"Rühr mich nicht an!" - Der Prophet Jakob Lorber

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SCHRIFTTEXTERKLÄRUNG

"Rühr mich nicht an!"
Johannes 20,17


Bitte des Knechts: „O Herr, wir bitten Dich in aller Demut um Aufschluss über nachfolgende Schriftstellen:
Bei Johannes, Kap.20,17 heißt es: ‚Jesus spricht zu ihr (Maria Magdalena): Rühr Mich nicht an! Denn Ich bin noch nicht aufgefahren zu Meinem Vater. Geh aber hin zu Meinen Brüdern und sag ihnen: Ich fahre auf zu Meinem Vater, zu eurem Vater, zu Meinem Gott und eurem Gott.‘
Bei Johannes, Kap.20,27 aber heißt es: ‚Darauf spricht Er zu Thomas: Reich deinen Finger her und sieh Meine Hände, und reich deine Hand her und leg sie in Meine Seite! Und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!‘
Es sei kein Wille weder in der Höhe noch in der Tiefe, denn der Deinige! Und was da geschieht in der Höhe wie in der Tiefe, geschehe nach Deinem heiligen Willen! Amen.“

So geschehe es denn, und du schreib! Müsst ihr aber doch nicht selbst von euch bekennen, dass, je näher euch etwas gestellt ist, ihr solches eben desto weniger begreift!? Seht, diese zwei Texte liegen euch so nah wie nur immer möglich! Allein statt in der Nähe zu suchen, sucht ihr in weitester Ferne, sowohl dem Raum als auch der Zeit nach, das Verständnis solcher leichten Dinge und findet daher dort auch allzeit sicher nichts, wo nichts derart zu finden ist.
Wer wird wohl im Wasser sein Haus und im Feuer seine Wohnung suchen wollen und nicht merken, dass er sich in seinem Haus und in seiner Wohnung befindet, während er dieselbe blind sucht, da wo sie nicht ist und nicht sein kann.
In welcher Kirche befindet ihr euch – und wer war die Magdalena? Welche Kirche entspricht aber Meinen Brüdern – und wer bin Ich? Seht, in diesen zwei Fragen ist das ganze Geheimnis enthalten! Oder meint ihr denn, dass die vor-malige Hure und Tänzerin vor allen Weltgroßen und Heiden, die da hatte seit ihrem zwölften Jahr sieben Teufel des Fleisches in sich und wurde davon durch Mich erlöst und tat viele Werke der Liebe und später ernste Buße geeignet gewesen wäre, Meine Heiligkeit anzurühren, da kaum ihre Tränen und die Haare ihres Hauptes geeignet waren, Meine Füße anzutasten.
Seht eure Kirche an, und das „Rühr Mich nicht an“ werdet ihr sicher deutlich und klar finden! Aber doch sage Ich auch zu ihr, was Ich zur Magdalena gesagt habe: Geh hin und sage Meinen Brüdern, dass Ich auch schon öfter unter deinen Kindern erstanden bin und nun zu ihnen komme, dass sie Mich schauen möchten und legen ihre Liebe an die liebedurchbohrte Seite und gewahren allda, gleich einem Thomas, die schmale Pforte und den schmalen Weg, der da führt zum ewigen Leben und durch dasselbe zum Vater, der da ist Mein Vater und durch Mich auch euer Vater, und der da ist Mein Gott und dadurch auch euer Gott.
Darum sollt auch ihr alle eure „Hände in Meine Wundmale legen“, damit ihr glauben mögt, dass Ich das ewige Leben Selbst bin aus eigener Macht, so wie Ich bin die Auferstehung Selbst und habe auch nicht das Leben vom Vater, sondern bin das Leben im Vater Selbst; wie der Vater nicht ist außer Mir, sondern Gott von Ewigkeit ist in Mir und wie aller Geist der Heiligkeit in aller Macht und Kraft ausgeht aus Mir wie aus dem Vater zugleich als einer und derselbe Geist.
Seht, so Ich aber nach der Auferstehung alles das war, was Ich jetzt bin und ewig sein werde, hätte denn da sollen eine bekehrte Hure zugrunde gehen, so sie Mich angerührt hätte, da sie noch bei weitem nicht gereinigt war durch eine wahre Buße!? Solches ist nur gestattet denen, welche sich zuvor von Mir ihre Füße haben willig reinigen lassen und mit Mir genossen haben das große Abendmahl.
Nun sage Ich aber euch: Lasst auch ihr euch von Mir eure „Füße waschen“ oder euch „ziehen“ von Mir, um zu empfangen den Platz an Meinem Tisch der wahren Liebe! Und kümmert euch nicht der Magdalena wegen, sondern glaubt, dass Ich es bin, der nun zu euch im Stillen kommt. Und legt euer Herz in Meine offene Seite, damit es da gestärkt werde zum ewigen Leben! Denn zu euch sage Ich nicht: „Noli me tangere!“, sondern euch sage Ich, was da gesagt wurde zum Thomas, da ihr alle mehr oder weniger fast lauter Thomasse seid, damit auch ihr gleich ihm dereinst lebendig werden möchtet! Aber wohl gemerkt: Nur Ich, und nicht die Magdalena, habe das Leben. Es ist daher noch nicht genug die Nachricht der Magdalena, sondern erst wenn Ich völlig in euer Herz kommen werde, wird die Weissagung erfüllt an euch, dass Ich „auffahre“ zu Meinem Vater und eurem Vater und zu Meinem Gott und eurem Gott, und ihr in Mir und mit Mir. Amen. Das sage Ich, die Auferstehung und das ewige Leben. Amen!


