder.
Selbst Menschen, die auf unsrem Rücken hat der Nord erdrücket,
die werden schwerlich mehr von uns‘rer Sonne Strahl erquicket.
Doch so ein freies Leben hier gefährdet ist geworden
durch ein zu friedsam‘ Walten unser's übertreuen Norden,
so soll darob wohl niemand gar zu sehr uns Berge klagen.
Denn solch‘ Gefang'nen fängt ein andres Leben an zu tagen!“

Und so mag dieses Liedchen euch zu einer „Fahne“ dienen,
mit der ihr all der Berge Sinn könnt überleicht gewinnen
und leichter auch verstehen, was Ich euch noch werde geben.
Fürwahr, ihr könnt durch diese „Fahne“ manchen Zweifel heben.
Denn leichter ist's: auf Berge geh'n und von da and‘re schauen,
als zu versteh'n, woher auf selben rührt solch wonnig Grauen.
Darum denn gab Ich vor der größer'n Gabe diese „Fahne“
zu Händen euch, damit sie euch getreu zuvor ermahne,
dass Meine nächste Gabe sich in Weisheit wird ergießen,
die ihr durch diesen Schlüssel euch gar leichtlich könnt erschließen.“


Quelle: Jakob Lorber am 15. Juli 1841, Himmelsgaben Bd.1, S.393.

Auf den Bergen

Auf, nur auf! Die düstre Nacht entschwand, ihr Brüder!
Horcht, schon schallen von den Höhen hehre Lieder;
Töne, gleich dem Sphärensange, hört sie schallen
Durch des Gottestempels weitgedehnte Hallen !
O, ein großes Echo dort sich bricht am Steine;
Hört doch, wie dess Nachhall schwindet durch die Haine! -
Weitgedehnte Fluren, Freude jauchzend, beben;
Alles scheint zu sein voll Lust und Leben!
Und der Berge eisbesäte, steilste Spitzen -
Ja, sie leben! "Leben"! hallt's aus ihren Ritzen!

Hier steh' ich, ein Gotteszeuge, wonnetrunken,
Schaue stumm, wortlos, so ganz in mich versunken;
Hehre, heil'ge Schauer meine Brust durchziehen;
Riesige Gestalten über Berge fliehen!
Doch ich fasle; Nebel nur die Höh'n umgürten,
Ihre regen Schatten mir mein Aug' beirrten;
Diese scheinen nun von Berg zu Berg zu springen,
Gleich, als solle ihnen gar ein Kampf gelingen. -
O, Du Großer, dem die Sterne all' gehorchen,
Herrlich ist es, nur allein auf Dich zu horchen!

Dort gen Mittag halt' mein Aug' ich nun gewendet,
Hinter Riesenalpen ragt, wie ganz noch unvollendet
Ein beeister, stein'ger Riese, unbeschreibbar
Hoch empor, dem Auge nahe unerreichbar;
Wie doch gar so sonderbar, dass blanke Wände
Zu verkünden scheinen aller Dinge Ende;
Nichts als eis'ge Trümmer über Trümmer hängen,
Nichts als Felsen nur an Fels sich dräuend drängen,
Ritze, Klüfte, tief- und weitgedehnte Spalten
Sind's, die schaurig düster diesen Berg gestalten! -

Wer mag wohl mit kalter Brust solch' Wunder schauen?
Wahrlich, den da nicht befällt ein heilig Grauen,
Nicht ein Sehnsuchtsfieber nach den lichten Höhen,
Der ist tot und wird vom Tode – nie erstehen! –  
O, der blinden Toren, die die Welt durchrennen
Geldes wegen, aber – Heiliges verhöhnen! –  
Da komm' her, du Sklave deiner tollen Gierde,
Lege nieder deiner Narrheit schwere Bürde,
Send' nur einen freien Blick zu diesen Höhen
Und du musst und wirst den bessern Schatz ersehen! –
O des schönsten Tales, das mein Aug' gesehen
Jemals hat! – Wer mag des hehres Bild verstehen? -
Segensvolle Triften, Äcker, Wiesen, Auen
Wechseln stets mit furchtbar schroffen Felsengauen;
Da ein Wildbach über mächt'ge Steine rauschet,
Dort von einer schwindlen Höhe wieder stürzet
Einer steilsten Wand entlang, mit Glanz umschürzet,
Tobend wild, zerschäumt, zerstäubt und ganz zerrissen,
Nicht ein Bach, ein Strom fürwahr, auf mein Gewissen!

