"Selig, wer da liest und Gehör gibt!" - Der Prophet Jakob Lorber

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SCHRIFTTEXTERKLÄRUNG

"Selig, wer da liest und Gehör gibt!"


„Selig, wer da liest und Gehör gibt den Worten dieser Weissagung und bewahrt, was in ihr geschrieben steht, denn die Zeit ist nahe.“
Offbg 1,3

„Ich kenne Ihn, denn Ich bin von Ihm, und Er hat Mich gesandt.“
Joh 7,29

„Ich bin das Brot des Lebens!“
Joh 6,48

„Jesus aber ging hin an den Ölberg.“
Joh 8,1



Was diese vier Verse betrifft, so sind sie alle dem Johannes entnommen, und zwar aus verschiedenen Kapiteln des Evangeliums wie auch aus einem der Offenbarung. Wird etwa diese Unordnung in der Wahl der Verse nicht eine kleine Schwierigkeit bieten, sie zu verbinden so, als wenn sie schon von jeher miteinander wären verbunden gewesen?
Wir wollen denn sehen, wie sich diese durchaus nicht gleichgültige Sache machen wird. Dass die Sache nicht gleichgültig ist, werdet ihr im Verlauf der folgenden Darstellung sehr leicht und gründlich erkennen.
„Selig, wer da liest und Gehör gibt den Worten dieser Weissagung und bewahrt, was in ihr geschrieben steht, denn die Zeit ist nahe!“, so lautet dieser erste Vers aus der Offenbarung Johannes.
Was wird da verstanden unter dem Wort „selig“? Seht, Meine lieben Kindlein, Ich will euch für diesmal den Sinn in aller Kürze gleich einem guten Schulmeister auseinanderlegen und so entfalten, dass ihr mit gar leichter Mühe der Sache auf den Grund kommen werdet!
Unter dem Wort „selig“ wird so viel verstanden als: „Durch die Liebe lebendig“. Unter dem Wort „wer da liest“ wird verstanden: Ein Mensch, welcher das Wort in sein Herz aufnimmt. Und unter dem Wort „Gehör geben den Worten dieser Weissagung“ wird verstanden: Ein Mensch, welcher, nachdem er das Wort in sein Herz aufgenommen, sich dann werktätig nach demselben richtet.
Welcher Mensch so liest und hört das Wort der Weissagung, der bewahrt wahrhaft in sich lebendig, was in ihr geschrieben steht. Und dieser ist es auch, dem die „Zeit nahe gekommen“ ist.
Was aber ist denn das für eine „Zeit“? Meint ihr etwa, diese „Zeit“ sei das Jüngste Gericht? Oh Meine Lieben, solches ist hier mitnichten der Fall! Denn unter der hier besprochenen „nahen Zeit“ wird nicht eine Zeit des Untergangs, wohl aber eine Zeit der Auferstehung verstanden. Und somit gilt diese Zeit nur dem, der das Wort in sich aufnimmt und danach lebt, aber nicht auch für den, der das Wort gar nicht kennt und es auch gar nicht erkennen will.
Wer aber das Wort nicht werktätig in sich hat auf die schon bekanntgegebene Weise, der ist ja ein Toter. Was aber haben die Toten mit der Zeit zu tun? Oder wann ist für einen abgestorbenen, toten Baumklotz Morgen, wann Mittag, wann Abend, wann Mitternacht? Wann ist ihm die Zeit nah, wann fern? Daraus werdet ihr doch sicher deutlich ersehen, dass die besprochene „nahe Zeit“ keine Zeit der Toten, sondern eine Zeit der Lebendigen ist.
Wenn ihr nun das bereits Gegebene nur ein wenig aufmerksam durchgeht, so werdet ihr doch auch bald mit Mir wie im Johannes-Evangelium ausrufen können: „Wir kennen Ihn!“ – nämlich im Wort. Denn solches kommt von Ihm und ist das heilige Ich in jedem lebendigen Menschen und ist gesandt vom Vater als ein wahres Wort des Lebens!
Wer demnach dieses „Brot des Lebens“ in sich hat, welches ist das lebendige Wort aus Mir, der ist auch gleich einem lebendigen „Ölberg“, auf welchen Jesus oder die ewige Liebe des Vaters überging.
Denn ein jeder Mensch gleicht einem Berg der Erde und ist demnach entweder ein Gletscher oder ein kahler, schroffer Steinberg, oder eine mit sparsamen Moosen bewachsene Alpe, oder ein tüchtiger Waldberg, oder ein niederer Erzberg, oder ein Weinberg, oder endlich – freilich wohl seltener – ein Ölberg.