Himmelsgaben Band 1, S.251, Kundgabe vom 16. Dezember 1840


Nochmals: „Rühr Mich nicht an!“

Frage:
„Bei Matthäus, Kap.28,1 heißt es: ‚Bei der Morgendämmerung des ersten Tages nach dem Sabbat gingen Maria Magdalena und die andere Maria, das Grab zu sehen.‘
Und Kap.28,9 heißt es weiter: ‚Und sieh, Jesus begegnete ihnen und sprach: ‚Seid gegrüßt!‘ Und sie traten hinzu, umfassten Seine Füße und beteten Ihn an.‘
Nach dem Evangelium des Johannes, Kap.20,17 wollte Magdalena Dich, o Herr, anrühren. Und Du sprichst zu ihr: „Rühr Mich nicht an!“
Nach dem Evangelium des Matthäus, Kap.28,9 dagegen, hat Maria Magdalena sowohl als auch die andere Maria Deine Füße umfasst.
Und in der gestrigen Erklärung heißt es dagegen: ‚Hätte denn da sollen eine bekehrte Hure zugrunde gehen, so sie Mich angerührt hätte?‘
O Herr, sende gnädigst Dein Licht, um dieses Dunkel aufzuhellen! Es sei kein Wille, weder in der Höhe, noch in der Tiefe, denn der Deinige! Und was da geschieht in der Höhe wie in der Tiefe, geschehe nach Deinem heiligen Willen! Amen. Damit dadurch Dein heiliger Name allzeit möchte gepriesen, gelobt und verherrlicht werden! Amen. Amen.“