Wer kann solche große Wunderdinge schauen
Ohne Bangen, ohne Lust und Heil'ges Grauen?! -
Wahrlich war, Gebet ist da in jedem Zuge
Leicht'ren Odems ohne alle Täusch' und Truge;
Wer wohl könnte da des Betens sich enthalten
Wo vor ihm so große Wunder sich entfalten?
Einen Blick nur braucht man hier empor zu senden,
Wo die Berg' in eisumstarrten Spitzen enden,
Die gar hoch noch über Silberwölkchen ragen;
Ob ein Gott? – magst immer noch du zweifelnd fragen?

Wen des Heimatlandes Hügel zweifelnd lassen,
Hierher komm' er, um da jählings zu erblassen
Vor den vielen, großen mächt'gen Gotteszeugen,
Wahrlich, seine Zweifelzunge wird da schweigen,
Wo der Erde Riesen Donnerworte sprühen,
Sagend: "Staub! betracht' dein eitel, tolles Mühen,
"Was vermagst du denn durch all' dein loses Sinnen?
"Kannst dadurch ein ew'ges Sein du wohl gewinnen?
"Sieh', wie stolz und mächtig wir vor dir auch stehen,
"Wird uns doch der Zeiten Hauch dereinst verwehen! –  

"Und du schwaches Würmchen, zitternd vor uns Großen,
"Die wir Gottes Feuerwillen sind entsprossen,
"Kannst in deiner engen Brust noch Zweifel tragen,
"Und nach einem Gotte, deinem Schöpfer fragen?! -
"Sieh' herauf zu unsern eisumstarrten Spitzen;
"Sieh', wie wir aus unsern Klüften, Spalten, Ritzen
"Standhaft betend unsern großen Schöpfer preisen,
"So du Wölkchen siehst um unsre Stirne kreisen,
"Darum komm' herauf, nicht scheuend manchen Riegel,
"Zweifler; finden wirst du hier der Allmacht Siegel!

"Gott, der mächtig Ew'ge, hat es scharf gestochen;
"Tief und rein sind unsre Stirnen durchgebrochen;
"Dieses Siegels Zeichen wirst du leichtlich lesen,
"Keine Hieroglyphen sind's, kein täuschend Wesen,
"Sondern klare Zeichen leuchtend wirst zu finden,
"Die dir, Zweifler, deinen Gott getreu verkünden! –  
"Diese Zeichen sind in weit gedehnten Reihen,
"Um dir einen Gottesglauben zu verleihen,
"Hingestellt von mächt'ger Hand der ew'gen Liebe;
"Lese sie! und ordne deine finstern Triebe."

Ja, auf dieser Berge lichtumfloss'nen Höhen
Rein're, Gottes-Geist-erfüllte Lüfte wehen! -
Kahle Wände, eis'ge Zacken, tiefe Klüfte,
Mächt'ge Quellen, Wasserfälle, moos'ge Trifte,
Steingerölle, hohe Seen, alte Bäume,
Morsch zerstreuet, schneeumflorte Felsensäume,
Tiefer liegend, vollbelegte Alpenwaiden,
Wechselnd hie und da mit grau bemoosten Haiden
Und noch tiefer, dichte Wälder; das sind Zeichen,
Denen jeder Glaubenszweifel schnell muss weichen! -

Möcht' da Jemand weislich mir entgegen sagen:
"Solche Zeichen ja auch klein're Dinge tragen!
"Muss man denn gerad auf hohe Berge gehen,
"Um der Gottheit Allmachtszüge zu erspähen? –  
"Auch in einer Milbe magst du solche finden
"Und Atome müssen dir den Gott verkünden!"
Wahr ist's, wahr! – Doch kleine Schrift ist schwer zu lesen,
Leichter viel der großen Zeichen deutlich's Wesen;
Wer da einmal ist im Herzen blind geworden,
Was sind dem der kleinsten Zeichen matte Horden?!

Wenn dem Gottesforscher schon genügt das Kleine,
Wenn ihn schon erfreu'n sehr bunt belebte Haine,
Darum er ein Forscher ist so ganz im Stillen,
Zu erkennen seines Gottes heil'gen Willen;
So doch sind darum die hohen großen Zeichen,
Nicht als überflüssig etwa auszustreichen;
Sondern mehr und mehr gar treu und wohl zu achten,
Denn auf solchen Höh'n und inn'ren tiefen Schachten,
Welche nie noch hat der Sonne Strahl durchdrungen,
Wird ein fester Glaube leichter stets errungen.