Wie aber ein Mensch zu einem Ölberg werden kann, das sagt eben der erste Vers dieser Aufgabe: „Selig, wer da liest und Gehör gibt dieser Weissagung und bewahrt, was in ihr geschrieben steht; denn die Zeit des Ölbergs ist nahe zu ihm gekommen“. Und selig und überselig wird jedes Menschen innerer Ölberg des Lebens sein, so Jesus kommen und denselben hinan gehen wird!
Seht nun, Meine lieben Kindlein, so hätten wir diese vier verschiedenen Verse schon glücklich unter ein Dach gebracht! Bis auf den Ölberg in euch ist euch alles ziemlich klar. Ich aber will euch nichts vorenthalten, und so wisst denn, dass der „Ölberg“ die wahre Demut, Sanftmut, und die allerwilligste Gelassen-heit und gänzliche Selbstverleugnung bezeichnet, welches alles ist das „Öl des Lebens“, davon der Berg den Namen führt und endlich gleichbedeutend wird mit seiner Frucht selbst.
Und dass ferner der „Ölberg“ auch gleichbedeutend ist mit der reinen Liebe und dem eigentlichen ewigen Leben aus ihr, ist beinahe überflüssig zu er-wähnen, nachdem bereits schon in der Überfülle gezeigt wurde, was alles die Liebe ist und was alles sie enthält.
Und so brauche Ich euch hier keine weitere Erklärung zu geben, als bloß nur noch zu sagen: Ganz und voll Liebe ist der erste Vers, ebenso der zweite, der dritte und der vierte. Habt ihr sonach die Liebe, so habt ihr alles!
Es wird sich immer manches, ja gar vieles auf dem Weg der Weisheit nicht ordnen und einen lassen; unter dem Regiment der Liebe aber findet sich alles so wohlgeordnet, dass in ihr die Zahl Tausend nicht entfernter ist von der Zahl Eins als die Zahl Zwei. Geht die Weisheit nicht aus auf eine gewisse Rang-ordnung und hat nicht sie das Zahlensystem erfunden?! Welche Rangordnung aber beachtet die wahre Liebe, und welche alleinige Zahl ist ihr eigen? Seht, der Liebe ist alles eins!
Wenn ihr einen Stein nehmen möchtet, der schon Jahrtausende lang auf einem Berg gelegen ist, und ihn tragt auf einen ganz anderen Berg, wird er daselbst nicht ebenso gut ruhen wie auf seinem vorigen Platz? Seht, so ist in der Liebe alles auf dem rechten Platz und alles in der rechten Ordnung. Ein Sandhaufen, welchen alle vier Winde zusammengetragen haben, ist auf dem Feld der Liebe nicht minder in der größten Ordnung, als so ein allerweisester Baumeister den-selben von Körnchen zu Körnchen aufgebaut hätte. Und so passt auch ein Tropfen des südlichen Meers so vollkommen zu einem Tropfen des nördlichen, dass er ebenso gut der erste wie der tausendste oder der äonste sein kann.
Und gerade ebenso verhält es sich mit jedem einzelnen Wort, Vers und Kapitel der Heiligen Schrift, da sich in der Liebe auch hier alles kreuz und quer, auf und ab, hin und her, vor- und rückwärts und so auch durcheinander so wohl-geordnet verhält, dass da an eine Unordnung oder an einen Widerspruch ewig nimmer zu denken ist.
Haltet euch daher bei allem und in allen Dingen an die Liebe – so werdet ihr das Leben so sicher finden, dass es eher möglich wäre, den Standpunkt der Sonne am hellsten Tag mit offenen, wohlsehenden Augen zu verlieren, als auf dem Weg der Liebe zu verfehlen die ewige Ordnung und mit ihr das ewige Leben!
Meine geliebten Kindlein, beachtet alles dieses wohl und nehmt es lebendig in eure Herzen, so werdet ihr auch Mich und das ewige Leben so gewiss und sicher finden, ja um tausend Mal gewisser und sicherer, als ihr mit eurer Hand, wenngleich sie blind ist, findet jeden beliebigen Teil eures Leibes!
Also zum Überfluss noch einmal gesagt: Haltet euch in allem nur an die Liebe, so habt ihr Mich und das ewige Leben! – Amen.
Meine Liebe, Meine Gnade, Meine Erbarmung und Mein Segen sei mit euch allen! Amen.


Himmelsgaben, Band 2, S.27, Kundgabe vom 22. Februar 1842



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