Der Mensch, der solches nicht begreift, ist blind, taub und stumm, oder er ist gleich dem fruchtlosen Feigenbaum, den ein Gärtner lange Zeit im Garten pflegte, und da der Baum nichts als Blätter zum Vorschein brachte, kamen die Knechte und meldeten es dem Herrn und rieten ihm, solchen fruchtlosen Baum abzuhauen, dass er nicht fürder vergeblich Platz wegnehme in dem so köst-lichen Garten. Da aber der Herr solches vernommen hatte, so sprach er: „Lasst ihn noch stehen ein Jahr, reinigt und düngt ihn, und so er dann keine Frucht bringen wird, dann falle eure Axt über seine Wurzeln und fälle ihn zum Verbrennen!“
Sieh, du, der du fragst umso leichte Dinge aus deinem eigenen Widerspruch, dir sei es gesagt, dass es schwer ist, zweien so zu dienen, dass es jedem zur Genüge wird, dem Freund wie dem Feind! Wenn es dich um Mich kümmert, was kümmerst du dich denn der Welt? So du aber sorgst, um der Welt ebenen Pfad zu leihen, wo soll da wohl geistige Frucht werden?
Sieh, Mein Wille steht höher denn der Wille der Welt! Willst du aber beides, als da ist: ein Glück der Welt, dem entgegen ist Meine Gnade, höre, das kann nicht sein! Ich sage aber, es wird das erste schon ohnehin zur rechten Zeit kommen. Aber alle deine und deiner Kinder Wege sollen genau gerichtet sein nach Meiner Gnade, dann werde Ich sorgen für alles! So es dir aber behagt zu tragen so manche unnötige Weltsorge, so trage sie immerhin, aber habe ja acht, dass die Zahl eins nicht zu einer Legion gebrochen wird.
Die Liebe der Eltern ist allzeit blind gegen ihre Kinder. Sie sehen nicht den Samen, sondern nur den Baum und bedenken nicht, was alles in einem Samen-korn verschlossen ist. Es geht aber der gute Same mit tausendfältiger Frucht nur in Meiner Erde auf. In der Erde der Welt aber erstickt er alsbald. Aber der Weltsame gedeiht gar wohl, alles Unkraut hervorbringend, in der Welterde. Aber frage dich selbst, wozu nütze? Hör! Zu Meinem Reich und für Meine Scheuern nicht!
Sieh, dieses in dir selbst bestehenden Widerspruchs wegen sagte Ich dir dieses, damit dir dein Widerspruch des Evangeliums klar werde. Dieses aber merk dir ganz besonders: Wie du jetzt weißt, wer Der ist, vor dessen Augen alle Geheimnisse offen liegen, so solltest du denn auch, wenn dir in weltlichen Dingen Irrwege vorkommen entweder für dich oder deine Kinder, wissen, dass nur Ich es bin, dem der rechte Weg allein bekannt ist. Nun, derzeit sorge somit du für deine etlichen drei, und lasse für die übrigen Mich sorgen!
Und damit der Matthäus in dir schuldlos werde, so nehme diesen Widerspruch auf dich und verstehe, wenn Ich sage zu Magdalena: „Rühr Mich nicht an, sondern falle zuvor vor Mir nieder, umklammere die Füße und bete Mich an im Geist und aller Wahrheit, und gehe dann hin zu Meinen Brüdern und sage ihnen, dass Ich auferstanden bin!“
Desgleichen sollt auch ihr tun und nicht eher nach der Weisheit trachten, sondern nach der wahren, reinen Liebe, die da entspricht Meinen Füßen und daraus zunächst nach der Läuterung eurer Liebe, die in ihrer größten Reinheit doch noch immer etwas Sinnliches an sich hat. Daher soll auch euch vorder-hand nicht gestattet sein, Meine Weisheit „anzurühren“, bevor nicht Meine Füße in aller Liebe erfasst worden sind.
So ihr aber sagt: „Herr, wie ist hernach die Antastung des Thomas zu verstehen?“ Da sage Ich: Auch er musste seine Blicke an die Wundmale der Füße und Hände richten, bevor Ich ihn hieß anzurühren Meine breite und weite Wunde der Brust. Damit aber dir, Frager, dein eigener Widerspruch klarer werde, so will Ich dir noch einen Grund davon zeigen, warum Ich zu Magdalena vorerst sagte: „Rühr mich nicht an!“ und hernach aber doch zuließ, dass sie mit den übrigen Meine Füße umklammerte.
Sieh, Magdalena war auch sinnlich in Mich bis zur Eifersucht verliebt und hielt Mich förmlich für ihren einzig erwählten Liebhaber. Sie hatte von Mir nur die Meinung, dass Ich ein großer Prophet sei, aber Meine Göttlichkeit war ihr noch fremd. In Anbetracht ihres verliebten Herzens hatte somit durch Mein Leiden und Sterben auch niemand so viel verloren wie gerade sie, da sie nicht nur ihren Retter, Herrn und Meister, sondern im Ernst ihres Herzens auch ihren einzigen Geliebten verloren hatte; daher sie auch untröstlich war. Seht, daher kam's denn auch, dass sie die erste war, die sich nach Mir erkundigte im Beisein der übrigen, die ebendasselbe mehr aus andächtiger Trauer als aus solch unbesieg-barer Liebe taten. Als sie Mich, ihren verlorenen Geliebten, nun auf einmal vor sich stehen sah, da war ihr Herz aus allen Fesseln gehoben. Sie schrie auf und wollte sogleich im Ausbruch ihrer leidenschaftlichen Liebe auf Mich losstürzen. Nun aber bedenke, wer und was Ich bin, so wird dir klar das „Noli me tangere!“ Bedenken sollst du aber auch Magdalenas starke Liebe, und dir wird klar die Umfassung Meiner Füße.
Und denke noch hinzu, dass Mein Liebling Johannes Mir aus der Seele, Matthäus aber aus Meinen „Füßen“ schrieb, so wird dir alles dieses noch klarer werden, und begreiflich auch die große Buße der Magdalena nach Meiner vollen Auffahrt, da sie erst dadurch erfahren hat, wer eigentlich hinter ihrem vermeinten Geliebten war, worauf sie Mich dann erst durch ihre große Buße im Geist der Demut und dadurch in aller Wahrheit hat zu lieben angefangen.
Ich sage dir aber, so Mich jemand nicht lieben wird gleich der Magdalena, der wird Mich nicht finden fürder und eingehen zum Leben auf „Meinen Füßen“ und wird nimmer eine Auflösung finden im steten Widerspruch seines Welt-lebens. Sieh, Mein Reich ist von größter, heiligster Klarheit, und es kann nichts Unreines je hineinkommen.
Daher denke nur an den Feigenbaum ohne Frucht im Garten und an den Diener zweier Feinde, und löse den Widerspruch in dir! Vergiss in der Zukunft nie mehr ob der Welt, wer Ich, dein Gott, dein Vater, dein allzeitiger Ratgeber bin!
Sieh, heute rede Ich, morgen handle Ich und übermorgen möchte Ich kommen! Wer nicht zu Hause sein wird, vor dessen Wohnung werde Ich vorüberziehen! Amen. Das sagt, Der da Sich allzeit umklammern lässt Seine Füße!


Himmelsgaben, Band 1, S.253, Kundgabe vom 17.Dezember 1840


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„An der Liebe, so ihr euch untereinander liebt, wie Ich euch liebe,
wird man erkennen, dass ihr wahrhaft Meine Jünger seid!
Die Liebe also gab Ich als das alleinige Kennzeichen,
aus dem man erkennen kann, ob jemand ein wahrer Fels ist,
auf dem Meine Kirche erbaut ist.“

Himmelsgaben Band 3, S.241, V.5



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