Kleine Zeichen, möcht' sich mancher Klügler dünken,
Die dem Forscher zu Eonen Scharen winken,
Reichen hin, der Gottheit Weisheit zu erkennen
Und dadurch sich selbst nach ihr allein zu sehnen;
Aber ist das eines Menschen rechtes Streben?
Freunde, was zuerst die Lieb' nicht mag erheben,
Nicht des wahren Lebens Quell in uns erwecken,
Wird auch wahre Weisheit schwerlich je erzwecken!
Darum ist an großen Zeichen viel gelegen;
Segen dem, der liebend treu sie mag erwägen! –  

Auf der alten Feste, Greifenburg benennet,
Die zu sehen lang ich mich schon hab' gesehnet,
Hab' ich Klein und Groß recht klärlich unterschieden,
Hier erst ward mir neu ein herrlich's Licht beschieden,
Und dies Licht hat solches treulich mir bekundet:
"Wo die Zeichen klein und völlig abgerundet
"Deinem Aug' erscheinen, sind zu unterscheiden
"Schwerer sie; des Glaubens aber höchste Freuden
"Und des wahren Liebelebens gold'nen Frieden
"Findest du auf diesen stillen Höh'n hienieden!" –

Wahrlich wahr, wie still und lautlos ist das Leben
Und wie gar so himmelwärts des Geistes Streben,
Auf den eisumstarrten, schroffen Bergeshöhen,
Wo da nimmer ist ein Kräutlein zu erspähen! –  
Doch nicht nur auf Bergeshöh'n und eis'gen Triften,
Als wie auch auf Gletscherspalten, Felsenklüften,
Magst allein du deine Gottesliebe wecken,
All' den Glaubenszweifel in die Klüfte stecken,
Sondern – mir am Fenster schon benannter Veste
Sich der letzte, dunkle Zweifelsschleier löste. –  

Stets zwar, wo du willst, kannst Gottes Wunder schauen;
Doch genießen kannst sie nur in solchen Gauen,
Da ein ewig stiller Friede scheint zu walten,
Und die Allmacht Wundergroßes zu gestalten;
Wenn schon auch die zarten Blümchen dich beglücken
Und dein kindlich Auge fromm belebt entzücken;
Doch dabei muss aber du ja nicht vergessen,
Wie der Herr für Männer hat die Kost bemessen:
An der Milch allein die Kinder sich erlaben;
Mann! – Du musst zur Kost ein festes Brot ja haben! –  

Hier in Greifenburg in übergroßen Brocken,
Ob auch manchmal hie und da ein wenig trocken,
Gibt der Herr dem Manne Brotes zu genießen,
Wo aus stein'gen Triften reine Bäche fließen,
Wo gebirgsumkränzte Täler Segen hauchen,
Wo wohl stets aus Bergen neue Leben tauchen;
Da, o Freunde, darf der Geist nicht Hunger leiden,
Sondern stets genießen heilig's Brot – in stillen Freuden!
Kommet her und teilet es mit mir zufrieden;
Größ'res könnt ihr nicht genießen je hienieden!

Wahrlich! das ist ein gelobtes Land der Erde,
Da das Herz sich freut in jeglicher Beschwerde;
Wenn auch Milch und Honig, wie im Morgenlande,
Da nicht fließet; so doch fließt zum Liebesbande
Ein Gefühl der Freundschaft aus den wärmsten Herzen,
Lind'rung triefend für so manche Seelenschmerzen!
Hier möcht' ich mit Petrus und Jakobus rufen:
Herr! auf diesen Deiner Allmacht heil'gen Stufen
Ist gut sein; so lass' drei Hütten mich erbauen
Und in selben mehr und mehr mich Dir vertrauen!

Glaube, Hoffnung, Liebe sind der Hütten Namen;
Diese drei Gebäude fand ich hier beisammen;
"Brauchst sie ängstlich nicht erst irgend aufzubauen," –  
Klingt's im Herzen; "lang schon steh'n sie auf den Auen;
In den schlichten Hütten ist ein Herd gestellet,
Für den Herd ein treues Feuer auserwählet,
Siehe, wie empor zum Himmel steigt die Säule;
Sie entsteigt dem warmen Herd in Heil'ger Eile,
Dampfend düster zwar; doch heilig ist ihr Wehen;
Sieh! Mich sollst als Koch nur bei dem Herd du sehen."


Nachwort

Nicht gelehrtes Forschen, nicht verschmähte Liebe, ja auch nicht was sonsten irgend einen Wanderer möchte her bescheiden zu besuchen diese hehre Gegend; nein! – all' dieses ist für mich kein Hebel; sondern einzig und allein nur der Geistessättigung zu Liebe, und aus Liebe zu der Liebe meiner Brüder kam ich hergezogen; doch was ich erwartet, war nicht klein in meiner Brust; der Herr hat aber meine Rechnung unterstrichen, und statt einer Fliege einen –  Elefanten mir gegeben! Jeder wird es leicht erraten, was ich damit sage. – Dem Herrn alles Lob, Dank und Ehre ewig! Amen.


Quelle: Jakob Lorber, in sieben Stunden in Greifenburg im Drautal geschrieben vom 19.-21.August 1841, ‚Psalmen und Gedichte‘, Seite VI.






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